Gebratene Ente mit ohne Fleisch
Das Gasthaus Schillinger im Niederösterreichischen Großmugl ist für Vegetarier und insbesondere Veganer zur Pilgerstätte geworden. Die Speisekarte mutet mit Cordon Bleu und Tiramisu sehr konventionell an, auf tierische Produkte wird in der Küche jedoch gänzlich verzichtet. Wie die vegane Küche die Provinz erobert.
BIORAMA: Wie wurde aus dem klassischen Dorfgasthaus Schillinger ein Kultrestaurant für die vegane Gemeinde?
Charly Schillinger: Nach dem Tod meines Vaters vor 25 Jahren stoppten wir die Hausschlachtungen und richteten den Schweinen neue Lebensbereiche ein. Persönlich änderten wir unser Leben schrittweise: zuerst fleischlos, dann auch ohne Eier und Leder, bis wir dann komplett vegan lebten. Das Gasthaus wollten wir schon 1987 vegetarisch führen, das hat damals aber überhaupt nicht funktioniert. So ist es lange ein traditionelles Dorfgasthaus mit kleinen Gerichten geblieben. Erst 2003, als ich meinen Beruf als Fondsmanager aufgab und mit meiner Frau wieder nach Großmugl zog, stellten wir die Küche komplett um.
Worauf begründet sich der heutige Erfolg?
Ich liebe die traditionelle Wiener Küche. Fleisch schmeckt mir, mag ich aber aus ethischen Gründen nicht essen. So hat meine Frau versucht, aus Ersatzprodukten meine Sehnsuchtsküche zu kochen. Das setzten wir auch schrittweise im Gasthaus um. Gemüsestrudel und Bulgurauflauf hat hier niemanden interessiert, erst als wir, rein pflanzlich produziert, Cordon Bleu angeboten haben, sind die Menschen wieder gerne gekommen.
Und nun beraten Sie auch Großküchen?
Die österreichische Geschäftsführerin des Großküchenbetreibers Sodexo speist gerne in unserem Gasthaus. Im »Better-Tomorrow-Plan« des Unternehmens war eine schrittweise nachhaltigere Entwicklung der Mitarbeiterverpflegung verankert. Mit der Umstellung auf vermehrt fleischlose Küche wollte man den produktionsbedingten CO2-Ausstoß verringern. Nach einem gemeinsamen Probekochen und meinen Vorschlägen werden nun in den größten der Sodexo-Großküchen auch zwei vegane Menüs mit Suppe und Dessert angeboten.
Womit ersetzt man dort nun das Fleisch?
Am beliebtesten ist die sogenannte »Ente«. Das ist ein Seitan-Produkt, also Weizeneiweiß, das mit Majoran und Sojasauce so gewürzt ist, dass es geschmacklich in Richtung gebratene Ente geht. Sonst wird auch texturiertes Sojaeiweiß verwendet, das von der Konsistenz sehr nah an Fleisch ist.
Und welche Perspektiven hat dieses Projekt?
Mittelfristig wollen wir, statt diese Produkte aus Fernost zu importieren, die Produktion von Taiwan nach Europa holen, eine Investition von 2,5 Millionen Euro. Dann könnte man auch ein größeres Augenmerk auf Bio-Soja legen, in Asien ist das momentan noch sehr schwierig. Für den Gast zählen gentechnikfreie Produkte mehr als Bio. Wenn die Sache weiter so erfolgreich läuft, hätte man natürlich ein großes Abnehmerpotenzial für einen europäischen Produktionsstandort.