Wer ist eigentlich El Niño?
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Das derzeitig auftretende El Niño Phänomen wird von Meteorologen als eines der stärksten seit den Aufzeichnungen eingestuft. Ist das der Grund für unseren warmen Winter und wann kommt eigentlich Schnee? Q&A zum Thema.
Waldbrände in Australien und Indonesien, komplett gegenteiliges Wetter auf der anderen Seite des Pazifiks, nämlich extreme Regenfälle nach einer langen Dürreperiode in Mittelamerika: In den letzten Monaten wurde die Kraft der berühmten Wettererscheinung deutlich.
„Der Junge“, bedeutet der Name aus dem Spanischen übersetzt, oder „das Christuskind“, weil der Höhepunkt der Auswirkungen meistens um Weihnachten erreicht wird. Ein ziemlicher badboy, dieser El Niño, denn er sorgt immer wieder weltweit für Milliardenschäden und jede Menge Probleme für die Menschen in den betroffenen Regionen, vor allem im Pazifikraum. Hat er auch Auswirkungen auf das Wetter in Mitteleuropa?
Wir haben uns dazu mit Herbert Formayer, Professor am Institut für Meteorologe Wien, unterhalten: „Das vergangene Jahr war global gesehen eindeutig das wärmste Jahr der Aufzeichnungen. Der Klimawandel und der aktuelle, ziemlich starke El Niño spielen dabei eine wesentliche Rolle. Er wird noch bis ins Frühjahr oder sogar bis in den Sommer 2016 andauern“, so der Experte. Seit den 1950er Jahren werden im Pazifik Daten dazu erhoben, nur 1997/1998 war ein stärkeres Phänomen zu beobachten, darum stützt man sich mit den Prognosen gerne auf den damaligen Verlauf.
Was und wer genau ist El Niño?
Die Passatwinde sorgen in Jahren ohne Besuch El Niños für einen Austausch der Wassermassen vor der Westküste Südamerikas: Warmes Wasser strömt westwärts Richtung Australien und Indonesien und kaltes und nährstoffreiches Wasser aus dem tiefen Ozean gelangt vor Peru an die Meeresoberfläche. Dieser Austausch ist Teil des Humboldtstroms. Das sorgt zum Beispiel dafür, dass die Region sehr fischreich ist und die Menschen an der Küste sehr gut von der Fischerei leben können. Vor Südamerika und Südostasien herrscht dann eine unterschiedliche Oberflächentemperatur des Wassers. Jahre, in denen das Wasser kalt ist, werden La Niña genannt, es kommt aber auch vor, dass keines der beiden Extreme erkennbar ist.
Betritt El Niño aber die Bühne, was meistens in einem Abstand von zwei bis sieben Jahren der Fall ist, passiert folgendes: Die Passatwinde schwächen sich ab, die Zirkulation des Wassers bleibt aus und der Pazifik, vor allem im Bereich des Äquators, erwärmt sich. Klimatische Konsequenzen sind dann Dürre, exzessive Regenfälle oder starke Winter, vor allem im Pazifikraum. Aber die regionalen Auswirkungen sind nicht in jedem El Niño Jahr die gleichen: Kommt es in einem Jahr in einem bestimmten Gebiet zu Dürre, kann es trotzdem sein, dass das Phänomen einige Jahre zuvor dort Flut verursachte.
Ist er für unseren warmen Winter verantwortlich?
Auch wenn die Auswirkungen recht deutlich in den äquatorialen Pazifikregionenspürbar sind, das weltweite Klima hängt zusammen und es gibt tatsächlich Wechselwirkungen, die auch hier in der Nordhemisphäre extreme Stürme oder Überflutungen, wie zuletzt in Großbritannien, verursachen können. Diese Ereignisse sind aber nicht charakteristisch oder wiederkehrend, sondern können immer anders ausfallen. Das Wetter bei uns hängt also nicht direkt mit El Niño zusammen, aber
Fakt ist: „Der vergangene Dezember war der wärmste den es je in den österreichischen Bergen gegeben hat, der bisherige Winter ist außerdem sehr nahe am niederschlagsärmsten Rekord dran und das Jahr 2015 ist global das wärmste bisher“, so Formayer. „2016 könnte aber diesen Rekord wieder brechen, denn El Niño ist nicht so schnell vorbei. Die enormen Wassermassen brauchen Zeit, um wieder abzukühlen.“ Kurzzeitig gingen Klimaskeptikervon einem Stop der Erderwärmung seit 1997 aus, was aber nicht der Fall ist. Das vergangene Jahr weist eindeutig auf einen Temperaturanstieg seit dem Super El Niño von 1997/98 damals um 0,2 Grad hin.
Was hat El Niño mit dem Klimawandel zu tun?
Das Phänomen tritt mehr oder weniger unabhängig von der globalen, von Menschen verursachten Klimaerwärmung auf und vermutlich gab es El Niño schon seit es den Pazifik in der heutigen Form gibt . Das von ihm verursachte Katastrophenwetter kann aber dadurch sehr viel heftiger ausfallen. Extreme Extreme erwarten uns also in Zukunft.
Wie geht der Winter hier weiter?
Der Jänner ist bisher auch auffallend warm, aber: Eine winterliche Phase steht kurz bevor. Bald kommt etwas Schnee, auch bis in die tiefere Lagen. Die zweite Hälfte des Winters kann durchaus völlig anders verlaufen als die erste, die extrem niederschlagsarm war, erklärt der Meteorologe Formayer: „Prognosen für mehrere Monate für unsere Breitengrade sind aber relativ schwierig, im Gegensatz zu Regionen am Meer, da das Wasser viel über den Wettertrend verrät.“
Wir sind gespannt! Und irgendwie nervös.