So long, and thanks for all the fish
Das österreichische Unternehmen Yuu‘n Mee hat sich auf biologisches Seafood spezialisiert, das in nachhaltig geführten Aquakulturen in Thailand herangezogen wird. BIORAMA sprach mit Klaus Palmetzhofer, dem Qualitätsmanager von Yuu‘n Mee, über das Unternehmen und dessen Hintergründe.
BIORAMA: Wie würden Sie die Marke Yuu`n Mee definieren und welche Ideen und Ziele stehen hinter dem Unternehmen?
Klaus Palmetzhofer: Ich habe mit meinem langjährigen Freund und Partner Robert Herman 2005 die Marke Yuu‘n Mee gegründet. Der Name kam zustande, da wir die Begriffe „du und ich“ also „you and me“ in die Marke mit aufnehmen wollten. Diese Formulierung sollte für „gemeinsam schön essen“ stehen. Andererseits war auch das Thema Genuss zentral. Daher die Anlehnung an das englische Wort „yummie“ (lecker). Die Kollegen in Thailand haben uns darauf hingewiesen, dass der Wortlaut Yuu‘n Mee sinngemäß auch für „ein besseres Leben“ steht. Was wiederum unser Streben nach Nachhaltigkeit sehr gut repräsentiert. Somit waren alle Aspekte, die uns wichtig sind, in einem Wort vereint. Wir haben damals festgestellt, dass es dem Produkt Seafood auf dem österreichischen Markt gar nicht gut geht. Gleichzeitig haben wir aber auch gesehen, dass es möglich ist, das Produkt in wesentlich besserer Qualität anzubieten. Denn wir haben in den Medien und auch vor Ort in Thailand mitbekommen, was es für schlimme Auswirkungen hat, wenn etwa Shrimps nicht nachhaltig gezüchtet werden. Das geht von Antibiotika-Missbrauch über Naturzerstörung bis zu sozialen Aspekten, die aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Für uns kam daher nur der nachhaltige Weg in Frage, der durch eine strenge Qualitätssicherungskette garantiert ist.
Wie läuft ein typischer Produktweg – von den Aquakulturen in Thailand bis zum Konsumenten in Österreich – ab?
Ganz salopp gesagt beginnt die Geschichte bei uns mit Papa Shrimp und Mama Shrimp. Die kennen wir und die hegen und pflegen wir auch sehr gut. Das sind sehr wertvolle Tiere. Sie legen ihre Eier in so genannte „Hatcheries“ (Anm.: Inndoor-Laichplätze) ab und wenn die Shrimps, in diesem Stadium Postlarven genannt, herangewachsen sind, kommen sie nach drei bis vier Wochen zu unserem Shrimpsfarmer. Dort werden sie in Außen-Teiche – in die „Ponds“ – gesetzt, wo sie dann weitere drei bis vier Monate heranwachsen. Wir achten auch sehr stark auf die Wasserqualität und die Bestandsdichte. In konventionellen Betrieben leben 200 bis 300 Tiere pro Quadratmeter – bei uns sind es zehn bis 20 Tiere. Je nach Lebensalter werden sie mit unterschiedlichem Futter ernährt. Bei uns gibt es Wasserbecken, die Biomasse produzieren – z.B. bestimmte Formen von Algen und Seegras. Das wird an die jungen Shrimps verfüttert. Die Älteren bekommen oft Bruchreis (Anm.: Nebenprodukt der Reisherstellung) oder Pressrückstände von Reismühlen. Am Erntetag wird das Wasser aus den Ponds gelassen, die Shrimps werden mit Netzen gefangen und sofort in die Produktion gebracht. Viele Produzenten fahren zunächst auf Umschlagmärkte, wo die Shrimps nach Größen und Mengen sortiert werden. Das machen wir nicht, denn es hat den großen Nachteil, dass die Rückverfolgbarkeit verloren geht. Wir kaufen stattdessen alle Größen, damit gewinnen wir kürzere Produktwege und frischere Qualität. Und wir wissen genau, aus welchem Teich unsere Shrimps kommen. Ausserdem testen wir jede einzelne Charge auf Antibiotikafreiheit. Erst im Werk werden die Shrimps dann nach Größe sortiert, gekocht, blanchiert und mit Salz zum Transport tiefgefroren und verpackt. Wir transportieren ausschließlich mit Containerschiffen. Denn mit dem Flugzeug hat man pro Kilo Lebensmittel einen CO2-Ausstoß von circa 1.000 Gramm – mit dem Schiff sind es 38 Gramm. Die Schiffe legen in Deutschland an und nachdem die Ware nach den EU-Verordnungen kontrolliert wurde, wird sie per LKW zu den österreichischen Handelspartnern gebracht.
Ihr Partner Robert Herman und Sie waren vor der Gründung von Yuu‘n Mee beide für das Unternehmen McDonalds tätig, mit dem sie auch heute noch kooperieren und das nicht gerade für einen besonders nachhaltigen Umgang mit Ressourcen bekannt ist. Wie verträgt sich die Zusammenarbeit mit einem solchen Konzerns als österreichisches Start-up, das dezidiert auf gesunde und ökologisch verträgliche Lebensmittel setzt?
Ich würde da gerne noch einen Schritt zurückgehen – denn ich komme ursprünglich von der Austria Bio Garantie. So konnte ich auch die Bio-Branche bereits in jungen Jahren kennenlernen und das Thema Bio hat mich schon damals irrsinnig begeistert. Aus der Zeit stammt auch der Gedanke, auf dem Shrimpsmarkt das Thema Bio zu etablieren. Wir konnten bereits bei McDonalds einiges durchsetzen, wie zum Beispiel die Umstellung auf Freilandeier. Ausserdem wurde das AMA Gütezeichen für diverse Produkte etabliert. Und McDonalds ist auch auf uns zugekommen, was die Yuu‘n Mee Shrimps betrifft.
Yuu’n Mee kooperiert auch mit der Umweltorganisation WWF. Zusammen setzen sie sich für nachhaltige und umweltverträgliche Fischerei ein. Was genau passiert innerhalb dieser Kooperation?
Der WWF unterstützt das MSC-Zeichen für nachhaltige Fischerei. Für Aquakulturen, wie sie Yuu‘n Mee betreibt, gibt es allerdings kein MSC-Zeichen. Wir diskutieren daher sehr viel auf fachlicher Ebene. Der WWF hat Experten für Meeresbiologie, mit denen wir etwa über einzelne Spezies diskutieren. Welche können artgerecht in Aquakulturen leben und wie funktioniert das am Besten? Welche Produkte sind sinnvoll und nachhaltig? Welche Lieferwege sind ökologisch vertretbar? Ausserdem haben wir ein gemeinsames Projekt, das sich um das Korallendreieck in Neu-Guinea dreht – eines der letzten unberührten Meeres-Lebensräume. Der WWF setzt sich für dessen Schutz und Erhaltung ein und wir unterstützen das Projekt finanziell und bewerben es auf unseren Verpackungen.
Sie versuchen in allen Bereichen von der Aufzucht bis zum Vertrieb auf Nachhaltigkeit und Transparenz zu achten. Sei es nun durch den umweltschonenden Transport per Schiff oder durch den Einsatz eines Tracking Codes, mit dem man auf der Yuu‘n Mee Internetseite die Herkunft der Produkte nachverfolgen kann. Man könnte aber auch kritisch fragen: Wenn dem Unternehmen Yuu‘n Mee Umweltbewusstsein so am Herzen liegt, warum exportiert man dann überhaupt über tausende Kilometer Shrimps, Garnelen und Meeresfrüchte, die ja nicht unbedingt eine essentielle Notwendigkeit auf dem österreichischen Speiseplan darstellen?
Meiner Meinung nach gibt es viele gute Gründe. Das Produkt Shrimps gab es ja in Europa schon vor Yuu‘n Mee. Unsere Idee war daher: Wie können wir es besser machen? Natürlich verbraucht der Transport Energie, das ist ein wichtiges Thema. Energetisch ist aber die Produktion von Shrimps in Bezug auf den Futtermitteleinsatz eine ganz optimale Variante. Es gibt kaum ein tierisches Produkt, bei dem so wenig Futtereinsatz benötigt wird. Bei Rindfleisch braucht man das Zehnfache. Auch der Transport per Schiff ist eine sehr energiesparende Variante. Und dadurch, dass die Ökostandards von Yuu‘n Mee so hoch gelegt werden – wir produzieren nach der EG-Bio-Verordnung – wird auch in Thailand aktiv Umweltschutz betrieben. Und es steckt an: Viele Bauern in Thailand stellen gerade auf Bio um, so gibt es mittlerweile auch viel mehr Bio-Reisfarmen, als noch vor einigen Jahren.
Im Oktober 2010 wurde die Black Tiger Bio Garnele (ebenfalls in Kooperation mit dem WWF) in den österreichischen Einzelhandel eingeführt. Welche Standards müssen erfüllt sein, damit eine Garnele als Bio-Garnele verkauft werden darf?
Da wäre natürlich die garantierte Antibiotikafreiheit, obwohl Antibiotika eigentlich generell verboten sind. Dazu kommen noch die besseren Haltebedingungen der Tiere und die Vermeidung sämtlicher Chemikalien. Viele Hersteller setzen Phosphate ein, was grundsätzlich erlaubt ist. Das Phosphat bindet Wasser und die Shrimps werden damit aufgeschwemmt. Mehr Gewicht bedeutet auch mehr Geld. Wenn man die Shrimps dann zubereitet, fallen sie in der Pfanne in sich zusammen und auch der Geschmacksunterschied zu Phosphat-freien Shrimps ist drastisch. Die Verbraucher erkennen solche Produkte einerseits am seifigen Geschmack und andererseits an der durchsichtigen Optik. Auf derartige Mittel verzichtet Yuu‘n Mee komplett. Wir verwenden nur Shrimps, Wasser und Salz.
Neben den Aspekten der Nachhaltigkeit, wird in Zukunft auch die lokale Produktion und Konsumation von Lebensmitteln eine immer wichtigere Rolle spielen. Hat das Unternehmen Yuu‘n Mee langfristige Pläne, auch in Aquakulturen in Österreich zu investieren?
Aquakulturen sind auch für die österreichische Landwirtschaft eine große Chance. Die Wasserqualität in Österreich ist sehr gut, nur das Thema Aquakultur ist hierzulande noch sehr neu. Genau wie es in Thailand gelungen ist, gibt es aber auch hier Möglichkeiten, tolle Aquasysteme mit heimischer Produktion zu entwickeln. Das würde Yuu‘n Mee auf alle Fälle unterstützen.
Yuu‘n Mee hat neben diversen Meeresfrüchten auch Thunfisch im Angebot, der allerdings nicht in Aquakulturen gezüchtet, sondern im Meer gefangen wird. Rund 80 Prozent der Meere sind bereits überfischt oder bis an ihre Grenzen befischt. Wieso kommen hier nicht auch Aquakulturen zum Einsatz?
Weil es einfach nicht funktioniert. Thunfische pflanzen sich nicht in geschlossenen Räumen fort. Wir arbeiten zusammen mit dem WWF an einem neuen Thunfischprojekt, das sich unter anderem mit der Frage beschäftigt, wo in Zukunft Thunfisch verfügbar sein wird und welche Fangmethoden dort angewendet werden können. Schon jetzt achten wir auf eine „Dolphin-friendly“- Fangmethode. Ziel ist aber das Prinzip Angeln: eine Angel, eine Schnur. Damit wird nichts gefangen, was nicht gefangen werden soll. Dieses Projekt steckt gerade in der Entwicklung. Ausserdem soll weiterhin mit lokalen Fischern zusammengearbeitet werden.
Bereits 2010 wurde Yuu‘n Mee durch die Austria Bio-Garantie-Kontrollstelle nach den Richtlinien der neuen EU-Bio-Verordnung zertifiziert und hat damit als erstes österreichisches Unternehmen überhaupt die Importermächtigung für Bio-Shrimps erhalten. Welche Schritte planen Sie für die Zukunft?
In den nächsten Wochen werden wir uns aus der WWF Kooperation heraus mit einem Thema beschäftigen, bei dem erneut die Nachhaltigkeit im Vordergrund steht. Leider kann ich noch nicht verraten, worum es genau geht. Wir würden uns ausserdem sehr freuen, wenn es in Zukunft Kooperationen mit Biomärkten gäbe. Bisher sind unsere Produkte vor allem bei Unternehmen wie Billa und Merkur erhältlich. Ausserdem werden wir unser Produktsortiment erweitern. Wir hoffen, dass wir auch damit noch mehr Menschen für Yuu‘n Mee begeistern können.
Yuu’n Mee ist auch zu Gast bei der Green Expo (11.-13. Mai 2012 / Wien, Heldenplatz):