Wein, Wien und Design
Mit der Wienhandlung hat Bianca Oswald auf der Wieden einen Regionalladen eröffnet, der ausschließlich Wiener Produkte verkauft und serviert: Design, DVDs, Wein, Honig, Gemischten Satz und veganes Erdäpfelgulasch. Manner-Schnitten gibt es ganz bewusst keine.
BIORAMA: Deine Wienhandlung bietet „Wien, Wein, Delikates und Kurioses über, für und aus Wien“. An welche Zielgruppe hast du denn beim Zusammenstellen deines Sortiments gedacht?
Bianca Oswald: Gedacht habe ich dabei sowohl an den Wiener, als auch den individuell reisenden Touristen. Beide suchen das Besondere zum Schenken, Verschicken, Mitnehmen. Das Sortiment habe ich persönlich und mit viel Leidenschaft ausgewählt. Es spricht so ziemlich alle Altersgruppen an. Nur 4-jährige Mädchen noch nicht.
Das typische Wiener Produkt schlechthin gibt es bei dir nicht. Ich nehm‘ an, du hast dich bewusst gegen den Verkauf von Manner-Schnitten entschieden.
So ist es. Wien hat einfach mehr zu bieten, als Manner-Schnitten, Sachertorten, Fiakerfahrten. Wobei mir wichtig ist, hier kein falsches Bild zu vermitteln. Diese Dinge gehören einfach seit Ewigkeiten zum Stadtbild und sie machen einen sensationell guten Job. Ich persönlich liebe Manner-Schnitten. Aber es ist mir auch wichtig, die Stadt nicht darauf zu reduzieren und eine Plattform für kleine Produzenten zu schaffen.
Was gibt es denn sonst noch bewusst nicht bei dir?
Schneekugeln. Und nachdem ich das so besonders betont hatte, wurde ich mit einer solchen auch schon beglückt. Die steht jetzt recht einsam im Geschäft.
Mittlerweile gibt es in Wien ja eine Reihe von jungen Kaffeeröstereien. Für welchen Kaffee hast du dich denn entschieden?
Kaffeerösterei Hawelka. Mit ihren Mischungen Wiener Melange „Josefine“ und Mokka „Leopold“ haben sie mich neben des tollen Aromas einfach im Herz getroffen.
Auf deiner Facebook-Seite steht, dass Sissi, Franzl, Klimt und Mozart Lokalverbot haben. Was sind denn die zeitgemäßen Entsprechungen zu diesen touristisch ausgeschlachteten Wien-Klischees?
Nun ich hab ehrlicherweise das Lokalverbot etwas gelockert, weil Wiener Designer einfach coole Ideen hatten, einige dieser genannten Personen unkonventionell in Szene und Baumwolle zu setzen – z.B. Wiener Unart und Biaschtlbude. Es ist meiner Meinung nach die Stadt mit all ihren Facetten selbst. Der Mensch ist spontaner geworden. Die Stadt auch. Das Kulturangebot, die Lebensqualität, die Wiener. Der Grant, das Urbane, das Stadtbild, die Kulinarik. Wien ist einfach eine geile Stadt.
Die Wienhandlung verkauft nicht nur Souvenirs, Honig und Wein, sie ist auch ein Lokal. Die Karte führt „veganes Erdäpfelgulasch statt Schnitzel“. Warum?
Es entspricht dem Zeitgeist. Der Mensch setzt sich mit seiner Ernährung und mit seiner Esskultur auseinander. Ein Wiener Kalbsschnitzel ist super und es ist etwas Besonderes. Aber nicht beim Kebab-Stand ums Eck um 2,90 Euro. Das soll bitte in höchster Qualität beim Wirt deines Vertrauens paniert werden. Ich habe generell keine frittierten Speisen auf der Karte.
Trotzdem gibt es Schinken von Thum. Warum eigentlich keinen Bio-Schinken?
Thum ist ein Wiener Traditions- und Familienunternehmen. Der Familie ist es wichtig, ein altes Handwerk in der modernen Zeit weiterzuführen. Das gefiel mir. Wienerisch, entschleunigt, qualitativ hochwertig und vor allem handwerklich verarbeitet – sprich nicht industriell.
Wien ist die einzige Millionenstadt der Welt, innerhalb deren Stadtgrenzen Wein angebaut wird. Für welche Winzer hast du dich warum entschieden?
Das Sortiment ist noch nicht fertig, zumal die Eröffnung genau in die Zeit zwischen „2012-Austrinken“ und „2013-Abfüllen“ gefallen ist. Im Moment findet man Wieninger und Hajszan-Neumann als bio-dynamisch geführte Weinkeller; das war mir wichtig, weil bio-dynamisch meiner Meinung nach am Beginn einer sehr großen Reise steht.
Weiters sind die Klassiker dabei: Christ, Mayer am Pfarrplatz, Rotes Haus, Edlmoser, Cobenzl und auch das Stift Klosterneuburg – ja, auch die haben viele Weingärten in Wien. Demnächst folgen Uhler, Ambrositsch, Lentner.
Wie definierst du denn den Wien-Begriff der Wienhandlung. Werden alle von dir verkauften Produkte auch in Wien hergestellt?
Ja so ist es. Ich handle mit Wiener Produkten, die innerhalb der Stadtgrenzen produziert werden. Und die verkaufe ich nicht nur, die kann man bei mir auch konsumieren.
Weißt du bei allen verkauften Waren wie und unter welchen Bedingungen sie hergestellt werden?
Ich kenne die Hersteller und Produktionsstätten alle persönlich.
Siehst du Wienhandlung eigentlich als Regionalladen?
Hauptsächlich ja. Der Plan ist jedoch den „Gast des Monats“ ins Sortiment zu holen und das wird dann vielleicht auch mal der Burgenländer oder auch der Norditaliener sein.
Du kooperierst auch mit dem Fesch Markt. Woran merkt man das?
Ich habe mit dem Fesch-Markt-Team die klassischen Promo-Produkte ausgewählt. Taschen und Regenschirme. Aber man findet auch einige Fesch-Markt-Aussteller im Geschäft wie z.B. Playa, das Goldene Wiener Herz oder auch den Wiener Honig! Und wer weiß, vielleicht schafft es die Wienhandlung auch als Aussteller mal auf den Fesch Markt.
Was mir auch aufgefallen ist: Du verkaufst Rapid-Schneidbretter aber keines von Austria Wien. Das Statement eines Fans?
Nein, kein Statement. (lacht) Zum Austria-Wien-Schneidbrett kann ich nicht viel sagen; ich weiß nur, dass Gespräche geführt werden. Also: Abwarten!
Neben ausgewählten Büchern findet man in der Wienhandlung einen Verkaufsständer mit DVDs aus der Edition „Der österreichische Film“. Welches ist denn DER Wien-Film schlechthin?
Das ist für jeden unterschiedlich. Ich bin mit Hans-Moser– und Peter-Alexander-Filmen aufgewachsen. Man hat zwar zu Drehzeiten von der schwierigen Nachkriegszeit abgelenkt, aber an Unterhaltungswert haben die bis heute nichts verloren. Ich bin froh und dankbar, dass sich Hoanzl dieser Filme angenommen hat.
Irgendwie kann man sich – das ist jetzt als Kompliment gemeint – die Wienhandlung auch als Kette mit mehreren über die Stadt verteilten Filialen vorstellen. Ist das für dich denkbar?
Ja, absolut. Ein Ziel. Wenn man so will, vielleicht auch ein Weg wieder zurück zum Greissler, der vom Stadtbild komplett verschwunden ist. Nix war leiwander als die Extrawurstsemmel vom Greissler ums Eck.
Was hören wir gerade: Radio Wien oder Superfly?
Superfly. Ich mag die Musiklisten von Radio Wien; aber Superfly ist im Herzen so funky wie ich.
Letzte Frage: Hat sich Bürgermeister Michael Häupl schon auf ein Glaserl Gemischten Satz angekündigt?
Nein. Aber der WGS – für Nichtkenner: das ist der Wiener Gemischte Satz – ist für ihn immer gut gekühlt.
Wienhandlung
1040 Wien, Margarethenstraße 9 (Ecke Schleifmühlgasse)
Öffnungszeiten:
Montag bis Mittwoch 11.00 bis 19.00 Uhr
Donnerstag und Freitag: 11.00 bis 22.00 Uhr
Samstag 10.00 bis 15.00 Uhr
Reservierung möglich (Platz für ca. 20 Personen)