Wasserstoff – Der Traum vom abgasfreien Kraftstoff  

Bild: Cella Energy

Das könnte die praxistaugliche Alternative zu fossilem Treibstoff sein. Bild: Cella Energy

Wasserstoff wäre als Benzinersatz gut geeignet, aber eine kostengünstige Infrastruktur für die Speicherung und Betankung war bisher nicht in Sicht. Das will eine britische Forschungsinitiative nun ändern.

 

Warum nicht Alkohol tanken? Oder Rapsöl in den Tank gießen? Der Gedanke, vom Erdöl unabhängig zu werden, ließ Forscher in den vergangenen Jahren immer größere Anstrengungen unternehmen, Alternativen zum fossilen Treibstoff zu entwickeln. Inzwischen gibt es sie ja auch, die Autos, die Kraftstoffe auf Pflanzenbasis tanken, mit Biogas fahren oder Energie aus der Steckdose beziehen. Doch die anfängliche Euphorie über Bioethanol und die flächendeckende Einführung der Elektromobilität hat heute einer Ernüchterung Platz gemacht.

Das Center for Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg geht für 2014 lediglich von 11.000 neu zugelassenen Elektrofahrzeugen in Deutschland aus. Es fehle nach wie vor an einer geeigneten Infrastruktur und einige Autobauer erreichten die neuen Verbrauchs- und Abgasbestimmungen auch ohne E-Modelle.

Der internationale Biotreibstoff-Handel reißt riesige Wunden ins Ökosystem und Umweltverbände fragen längst kritisch nach, wie viel Pflanzen-Treibstoff die Erde eigentlich noch verträgt. Trotzdem sollen laut Grünbuch der EU-Kommission 20 Prozent der konventionellen Treibstoffe bis 2020 durch alternative Kraftstoffe ersetzt werden.

Tankbare Wasserstoff-Pellets

Diese Kritik ist ein triftiger Grund für internationale Forschergruppen, sich einer anderen aussichtsreichen Sparte alternativer Energiekonzepte zuzuwenden – dem Antrieb mit Wasserstoff. Prinzipiell lassen sich hier zwei Varianten unterscheiden: die direkte Nutzung in einem Verbrennungsmotor und indirekt durch die Nutzung einer Brennstoffzelle.

Wasserstoff lässt sich durch Elektrolyse von Wasser mittels Solarenergie, Wind- oder Wasserkraft gewinnen und wird in der Brennstoffzelle in chemisch gebundener Form zur Stromproduktion genutzt. Dabei werden nur Wärme und Wasserdampf freigesetzt. Die technischen Probleme bei der Speicherung von Wasserstoff galten bisher als größtes Hindernis für die breite Anwendung von Wasserstoffantrieben.

Ein erfolgreiches Konzept zur einfachen Betankung von Fahrzeugen mit Wasserstoff wurde nun im staatlich-britischen Rutherford Appleton Laboratory (RAL) bei Oxford entwickelt. Die Forscher haben ein Verfahren aus der Nanotechnologie zum Patent angemeldet, das Amminboran – ein Wasserstoffhydrid – chemisch in nanoskalige Polymerfasern einbindet. Die Fasern werden anschließend in millimetergroße Mikro-Pellets zerlegt und die Hydride bei einer Temperatur von etwa 85°C chemisch daran gebunden. Für die kommerzielle Verwertung des Patents wurde 2011 die Firma Cella Energy gegründet.

Schaut aus wie Tanken. Ist aber umweltfreundlicher. Bild: Cella Energy.

Schaut aus wie Tanken. Ist aber umweltfreundlicher. Bild: Cella Energy.

 

Der Physiker und Projektleiter Stephen Bennington erklärt: »Nach dem Abkühlen verhalten sich diese Pellets wie eine Flüssigkeit. Sie ist ungiftig, nicht aggressiv und kann bei Umgebungstemperatur gepumpt, in normalen Tanks gelagert und mit den gleichen Tankwagen wie denen für Benzin oder Diesel zu den Tankstellen gebracht werden.« Von dort pumpt man sie in den Tank der Fahrzeuge. Vom Tank gelangen sie in eine Wärmezelle, die mit der Abwärme der Brennstoffzelle eine Temperatur von etwa 85°C bereitstellt. Der Wasserstoff verliert in diesem Temperaturbereich seine Bindung an die Pellets und strömt in einen Vorratsbehälter. Mit dieser Gasmenge lässt sich nun eine nachgeschaltete Brennstoffzelle oder ein Verbrennungsmotor starten und mit dem freigesetzten Wasserstoff betreiben. Zurück bleiben die wasserstofffreien Pellets, die in einem zweiten Tank gesammelt werden. Sie müssen bei der nächsten Tankfüllung abgepumpt, mit den Nachschub liefernden Tankwagen wieder in die Produktionsanlage zurückgebracht und erneut mit Wasserstoff angereichert werden. Bennington: »Wir nutzen für die Pellets die bestehende Infrastruktur für Benzin- oder Dieselkraftstoff, die dafür mit relativ geringem Aufwand zu modifizieren ist.«

Der Wasserstoff muss so nicht mehr in Hochdrucktanks oder extrem gekühlt gespeichert werden. Cella arbeitet auch an einer Modifikation herkömmlicher Fahrzeugtanks, in dem die Wasserstoff enthaltenden Pellets durch eine Membran von den verbrauchten Pellets getrennt werden. »Borhydride haben die höchsten Wasserstoffkapazitäten aller bekannten Hydrid-Speichermaterialien«, so Bennington. »In einem Behälter von 50 Litern, was dem Tank eines Mittelklassewagens entspricht, ließen sich mit den neuartigen Materialien rund fünf Kilogramm Wasserstoff speichern. Dies würde für circa 400 bis 500 Kilometer Fahrt ausreichen. Und das bei zukünftig angestrebten Herstellungskosten der Wasserstoff-Tankfüllung von rund zehn Euro.«

Durchbruch bei auf Wasserstoff basierender Mobilität

Das hört sich nach einem Durchbruch an, mit dem einige gravierende Probleme einer auf Wasserstoff basierenden Mobilität gelöst werden könnten. Bei Cella Energy ist man jedenfalls optimistisch, mit der Einbindung von Hydriden in Pellets einen gangbaren Weg für die großtechnische Speicherung von Wasserstoff gefunden zu haben. Die Vision von einfach tankbarem Wasserstoff ohne jegliche Emissionen scheint damit einen großen Schritt näher gerückt. Bereits jetzt haben Wasserstoffautos eine um 300 Prozent höhere Reichweite im Vergleich zu Elektroautos. Und die Gewinnung von Wasserstoff per Elektrolyse aus Wasser wäre eine nachhaltige und saubere Alternative zu fossilen Energiequellen. Jetzt sind die Autohersteller am Zug: Nach Jahrzehnten von Prototypen und Testmodellen sollen die ersten Serienwagen 2015 auf unsere Straßen zu kommen.

 

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