Weit, weit weg mit Wwoof

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BILD Egan Snow – CC BY SA 2.0, flickr

Zwei Wochen Süditalien, ein Monat Kenia oder doch Weihnachten auf Hawaii? Eine kleine Anleitung zur Winterflucht mit Sinn.

»Wwoofen ist sehr befriedigend und macht einfach Spaß«, sagt Christoph Poss. »Man unterstützt sinnvolle Projekte und sieht am Ende des Tages das Ergebnis seiner Arbeit.« Der 24-Jährige studiert Ökolandbau und Vermarktung in Eberswalde bei Berlin und denkt er an Urlaub, reicht eine Pauschalreise in die wohlige Südseesonne nicht aus – Nachhaltigkeit ist ihm ein wichtiges Anliegen. Immer wieder entscheidet er sich für das Wwoofen als günstige Form des Reisens, die neben dem Kennenlernen neuer Kulturen und dem Sammeln von Erfahrungen einen ökologischen Mehrwert bietet. 1971 in England entstanden, steht Wwoof für »Willing Workers on Organic Farms«, ist als Organisation in ca. 100 Ländern rund um den Globus vertreten und bietet im Winter eine schöne Option, der europäischen Kälte zu entkommen. Das Prinzip ist einfach: Wwoof vernetzt weltweit Freiwillige mit rund 6.000 ökologischen landwirtschaftlichen Betrieben, wo für Unterkunft und Verpflegung täglich vier bis sechs Stunden mitgeholfen wird. Der Rest der Zeit steht zur freien Verfügung – für Urlaub also.

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BILD Egan Snow – CC BY SA 2.0, flickr

Mehrwert

Günstig reisen, aber mit Sinn – das unterscheidet Wwoofen ganz essenziell von Modellen wie Couchsurfing & Co, bei denen ein kostenloser Schlafplatz im Vordergrund steht. »Ich möchte nicht nur gehetzt von einem Ort zum anderen reisen. Wenn man wwooft, bleibt man oft ein, zwei Wochen an einem Ort. So kann man die Gegend wirklich erkunden, die Leute vor Ort kennenlernen und trifft immer wieder tolle Menschen, die einen inspirieren«, sagt Christoph. Die Mindestaufenthaltsdauer sind zwar nur zwei Tage, doch entscheiden sich viele Wwoofer in Absprache mit ihrem Gastgeber für einen längeren Aufenthalt. »Die meisten Hosts sehen die Wwoofer als erweiterte Familie«, sagt Traci Wilson-Brown, Leiterin von Wwoof Australien, wo landesweit rund 2.500 Hosts zur Verfügung stehen. »Die Wwoofer sind in das Leben der Australier und ihrer Gemeinden integriert.« So entstehen viele Freundschaften, die sich oft ein Leben lang halten. »Es gibt gutes biologisches Essen, man hinterlässt einen kleinen ökologischen Fußabdruck und vor allem ist Wwoofen ein guter Weg, Wissen über ökologischen Landbau kulturübergreifend auszutauschen«, sagt Chaminda Kumara, Koordinator von Wwoof Sri Lanka. Er ist Teil eines kleinen, jungen Teams, das sich auf der tropischen Insel im indischen Ozean dem ökologischen Landbau verschrieben hat – mit rund 28 Grad Jahresdurchschnittstemperatur sind die 13 Mitgliedsfarmen als Reisedestination natürlich verlockend.

Wwoofen kann fast jeder. »Die meisten Wwoofer sind Backpacker, aber wir haben auch Familien mit Kindern oder ältere Wwoofer wie zum Beispiel die sogenannten Grey Nomads«, sagt Traci. »Rund 500 unserer Hosts sind auf Kinder vorbereitet und eigentlich gibt es nur eine Hauptanforderung: dass man sich körperlich wie geistig der Arbeit auf dem Hof gewachsen fühlt.« Und diese sieht mitunter sehr unterschiedlich aus, stehen von Weinbau bis Schweinezucht, von Permakultur bis zu biologisch-dynamischer Landwirtschaft, vom Familienbetrieb bis zum professionellen Unternehmen doch ganz verschiedene Höfe zur Auswahl. »Richtig schwere körperliche Arbeit ist das meistens aber nicht«, erzählt Christoph von seiner Wwoof-Erfahrung, »und es ist immer jemand da, der einem die Arbeit erklären kann.«

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BILD Michael Cannon – CC BY-SA 2.0, flickr

Exotische Ziele

Chile oder Sierra Leone, Süditalien oder Nepal, Sri Lanka oder Australien – die Liste der Destinationen lässt Urlaubsstimmung aufkommen. »Rund 62 Prozent unserer Wwoofer kommen aus Europa«, sagt Traci. »Viele versuchen, dem kalten Winter dort zu entgehen, bleiben dann allerdings länger und kriegen auch unseren Winter ab«, lacht sie. Auch Chaminda spürt in den Wintermonaten eine steigende Nachfrage aus Europa, doch während Wwoof Sri Lanka mit der Gründung im Jahr 2010 noch eine sehr frisches Projekt ist, gehören Neuseeland (1973) und Australien (1981) nach England zu den ganz alten Hasen – was sich im Ranking der größten Wwoof-Organisationen weltweit im ersten Platz für Australien (über 12.000 Wwoofer jährlich) bzw. im dritten Platz für Neuseeland (rund 8.000 Wwoofer) niederschlägt (Stand 2010). Auch Christoph zog es beim ersten Mal nach Down Under: »Für mein Vorpraktikum habe ich mich entschlossen, sechs Monate in Neuseeland zu wwoofen und landete bei sieben verschiedenen Hosts. Drei davon waren zertifizierte Biohöfe, die Obst und Gemüse anbauten, die anderen vier Privatpersonen mit einem sehr großen Garten. Die Früchte dort waren sehr beeindruckend, so vielfältig und lecker!«

Mr. Brown and I - sure have missed having large animals around

BILD fishermansdaughter – CC BY 2.0

How To?

Man wird ganz einfach Mitglied. Auf der Homepage der Dachorganisation findet sich eine Liste aller Wwoof-Organisationen weltweit. Hat man sich für ein Land entschieden, informiert man sich über das jeweilige Beitritts-Prozedere, das in der Regel immer ähnlich ist. Üblicherweise müssen die Organisationen ohne öffentliche Förderung auskommen, weshalb sie ganz auf die Mitgliedsbeiträge der Hosts und Wwoofer angewiesen sind. Ein Wwoofer zahlt dabei je nach Land jährlich zwischen 0 und 56 Euro. »Wir versuchen, gerade so viel zu verlangen, dass wir das Projekt nachhaltig am Laufen halten können«, sagt Traci. Nach Bezahlung bekommt man ein personalisiertes Buch, in dem alle teilnehmenden Höfe aufgeführt sind. Die Kontaktaufnahme ist dann Aufgabe des Wwoofers, der sich mit den Hosts in Verbindung setzt, alle Details festlegt, die Anreise und das entsprechende Visum organisiert. Eine ziemliche Vertrauensangelegenheit also, denn so wie die Höfe sich auf die helfenden Hände verlassen, verlassen sich Wwoofer auf die Gastfreundschaft der Hosts.

»Der große Vorteil des Wwoofens gegenüber anderen Plattformen ist, dass alle Hosts von uns überprüft werden und sich die Wwoofer bei Beitritt ausweisen müssen«, sagt Traci. Mit dem Ausweis und dem personalisierten Buch der Organisation können die Hosts jeweils gegenchecken, wen sie vor sich haben. Auch wird genau geschaut, ob wirklich ökologisch gewirtschaftet wird. »15 Prozent unserer Höfe sind offiziell zertifiziert, der Rest erklärt sich dazu bereit, den Richtlinien zu folgen, wobei wir mit dem Beitrittsformular schon ganz gut feststellen können, ob die Hosts auch wissen, was sie tun«, so Traci. Chaminda überzeugt sich gerne selbst vor Ort von der Arbeit auf den Höfen und verlässt sich sehr auf das Feedback der Wwoofer. Persönliches Feedback ist prinzipiell ein wichtiges Element von Wwoof – jenes der Wwoofer, aber auch das der Hosts. »Dies ist wahrscheinlich die herausforderndste unserer Tätigkeiten. Wir müssen bei Beschwerden unparteiisch versuchen, die richtigen Konsequenzen zu ziehen, um so das Projekt sicher für alle zu erhalten,« sagt Traci. Was die Sicherheit angeht, hatte Christoph nie Bedenken und würde das Wwoofen sofort jedem wärmstens empfehlen. Nicht umsonst hat er sich nach seinem Neuseeland-Aufenthalt auch beim nächsten Urlaub in Schweden wieder fürs Wwoofen entschieden.

www.wwoof.net

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BILD fishermansdaughter – CC BY 2.0

 

INFO

Das Prinzip gefällt, aber Landwirtschaft ist vielleicht nicht so deins? Kein Problem – Urlaub mit Sinn gibt’s auch in ähnlichen Varianten:

www.projects-abroad.de

www.internationale-freiwilligendienste.org

www.volunteering.at 

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