Wohliges Holz

(Zirben)holz wächst regional nach, ist klimaschonend, langlebig und wird von den Nachhaltigkeitserfindern bewirtschaftet. Zudem sorgt der Bau- und Werkstoff für Wohlbefinden. Aber wie? Der Zirbenzauber wurde bereits belegt.

Elfenbett_Flora

In einem Zirbenholzbett schläft man angeblich besser (das hier ist vom Naturmöbel-Hersteller Grüne Erde).  BILD Grüne Erde.

Das Bett, der Schrank, der Tisch, die Wand – alles aus Holz. Als Bau- und Werkstoff erlebt Holz einen Boom. Die Zirbe hat sich innerhalb dieses Trends binnen Kurzem vom Modernisierungsverlierer zum Shooting Star entwickelt. Wohl weil ein schwammiges Attribut wie Wohlbefinden wissenschaftlich belegt werden konnte. Vor rund 15 Jahren war Zirbe auf dem Holzmarkt bedeutungslos, bei gleichzeitig ungebrochener Bedeutung im Schutzwald. Um Waldbesitzer dennoch zu gezielten Pflege- und Verjüngungsmaßnahmen zu motivieren, ließen findige Forstwirte 1998 erstmals traditionell überlieferte Talente der Holzsorte wissenschaftlich untersuchen. In den westlichen Inneralpen, wo die Zirbe ab 1.500 Meter bis zur Waldgrenze wächst, wurden nachweislich ab dem 15. Jahrhundert Gaststuben aus dem leichten, weichen, relativ homogenen Holz gefertigt. Ebenso die Truhe für das Sonntagsgewand, Brotdosen oder Bildhauerarbeiten. Die Zirbennutzung war aufgrund der Transportwege an das  natürliche Vorkommen gekoppelt.

Was wussten also die Alten über die Zirbe, das um das Jahr 2000 in drei Studien nachgewiesen wurde? Zirbenholz behindert die Entwicklung von Kleidermotten, hat auch in feuchter Umgebung eine antibakterielle Wirkung und fördert den Erholungsprozess. Das Human Research Institut in Weiz wies in einer Vergleichsstudie mit ident gestalteten Räumen (Zirbe/Holzdekor) nach, dass in den Zirbenbetten die Herzfrequenz der Probanden im Schnitt um 3.500 Schläge (eine Stunde Herzarbeit) pro Nacht herabgesetzt war, was die Pumpe schont. Nicht invasive EKG-Messungen wurden um Befragungen ergänzt, wobei die Zirbe punkto Erholung, Allgemeinbefinden und sozialer Extrovertiertheit (vulgo Geselligkeit) besonders gut bewertet wurde. Alle Wirkungen dürften im charakteristischen Geruch verortet sein, der Jahre erhalten bleibt und einem besonders hohen Gehalt an Pinosylvin (kommt in allen Kiefern vor) geschuldet ist.

1 - Cranleigh Health Centre_credit Morgan Sindall & SR Architects

Gesundheitsförderndes Raumklima: Holz stabilisiert z.B. die Luftfeuchtigkeit – wie in dieser Ployklinik in England.  BILD Morgan Sindall & SR Architects

Raus aus der Trachtenecke

Auf einschlägigen Online-Marktplätzen werden Zirbenspänekissen, Buttermodel, Kleiderbügel und Brotdosen feilgeboten, andernorts gebrauchte Alpenklischee-Bauernstuben inseriert. Die Zirbe sucht ihren Weg aus der Trachtenecke in die Gegenwart, wobei eine modern interpretierte Stube schon international auftrat: Im Österreichhaus für die Winterolympiade in Vancouver (2010). Der Preis für das edle Holz hat sich in der vergangenen Dekade verdreifacht und mit ihm die Attraktivität für Waldbesitzer. Aufgrund des beschränkten Bestands wird Zirbe jedoch nie den Massenmarkt erobern. Gesetzliche Vorgaben und das 300 Jahre alte Prinzip der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft werden verhindern, dass dieses alpine Nadelholz übernutzt wird – auch wenn sich das Klima wandelt. Ausapernde Hölzer belegen, dass die Zirbe in Warmphasen schon einmal flexibel war.

Tischlermeister Markus Decker betont, dass Zirbe ihre Vorteile nur ausspielen kann, wenn sie im Innenraum mit handwerklicher Erfahrung eingesetzt wird, gerade bei Massivholz-Vertäfelungen. Zudem heißt es aufpassen, dass einem nicht sibirische Zirbe verkauft wird, die nicht die Eigenschaften der europäischen aufweist. Holzfachmann Erwin Treml vom Holztechnikum Kuchl sieht Potenzial im Möbel- und Innenausbau, für Schlafzimmer, Schnitzereien, für den Einsatz im Alpintourismus, für den Wellnessbereich (schwindet kaum), gezielt für Gesundheitsbetriebe und bei eigens entwickelten Produkten wie Raumlüftern. Für größere Bauprojekte kommt eher die Fichte zum Einsatz. In Surrey (England) wurde – weit abseits der Alpen – mit mehrschichtverleimten Sperrholzplatten (CLT) eine ganze Polyklinik in Holzbauweise errichtet, deren Innenräume mit angenehmem Raumklima und stabiler Luftfeuchtigkeit punkten. Aber nicht nur Kranke profitieren von den Holzwirkungen, auch Lernende. In einer Hauptschule in Haus im Ennstal wurden Herzfrequenz, Erholungsfähigkeit und schulspezifische Beanspruchung der Schüler in Massivholz-Klassen (mit Teilen aus Eiche, Buche, Fichte, Zirbe und Tanne) und Standard-Räumen verglichen und gezeigt, dass diese Parameter nicht nur von den Lehrenden abhängen.

Zirbe-Illu 

Steckbrief: Die Zirbe

Zirbe (Pinus cembra/Zirbelkiefer, auch Arbe oder Arve), kommt in den westlichen Inneralpen ab 1.500 bis 2.200 m Höhe (Waldgrenze) vor, übersteht -43° bis +40° Celsius, hoher Ölgehalt. Der Baum ist für die Verbreitung der Samen mit dem Tannenhäher verbandelt.

Holztechnikum Kuchl: www.holztechnikum.at

Tischlerei Decker: www.decker.at

Institut für Waldbau/BOKU: www.wabo.boku.ac.at/waldbau.html

Human Research Institute: www.humanresearch.at

Zirbeninfo/ Pro Holz: www.zirbe.info / www.proholz.at

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