Biere der Wildnis
In Kreisen der Bierenthusiasten zählt »Kiesbye’s Waldbier« zu den gefragtesten Spezialitäten, die im deutschsprachigen Raum gebraut werden. In diesem Jahr wird die Holzbirne als Zutat verwendet.
Im Herbst 2016 hat Axel Kiesbye von der österreichischen BierIG, einer Interessensgemeinschaft der Bierkonsumenten, eine Auszeichnung für besondere Verdienste um das Genussmittel Bier erhalten. Der gebürtige Deutsche, der bis vor wenigen Jahren als Braumeister in der Trumer Brauerei bei Salzburg arbeitete, hat mit seinem Einsatz Grundsätzliches in der Bierlandschaft verändert: Er gründete den ersten bedeutenden Bierverein in Österreich.
Mit der BierIG setzte er sich für Bierkultur und -vielfalt ein, veranstaltete mit dem Festival der Biervielfalt das erste Event dieser Art und begründete mit dem Doemens-Institut, einem deutschen Fortbildungs- und Beratungsinstitut rund um die Getränkeindustrie, die Ausbildung zum Diplom-Biersommelier. In Österreich startete er dazu das Bierkulturhaus in Obertrum. All diese Tätigkeiten nahmen so viel Zeit in Anspruch, dass er sein Schaffen von der Trumer Brauerei gänzlich auf das Bierkulturhaus und sein Brauprojekt »Waldbier« verlegte. Die jährlichen Chargen des Waldbieres werden aber weiterhin auf der benachbarten Anlage der Trumer Brauerei gebraut.
Aber was ist denn eigentlich Waldbier? Seinen Anfang nahm das Gemeinschaftsprojekt der Österreichischen Bundesforsten und Braumeister Axel Kiesbye im Internationalen Jahr des Waldes 2011. »Mit dem Waldbier schaffen wir einen neuen, innovativen Zugang zum Wald. Auch mit dem heurigen Jahrgang 2018 ›Holzbirne‹ wollen wir verloren gegangenes Waldwissen vermitteln und den Wald auf die Speise- und Wohnzimmertische bringen«, erklärt Rudolf Freidhager von den Bundesforsten die Initiative.
Jedes Jahr ein anderes Stück Wald im Waldbier
Heute gilt das Waldbier als »Klassiker« unter den Kreativbieren – seit 2011 wurde es jedes Jahr mit einer neuen Waldzutat gebraut. Während in den ersten fünf Jahren unterschiedliche Waldbäume im Fokus standen, liegt das Augenmerk nun auf Waldsträuchern und Wildobstbäumen. Nach dem ausgezeichneten Jahrgang 2017, bei dem sich Kiesbye mit der Wilden Kirsche beschäftigte, steht 2018 die Holzbirne im Mittelpunkt. In den steirischen Wildalpen erntete er gemeinsam mit dem Revierleiter die Blüten und Zweige der Wildbirne. Dieser Baum gilt als die Urform der Birnenbäume und seine Frucht als Vorläuferin der heutigen Kulturbirne.
»Der heurige Jahrgang wird ein richtiger Cuvée«, sagt Braumeister Axel Kiesbye. »Neben Blättern und Blüten werden heuer erstmals auch getoastete Holzchips aus Wildbirnenholz und die getrockneten Früchte, Kletzen genannt, dem Waldbier zugegeben.« Über den Sommer wird das neue Waldbier »Holzbirne« nun eingebraut und ab Oktober diesen Jahres fertig ausgereift sein.
Bio als Standard?
»Biere der Wildnis« steht auf den Etiketten, sein Unternehmen bezeichnet Kiesbye als Naturbrauerei. Warum also sind die Waldbiere dann nicht auch konsequent Biobiere mit zertifizierten Rohstoffen? Liegt es an den wild wachsenden Zutaten aus dem Wald? »Ich sehe bio in Zukunft als Standard für gute Biere!«, sagt der Brauer, gesteht aber im selben Atemzug, dass die Umstellung für das Waldbier keine einfache ist.
Brauanlage und Biomalze stehen schon bereit, alleine am Biohopfen scheitert es. Die Rezepte können so schnell nicht geändert werden und für die bestehenden Biere findet er aktuell keinen Biohopfen in der gewünscht hohen Qualität. 2019 sollte es dann klappen. Derweilen geht er in anderen Bereichen einen ökologischen Schritt weiter: Seit ihm sogar beim Sammeln im Wald die Plastiksackerl um die Ohren fliegen, hat er sich entschlossen, das Bierkulturhaus in allen Bereichen plastikfrei zu machen. Von den Kugelschreibern bis zu den Anschreibetafeln.
In Deutschland dürfte übrigens laut dem Reinheitsgebot ein mit derartigen Zutaten gebrautes Getränk nicht Bier genannt werden. Da es aber in Österreich entstanden ist, darf das Waldbier auch für den deutschen Bierliebhaber als Bier in den Handel kommen.