Was ist eigentlich…Yarn Bombing?
Wir fragten Klaus Erich Dietl, seines Zeichens Künstler, Maler, Fotograph und Street Artist aus München.
Es gibt viele Namen für ein Phänomen: Yarn Bombing, Yarn Storm, Urban oder Guerilla Knitting – es handelt sich dabei um den Versuch, mit Wolle, Garn oder Textilien ein Zeichen in den Stadtraum zu setzen, das sich von den anderen Zeichen völlig abzusetzen versucht. Die Zeichen in der Stadt erzählen uns von Arbeit, Produktion und Werbung – ein textiles Zeichen fällt da sehr stark auf, denn es erzählt uns eine andere Geschichte: die Geschichte des Strickens, der Handarbeit ist leider eben auch die Geschichte der Repression gegen die Frau.
Leider gibt es erst einmal viele Gruppen, die das Yarn Bombing nur zur eigenen Werbung nutzen. Die sogenannte „Erfinderin“ des Yarn Bombings Magda Sayeg hinterlässt zusammen mit ihren gestrickten Tags eine Art Waschzettel – die darauf geschriebene Internetseite führt schnurstracks zum Merchendisesektor. Das finde ich traurig. Es gibt aber auch Künstlerinnen, die im Verborgenen arbeiten und dadurch eine große Kraft entfalten können: die durchbohrten Parkbänke der Innsbrucker Künstlerin Christine Pavlic gehören bestimmt dazu. Sie hat mich selbst sehr beeinflusst!
Meine/unsere Yarn Bombings sind immer in einen bestimmten Kontext gestellt – in der Hoffnung, dass das Zeichen lesbar wird. Wenn wir (vom Kommando Agnes Richter) z.B. eine Telefonzelle einstricken, verweisen wir auf Kommunikationsmöglichkeiten und vielleicht auf ungenutzte Kommunikationsräume. Dem Löwen an der Feldherrenhalle in München eine Armbinde zu stricken, ist ein sarkastischer historischer Verweis. Uns geht es meistens darum, in Team und bei Tag gemeinsam mit Anderen als Performance zu stricken. Unsere Technik ist ein Stricken ohne Nadeln und live vor Ort und direkt für ein Objekt. Das hat doch eine andere Aussage als ein zu Hause gestrickter und mit Kabelbindern festgeschnallter Schal!?
Bildcredit: Thomas Tschepe, Barbara Graf