Knödel im Bauch
Was sagt der Körper abwärts vom Gaumen zur Frage Kartoffel- oder Semmelknödel?
Ob süß, pikant, aus Erdäpfeln, Grieß, Topfen oder altem Brot – Über den Favoriten entscheidet meist der Geschmack. Doch wenn wir den einmal beiseitelassen, welche Vorzüge hat aus ernährungsphysiologischer Sicht der eine gegenüber dem anderen klassischen Knödel? Wie unterscheiden sich Kartoffel- und Semmelknödel aus Perspektive unseres Körpers?
Beide Knödel zählen vor allem zu den Kohlenhydratlieferanten, weshalb sie auch als Sättigungsbeilage gelten. Kohlenhydrate sind für unserem Körper der wichtigste Energielieferant. Der Konsens in den Ernährungsempfehlungen lautet, etwa 55–60 Prozent unserer Gesamtkalorien, also unserer Energie, aus Kohlenhydraten zu beziehen. Darum stehen Getreideprodukte und Kartoffeln auch auf der dritten Stufe der Ernährungspyramide des österreichischen Gesundheitsministeriums gleich nach Getränken sowie Obst und Gemüse. Während in Semmelknödeln etwa 25–30 Gramm Kohlenhydrate auf 100 Gramm Knödel enthalten sind, sind es bei Kartoffelknödeln etwa 20–25 Gramm. Zudem enthält die Erdäpfel-Variante auf 100 Gramm etwa 120 Kilokalorien (umgangssprachlich wird das »Kilo« immer weggelassen), ungefähr ein Drittel weniger als der Semmelknödel.
Ähnlich, aber doch nicht gleich
Die beiden unterscheiden sich zudem im Proteingehalt. Während Kartoffelknödel in etwa 1–3 Gramm Eiweiß enthalten, bestehen Semmelknödeln zu etwa 5–8% aus Eiweiß, da sie mit Milch oder Pflanzendrink und meist auch Eiern zubereitet werden. Trotzdem kann man Semmelknödel aber nicht zu den eiweißreichen Lebensmitteln zählen – wie etwa tierische Produkte oder Hülsenfrüchte.
Beim Blick auf die Mikronährstoffe, also den Gehalt von Vitaminen und Mineralstoffen von Lebensmitteln, zeigt sich: Kartoffelknödel enthalten etwas Vitamin C, Magnesium und Kalium, Semmelknödel enthalten beispielsweise Spuren von Zink oder B-Vitaminen.
Ein Bestandteil beider Knödel sind Ballaststoffe. Diese sind wichtig für eine längere Sättigung und eine gesunde Verdauung. Beide Knödel enthalten in etwa 1 bis 2 Gramm Ballaststoffe pro 100 Gramm, was sie keinesfalls zu ballaststoffreichen Lebensmitteln macht. Würden wir hier zum Beispiel auf Vollkornsemmeln zurückgreifen, wäre sowohl der Eiweiß- als auch der Ballaststoffgehalt deutlich höher.
Knödel vorm Vortag
Doch mit einer anderen Qualität stechen Kartoffelknödel besonders positiv hervor: sie enthalten resistente Stärke. Denn wenn gekochte, stärkehaltige Lebensmittel abkühlen, verändert ein Teil der enthaltenen Stärke nach 12 bis 24 Stunden seine Struktur. Sie ist dann für den Darm nahezu unverdaulich, wirkt wie eine Art Ballaststoff und stärkt die Darmflora. Sogar durch erneutes Erhitzen wird sie nicht zerstört. Der unverdauliche Stoff wird nämlich von Darmbakterien abgebaut und dient unserer Mikroflora als Nahrung. Das kann beispielsweise unser Immunsystem stärken und gleichzeitig für Sättigung sorgen. Das bedeutet auch, dass ein Teil der Stärke, die wir in den Knödeln zu uns nehmen, gar nicht verstoffwechselt wird. Dafür müssen die Kartoffeln für den Knödelteig oder die Knödel aber am Tag zuvor gekocht werden. Semmelknödel vom Vortag enthalten nur sehr geringe Mengen resistenter Stärke. Kartoffelknödel haben außerdem den Vorteil, dass sie glutenfrei zubereitet werden können. Gluten ist an sich nicht ungesund, immer mehr Menschen haben allerdings Schwierigkeiten mit der Verdauung von Gluten oder von Weizenprodukten.
Ernährungsphysiologisch betrachtet haben Kartoffel- doch ein paar kleine Vorteile gegenüber Semmelknödeln, um viel gehts aber nicht. Zentral ist dabei, womit die Knödel kombiniert werden. »Die Entscheidung Semmel- oder Erdäpfelknödel ist für mich eine rein geschmackliche. Auf der Nährstoffebene unterscheiden sie sich nur wenig. Viel wichtiger ist, was man dazu isst. Und die Qualität der Zutaten!«, sagt die Ernährungs- und Gesundheitswissenschaftlerin Theres Rathmanner, die am Institut für Gesundheitswissenschaften der Fachhochschule St. Pölten forscht. Eine ausgewogene Mahlzeit enthält Kohlenhydrate, Eiweiß, Fett und Ballaststoffe – sprich zum Knödel brauchen wir vor allem Gemüse und Eiweißquelle. Die Wirtshausklassiker werden oft am einfachsten zu ausgewogeneren Mahlzeiten, indem wir die Fleischmengen verkleinern und die von Gemüsebeilagen oder Salat vergrößern.
Für alle, die sich gleich im Knödelformen versuchen wollen, gibt es hier ein Rezept für selbstgemachten Erdäpfelteig von Katharina Seiser.