100 Jahre Niederösterreich – die 1950er
Seit 1959 ist das Wasserkraftwerk Ybbs-Persenbeug in Betrieb. Es war Symbol des Wiederaufbaus – und ist heute Grundpfeiler der Stromerzeugung.
Das Laufkraftwerk Ybbs-Persenbeug war mit seinen sechs Turbinen, die in den 90er-Jahren um eine siebente Turbine erweitert wurden, lange Zeit das leistungsstärkste Wasserkraftwerk Österreichs. Es war außerdem einer der ersten Schritte der österreichischen Energieeigenproduktion nach dem zweiten Weltkrieg. »Österreich hatte keine eigenen Energievorkommen, die meiste Energie kam aus Kohle. Beim Wiederaufbau griff man auf eine Idee, die schon in den 20er-Jahren ihren Ursprung hatte, zurück und erzeugte Strom aus Wasserkraft«, erklärt Manfred Lang, langjähriger Tourguide im Wasserkraftwerk Ybbs-Persenbeug. Aber nicht nur für die Energieproduktion war das Wasserkraftwerk ein Meilenstein: »Mit dem ersten Donaukraftwerk auf österreichischem Boden schuf man erstmals zwischen Krems und Mauthausen einen fixen Donauübergang in Form einer Brücke, womit das Waldviertel besser mit dem Mostviertel verbunden werden konnte«, sagt Lang.
Verlässliche Energiequelle
Laufkraftwerke nutzen das natürliche Gefälle und die Geschwindigkeit eines Fließgewässers zur Energiegewinnung. Um diese noch weiter zu steigern, wird das Wasser aber nicht nur gezielt auf die Turbinen gelenkt, sondern vorher gestaut, womit der Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasser vergrößert wird. Über das Gefälle stürzt das Wasser dann noch schneller auf die Turbine, die einen Generator antreibt, wodurch Strom erzeugt wird. Seit 2014 wird das Kraftwerk in Ybbs-Persenbeug im Zuge des Projekts »Ybbs 2020« erneuert und pro Jahr ein Maschinensatz, bestehend aus einer Turbine und einem Generator, ausgetauscht, 2022 wurde die Letzte der historischen Turbinen aus den 1950ern erneuert. Laut Verbund, der das Kraftwerk betreibt, kann durch die Mehrerzeugung von 77 Millionen Kilowattstunden pro Jahr der jährliche Stromverbrauch von 22.000 Haushalten gedeckt werden.
Damit kommt das Kraftwerk laut Manfred Lang insgesamt auf eine Leistung von 254,5 Megawatt und ist das viertstärkste Laufkraftwerk Österreichs und ein Grundpfeiler der österreichischen Stromversorgung, denn ein Laukraftwerk liefert den Strom für die Grundlast, also für jenen Verbrauch, der im Netz immer vorhanden ist. Laufkraftwerke wie jene in Ybbs-Persenbeug können zwar keine Spitzenlasten – kurzzeitig auftretende hohe Leistungsnachfrage im Stromnetz – ausgleichen, produzieren aber ständig Strom. »Es sei denn, es gibt ein massives Hochwasser. Dann muss das Kraftwerk für einige Tage abgeschaltet werden.« Doch auch solche Hochwasser sind inzwischen mit ausreichendem Vorlauf vorhersehbar und die Abschaltung von Kraftwerken daher auf eine Weise planbar, dass wenn eines vom Netzt genommen werden muss, ein anderes meist schon wieder in Betrieb genommen werden kann, und das Gesamtausfallsrisiko daher Lang zufolge ein sehr kleines bleibt.
Der Preis für die Natur
Durch den Bau eines Wasserkraftwerks wird die ein Fluss von der Flussaue entkoppelt und abgedämmt, damit der Aubereich nicht überschwemmt wird. Ein Grundwasser- und Nährstoffaustausch ist dann nicht mehr auf eine natürliche Weise möglich, wodurch Tier- und Pflanzenarten verdrängt werden. »Heute würden Wasserkraftwerke in der Form, wie sie damals in Ybbs-Persenbeug gebaut wurden, nicht mehr genehmigt werden. Die Umweltauflagen sind mittlerweile viel höher«, sagt Gewässerökologe Severin Hohensinner von der Wiener Boku. Das erste Donaukraftwerk wurde damals ohne Fischaufstiegshilfen gebaut und muss nun nachgerüstet werden, damit trotz Kraftwerk wieder Fischwanderungen möglich werden. Der Ortswechsel ist für Fische überlebenswichtig, denn für ihre Fortpflanzung sind beispielsweise andere Strömungen und Temperaturen notwendig als sie im Lebensraum, der ihnen Nahrung bietet, vorfinden.
Weiter geht es mit dem Niederösterreich des Jahres 1970.
Die Errichtung des Auenreservats Marchegg 1970 gilt als einer der größten Erfolge im österreichischen Naturschutz.