Was du über den Wolf noch nicht wusstest:
Alphatiere gibt es nur unter Menschen – und im Zoo. 10 Fakten über den Wolf, der derzeit sowohl als Kuscheltier verklärt als auch als Bestie verteufelt wird.
Wie weit können Wölfe laufen?
Wölfe wandern, vor allem geschlechtsreife Jungtiere, die im Alter von ein bis zwei Jahren das Rudel ihrer Eltern verlassen und auf der Suche nach einem eigenen Territorium und paarungsbereiten Partnern sind. Besenderte Tiere haben gezeigt, dass diese Wanderwölfe am Tag durchaus Distanzen bis zu 45 Kilometer zurücklegen können. Rekordhalter unter den beobachteten Wölfen blieb bislang der junge Wolf Alan, ein Rüde, der vom Territorium seiner Eltern in der Lausitz binnen eines knappen halben Jahres 1.500 Kilometer zurücklegte. Beobachtungen zeigen, dass Männchen (Rüde) wie Weibchen (Fähe) wandern, dass männliche Tiere aber deutlich mobiler sind und größere Distanzen überwinden. Für kurze Strecken können Wölfe auch sehr schnell laufen und eine Geschwindigkeit von um die 50 Kilometer pro Stunde erreichen.
Wie viel fressen Wölfe am Tag?
Darüber gibt es unterschiedliche Angaben – in einer Schwankungsbreite von 1,7 bis 10 Kilogramm Fleisch täglich. Eine über zehn Jahre angelegte Untersuchung im polnischen Bialowieza-Nationalpark kam auf durchschnittlich 5,3 Kilogramm Fleisch pro Tag und Tier. Wobei zu beachten bleibt, dass Beutetiere nicht ausschließlich aus Fleisch bestehen, sondern auch aus Knochen, Fell und Innereien – was sich auf die »Biomasse« eines Beutetiers addieren lässt. So kam die polnische Studie auf eine Biomasse von 7,7 Kilogramm pro Tag und Wolf. Was wiederum bei einer mittleren Beutetierbiomasse von 55 Kilogramm (in etwa das Gewicht eines Rotwildkalbs) bedeutet, dass ein Wolf jährlich 40 Beutetiere verzehrt. 55 Kilogramm x 40 Beutetiere macht also ein jährlich 2.200 Kilogramm pro Wolf. Obgleich Wölfe als Allesfresser im Sommer und Herbst auch gerne Obst zu sich nehmen, besteht ihre überwiegende Nahrung aus Fleisch. Aas inklusive.
Wie viele Welpen hat eine Wölfin?
Wie beim Hund schwankt die Größe eines Wurfs zwischen drei bis acht Welpen. Obwohl durchschnittlich fünf Welpen geboren werden, kommen auch Würfe mit bis zu zwölf Jungtieren vor. Rüde und Fähe paaren sich im Februar. Geworfen wird im Frühjahr (Ende April/Anfang Mai) in einer von in der Regel mehreren vorbereiteten Höhlen. Kommt es dort zu Störungen – etwa durch Menschen –, dann wird weitergezogen. Obwohl sich das ganze Rudel an der Aufzucht des Nachwuchs beteiligt, ist die Welpensterblichkeit üblicherweise sehr hoch.
Was ist ein »Rendezvousplatz«?
ForscherInnen sprechen von einem Rendezvousplatz und meinen damit jenen Ort, an dem die erwachsenen Wölfe den halbwüchsigen Nachwuchs zurücklassen. Sobald die Welpen alt genug sind, verlassen sie die Höhle. Sie sind aber noch zu klein, um die adulten Tiere auf ihren Streifzügen zu begleiten. An diesem Ort, welcher von den Elterntieren als sicher erachtet wird, spielen und warten die Jungtiere. Nach erfolgreicher Jagd bringen die erwachsenen Tiere Teile der Beute dorthin.
Wie viele Wölfe leben in Deutschland und Italien?
Genaue Zahlen gibt es nicht, da einerseits nur ausgewählte Tiere besendert sind und diese außerdem kommen und gehen – auch über Staatsgrenzen hinweg. In Deutschland wird mit Herbst 2018 von 70 Rudeln und einer Vielzahl einzeln umherstreifender Jungtiere ausgegangen. Die Schätzungen variieren von 600 bis 900 Tiere. In Italien kommen Hochrechnungen auf bis zu 2.000 Individuen. In Österreich wird von knapp 30 Tieren ausgegangen – die einzeln unterwegs sind und in drei Rudeln. Das erste am Truppenübungsplatz Allentsteig, das zweite im Grenzbereich Waldviertel und Mühlviertel. Das Territorium des dritten Rudels liegt zum Großteil in Tschechien, es reicht aber bis ins österreichische Staatsgebiet, wo sich die Tiere auch nachweislich regelmäßig aufhalten.
Wie groß ist ein Territorium?
Die Größe von Wolfsterritorien variiert – je nach topographischen Begebenheiten, vor allem aber abhängig vom Angebot an Beutetieren. In Mitteleuropa sind die Reviere einer Wolfsfamilie zwischen 150 und 300 Quadratkilometer groß. Je höher der Wildbestand und je mehr Beutetiere, desto kleiner das Revier.
Kreuzt sich der Wolf mit dem Hund?
Ja, die Geschichte von Mensch, Wolf und Hund ist historisch untrennbar miteinander verbunden. Üblicherweise verpaaren sich Wolf und Hund allerdings nicht. Bei im Wolfsgebiet streunenden Hunden besteht eher die Gefahr, dass diese vom Wolf getötet werden, weil Hunde als Eindringlinge und Nahrungskonkurrenten erachtet werden. Auch umherstreifende junge Wölfe, die ins Revier eines Rudels geraten, werden von diesem oft getötet. Allerdings ist es in einzelnen Regionen Europas auch vorgekommen, dass allein umherstreifende Fähen von streunenden Hunderüden gedeckt werden. Die Jungtiere, sogenannte »F1-Hybride« – halb Wolf, halb Hund – sind fast immer als solche erkennbar. Im Sinne des Artenschutzes hat man sich darauf geeinigt, dass diese Hybride entnommen (das heißt: erlegt) werden. In Deutschland war das bereits zwei Mal der Fall.
Warum tauchen Wölfe zuerst oft auf Truppenübungsplätzen auf?
Truppenübungsplätze sind aus Sicht des Wolfs ein idealer Lebensraum: unbewohnt, unbesiedelt und, abgesehen von sporadischen Truppenübungen, unbevölkert. Außerdem sind Truppenübungsplätze oft besonders naturnahe Kulturlandschaften mit weiten Wildnisanteilen, welche weitgehend sich selbst überlassen sind. Es findet dort nur sehr eingeschränkte Forst- und Landwirtschaft statt und auch die Jagd ist meist stark eingeschränkt. Die dadurch erhöhte Wilddichte macht den Lebensraum besonders attraktiv. Wobei Wölfe keine Wildnis als Lebensraum brauchen und auch in intensiv genutzter Kulturlandschaft gut leben und überlegen können. Wölfe leben rund um Berlin, seit jeher rund um Rom und mittlerweile auch wieder rund um einige Schweizer Städte.
Warum sprechen wir nicht mehr vom Alphawolf?
Die Bezeichnung Alphawolf ist zwar in den allgemeinen Sprachgebrauch eingesickert, die ihr zugrunde liegende Annahme von streng hierarchischen Wolfsrudeln gilt in der Wissenschaft aber als überholt. Sie entstammt Forschungsprojekten von in Gefangenschaft lebenden Wölfen, wo in Gehegen oft fremde Individuen zusammen gehalten und in ihrem sich daraus ergebenden Hierarchieverhalten untersucht wurden. Dabei handelt es sich allerdings um eine höchst artifizielle Versuchsanordnung. Tatsächlich ist ein Rudel ein variabler Familienverband von Elterntieren, Welpen und immer wieder auch Jungtieren aus dem Wurf des Vorjahrs. Die Elterntiere kann man auch als Leitwölfe bezeichnen.
Warum tauchen plötzlich überall Wölfe auf?
Die Rückkehr des Wolfs nach Mitteleuropa ist keine Überraschung, sondern hat sich lange abgezeichnet. In Deutschland verbreitet er sich seit der Jahrtausendwende stark aus. In weiten Teilen Europas, wo er durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) streng geschützt ist, war der Wolf außerdem nie verschwunden – etwa in Italien, am Balkan oder in Osteuropa. Einzelne durchwandernde Tiere hat es in Österreich und Deutschland auch früher schon gegeben. Oft wurden sie aber nicht gesehen, Risse von Nutz- oder Wildtieren streunenden Hunden zugeordnet, auch wurden einzelne Tiere verwechselt, versehentlich oder illegal erlegt. Da sich der Wolf schnell fortpflanzt, die Dichten an Rehen, Wildschweinen und Hirschen und damit seine Beutetiere in unseren Wäldern stark zugenommen haben, kann er mittlerweile fast überall auftauchen. Verlässlich und mit Sicherheit nachweisen lässt er sich durch DNA-Proben und mit Wildkameras. Beides Instrumente, die früher nicht verfügbar waren.
Wer mehr über das Verhalten des Wolfes erfahren und ihn schützen helfen möchte, findet auf www.wwf.at/wolf eine Möglichkeit dazu.
Mit dem Wolf leben lernen
Einst haben wir ihn ausgerottet, dann streng geschützt, jetzt kommt er zurück in unsere Lebensräume. Weil Zusammenleben gelernt sein will, widmet BIORAMA dem Thema Wolf eine Informationsseite – in Kooperation mit dem WWF.