Weshalb sich ein Zoobesuch auch im Winter lohnt

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Wer an einen Besuch im Tierpark denkt, hat meistens warme Frühlingstage im Kopf. Im winterlichsten Monat überhaupt haben wir dem Tierpark Schönbrunn einen Besuch abgestattet und uns angeschaut, was hier so los ist. Spoiler: Ein Besuch lohnt sich definitiv.

Im Jänner ist die Stimmung im Tierpark Schönbrunn eine ganz andere als im Rest des Jahres. Am Nachmittag steht die Sonne tief, wenn sie überhaupt scheint, es ist irgendwie gespenstisch, dass hier viel weniger Leute sind als sonst, und es ist schön. Eine großartige Gelassenheit legt sich über das Gemüt, sobald man den Tierpark betritt. Einige Besucher spazieren gemütlich durch die Alleen, Vogelschwärme ziehen ihre Bahnen. Recht viel mehr fällt auf den ersten Blick nicht auf. Aber schon nach ein paar Schritten sieht man den Großen Panda in seinem Freigehege sitzen und fressen. In den gebirgigen Territorien in seinem Herkunftsland China kann es durchaus ziemlich kalt werden, der Jänner scheint ihm nichts auszumachen.

Im besucherstärksten Monat August kommen die Menschenmassen in den Park, machmal 15.000 Besucher an einem Tag. Von Massen ist zur Zeit nichts zu spüren, im Winter gehen die Besucherzahlen deutlich zurück.

„Manche glauben, die Tiere würden alle schlafen, oder sich drinnen verstecken. Das ist nicht der Fall – viele lieben sogar Schnee!“, erzählt die zoologische Abteilungsleiterin Simone Haderthauer. „Den Tieren wird hier, wie das ganze Jahr über, die Möglichkeit zur Wahl gegeben: möchten sie drinnen oder draußen sein? Es steht ihnen frei.“

Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wird es schnell ungemütlich im Freien. Warme Rückzugsmöglichkeiten gibt es für alle. Auch für die Besucher. Im Regenwaldhaus kann man sich bei angenehmen 28° etwas aufwärmen, oder in den vielen Innenräumen. Von dort aus können auch die Tiere beobachtet werden, die sich gerade drinnen aufhalten. Die Koalas zum Beispiel.

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Dieser Rote Vari steht ziemlich auf seine Wärmelampe ©Pia Gärtner

Sogar die Geparden und Löwen mögen den Wiener Winter mehr als manche Menschen könnte man glauben. Auch Schnee ist kein Problem für sie. Falls es ihnen doch einmal zu kalt wird, stehen ihnen beheizte Liegeflächen zur Verfügung.

Gepard (c) Jutta Kirchner

Eigentlich aus warmen Gebieten, mag der Gepard den Schnee erstaunlich gern ©Jutta Kirchner

Bei einem Streifgang durch den Park merkt man schnell: Nicht nur als Besucher wird man hier recht gelassen. Die Tiere scheinen es zu genießen, dass alles etwas ruhiger ist, und zeigen sich gern. Wie der 42-jährige Orang-Utan Wladimir, dem es allerdings draußen zu kalt ist. Er kommt ganz nah zur Scheibe, zeigt, wer der Chef ist und präsentiert sein Spielzeug. Ein klarer Vorteil vom Winterbesuch ist außerdem, dass man sich ohne Hektik jede Infotafel genau durchlesen kann, ohne sofort weitergeschoben zu werden.

Wir hätten eigentlich erwartet, dass viele Tiere im Winterschlaf sind. Haderthauer klärt auf: „Wirklich im Winterschlaf ist hier fast niemand, außer den Schildkröten. Und die Giraffen sind zur Zeit im Ausweichquartier, während ihr neues Haus fertiggestellt wird. Aber sie sind natürlich wach.“ Alle anderen Tiere sind wie im Rest des Jahres zu sehen. Für die Giraffen ist die Kälte erstaunlicherweise auch kein allzu großes Problem. Nur wenn es eisig ist, dürfen sie nicht raus: „Man kann sich vorstellen, wie schwer es eine Giraffe auf rutschigem Untergrund hat! Da müssen wir natürlich aufpassen.“ Zur Zeit wird das neue Giraffengehege gebaut, mit größerem Auslauf und Wintergarten, damit es auch in der kalten Jahreszeit nicht zu eng ist.

Arktischer Wolf (c) Jutta Kirchner

Wölfe lieben die niederen Termperaturen ©Jutta Kirchner

Vogelschwärme ziehen über den Tierpark. Heimische Vögel profitieren vom Futter in den Gehegen und naschen einfach mit. Vor allem Krähen sind viele unterwegs, sie sind im Winter froh um die zusätzliche Futterquelle.

Zu den Winterfans zählen außerdem klarerweise die Eisbären. Die Tiere sind in freier Wildbahn dafür gemacht, kilometerweit durch die Arktis zu ziehen, vor allem um an Nahrung zu gelangen, was im Tierpark nicht gewährleistet werden kann und immer wieder kritisiert wird. Doch die Futtersuche gestaltet sich hier viel einfacher. Durch den Rückgang ihres Lebensraumes durch schmelzende Eisflächen und immer kleiner werdende Jagdgebiete, sind sie in freier Wildbahn natürlich starkt bedroht. Im 2014 eröffneten Eisbärenhaus wird ausführlich über die Problematik und die Bedrohung der Art informiert, und wenn man Glück hat, kann man eins der schönen Tiere bein Tauchen beobachten. Es gelang in Schönbrunn schon mehrmals, Eisbärennachwuchs zu züchten.

Es gibt natürlich jede Menge ethische Gründe, die gegen die Haltung von Tieren in Zoos sprechen. Es gibt aber auch jede Menge Gründe, die gegen Massentierhaltung in Fabriken sprechen. Statt dem nächsten Zoobesuch vielleicht einmal in einem Rinderbetrieb vorbeischauen?

Ein Zoo hat vor allem auch einen Bildungsauftrag, erzählt Haderthauer: „Wenn Kinder die Vielfalt der Lebewesen in einem Tiergarten erleben, ist es ganz was anderes, als sie nur aus dem Fernsehen zu kennen. So wird der Grundstein zu einem bewussten Umgang mit der Natur gelegt, das war bei mir nicht anders. Weil ich als Kind immer wieder mit Tieren im Kontakt war, wollte ich unbedingt mit ihnen arbeiten.“

Tierpark ist nicht gleich Tierpark. Natürlich gibt es Zoos, in denen Tiere ganz offensichtlich leiden. Der Tiergarten Schönbrunn, der der älteste noch bestehende ist, gehört aber nicht ohne Grund zu den besten weltweit, und die Haltungsbedingungen werden immer weiter verbessert. Die Tiere werden so „artgerecht“ wie möglich gehalten (diesen Begriff kann man akzeptieren, oder nicht). Eine eigene Beschäftigungstherapeutin arbeitet mit den Pflegern zusammen und entwickelt Strategien, um die Tiere wach und fit zu halten. Ein weiterer Indikator für das Wohl der Tiere ist außerdem die Tatsache, dass sie sich fortpflanzen. Sogar dreimal konnten natürlich enstandenes Pandababies  in Schönbrunn zur Welt kommen.

Schönbrunn beteiligt sich wie viele andere Zoos auch an zahlreichen Zuchtprogrammen zum Schutz gefährdeter Arten. Gleichzeitig sollten auch die natürlichen Lebensräume geschützt werden, und Bildung zum Thema stattfinden.


Baby Lynx

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Kurz vor 17:00 Uhr, wenn der Himmel sich verfärbt und die Pfleger auf ihren Rädern in Richtung Feierabend radeln, kündigt eine Stimme das baldige Schließen des Tierparks an. Wenig später ist alles menschenleer. Den Tieren taugts, sie können sich wieder in völler Ruhe zurückziehen.

 

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