Wifi Refugees: Wenn die Umwelt unerträglich wird
Menschen, die unter Elektromagnetischer Hypersensibilität leiden, haben es nicht leicht. Mit immer mehr kabellosen Geräten wird ihre Umwelt für sie immer belastender.
Chuck hat seinen Beruf als Top-Anwalt verloren, sein Haus verlässt er kaum. Wenn er doch raus muss, wickelt er sich in eine metallisierte Rettungsdecke. Strommasten bereiten ihm nicht nur Angst, sondern auch Schmerzen. Verwirrt läuft er durch die Straßen, sein Herz schlägt wie verrückt. Dabei wollte er nur die Zeitung holen.
Charles McGill, Bruder von“Jimmi“ McGill in der US-Amerikanischen Serie„Better Call Saul“ leidet an Elektromagnetischer Hypersensibilität.
Ähnlich erfährt diese besondere Art von Sensibilität oft Ablehnung in unserer Gesellschaft und Betroffene fühlen sich missverstanden oder unverstanden. Sie fliehen aus der Zivilisation, schirmen sich ab und ziehen sich in Isolation zurück. Als Wifi-Refugees werden die Leute bezeichnet, die vor der zunehmenden kabellosen Datenübertragung flüchten.
Vertragen wir unsere Umwelt?
Wir machen uns immer mehr Gedanken darüber, ob die Umwelt uns Menschen verträgt. Das ist auch gut so. Immer weniger beschäftigen wir uns aber damit, ob wir selbst überhaupt die künstliche, von uns geschaffene Umwelt vertragen. Allergien, Hautkrankheiten, Asthma und Diabetes, Ess- und Schlafstörungen sind nur ein paar der bekanntesten unter den Zivilisationskrankheiten, die mehr und mehr zunehmen.
Einige Menschen leiden regelrecht unter den nahezu omnipräsenten elektromagnetischen Feldern in unserer künstlichen, kabellosen Umwelt. Von Störungen des Wohlbefindens, Konzentrations- und Sehstörungen bis hin zu Kopfschmerzen, Schwindel und Tinnitus werden als Symptome für Elektromagnetische Hypersensibilität (EHS) genannt. Dadurch dass es große individuelle Unterschiede gibt, kann die Welt Gesundheitsorganisation (WHO) bisher keine diagnostischen Kriterien und Wirkungsmechanismen von EHS nennen.
Elektromagnetische Felder (EMF) kommen natürlich auf der Erde vor: vom Erdmagnetfeld bis hin zum „Elektrosinn“ des Nilhechtes und dem Magnetkompass von Zugvögeln bestimmen diese unsichtbaren Kräfte unsere natürliche Umgebung. Von Menschen erschaffene elektromagnetische Felder nehmen durch technische Entwicklungen zu, und können natürlich vorhandene Felder überlagern. Elektrosmog wurde zu einem abwertenden Begriff, dessen Beeinflussung wir nicht spüren können — zumindest nicht bewusst und nicht jeder von uns.
In Zeiten des kabellosen Internets und Mobilfunks, des Mikrowellenessens und der steigenden Zahl an tragbaren elektronischen Geräten, sind wir ständig im Kontakt mit elektromagnetischer Strahlung.
Die österreichische Regisseurin Anna Katharina Wohlgenannt thematisiert dieses Krankheitsbild in ihrem Dokumentarfilm „What we don’t see“ (Was wir nicht sehen). Gibt es für diese Menschen bald keinen Platz mehr in unserer Welt?
Die Anzahl der Studien zu elektromagnetischen Umweltverträglichkeiten steigt, unbequeme Ergebnisse wollen aber meist unter den Tisch gekehrt werden oder werden als Verschwörungstheorien abgestempelt. Dass hinter der Bagatellisierung der Auswirkungen von Elektrosmog ein riesiges wirtschaftliches Interesse steckt ist klar. Andreas aus Stockholm erzählt im Film: „Meistens denke ich daran, dass wir komplett gefangen sind im wirtschaftlichen Interesse dieser Technologien und, dass wir unser Leben dafür irgendwie riskieren…“.
In einem EU Report und in einer Studie der deutschen Strahlenschutzkommission finden sich Empfehlungen für Grenzwerte und Vorsorgemaßnahmen. Ursachen der elektromagnetischen Hypersensibilität werden in dieser Forschungsarbeit zu begründen versucht.
Einfach mal abschalten
5 Tipps, um den Kontakt mit Elektrosmog im Alltag zu reduzieren:
- Elektronische Geräte einfach mal ganz ausschalten. Der Stand-by Betrieb verbraucht nicht nur unnötigen Strom, sondern erzeugt auch Elektrosmog.
- Mobiltelefone erzeugen vor allem beim Wählen elektromagnetische Felder. Erst an den Kopf halten, sobald der Wahlvorgang abgeschlossen ist. Smartphones sind ständig mit dem Internet verbunden. Teilweise sorgen Apps dafür, dass im Minutentakt eine Verbindung aufgebaut wird, obwohl man das Handy nicht bedient. Auch hier gilt: Zumindest nachts einfach mal abschalten.
- Babyphones sollten in einem Abstand von 1-2 Metern vom Kinderbett abgestellt werden. Die Empfindlichkeit des Funkbabyphones so einstellen, dass es nicht ständig funkt. Baubiologische Geräte sind am Markt erhältlich.
- Mikrowellengeräte sollten nicht nur aufgrund ihrer Zerstörerischen Kraft auf den Nährwert von Nahrung vermieden werden, sondern definitiv auch aufgrund ihrer elektromagnetischen Strahlungsintensität. (Mehr Info hierzu)
- Netzabkoppler (oder Netzfreischalter) einbauen lassen, aber richtig. Wenn diese falsch installiert werden, kann ein Stromkreis verstärkt werden.
Weitere Tipps für den Alltag findet ihr hier.
Weitere Information zum Thema findet ihr hier.
Christina Kubisch macht mit speziellen Kopfhörern Strahlen zu Musik.
Filme: What we don’t see