Vegan für alle! – Veganz-Gründer Jan Bredack im Interview
Am 13. Juni eröffnet in Wien die erste Österreich-Filiale der veganen Supermarktkette Veganz, BIORAMA sprach vorab mit Gründer Jan Bredack über Wien, seine Zeit als Manager in einem Industriekonzern und die Zukunft des Veganismus.
BIORAMA: Herr Bredack, was war Ihr Antrieb eine vegane Supermarktkette zu gründen?
Jan Bredack: Der Auslöser war, dass ich selbst vor sechs Jahren vegan wurde und es immer als schwierig empfand mir vegane Nahrung zusammenzusuchen. Nicht jeder ist Lebensmitteltechniker, es war echt anstrengend und ich bin nicht so der klassische Online-Käufer, der sich sein Essen über das Internet zusammenkauft. Mir ist außerdem aufgefallen, dass Menschen mit Unverträglichkeiten vom Handel völlig ausgeblendet werden und so habe ich angefangen zu schauen, was in anderen Ländern gemacht wird und habe festgestellt, dass es eigentlich nirgends so etwas wie eine vegane Supermarktkette gibt, obwohl die Produkte ja da sind. Dann haben wir eigentlich nichts anderes gemacht, als die „Essenz“ aus allen verfügbaren Produkten zu bilden. Das war der Grundstein und jetzt finden wir uns mehr und mehr mit kleinen innovativen Firmen zusammen, die uns beliefern. Wir sehen von außen aus wie ein klassischer Bio-Markt, aber wir kaufen nicht beim Großhändler ein, sondern wir lassen uns direkt von unseren 30 Lieferanten beliefern, die kennen wir auch. Wir wachsen mit ihnen und entwickeln sehr enge Beziehungen. So haben wir einen doppelten Vorteil, wir haben Produkte, die keiner hat, die sehr exklusiv sind, und wir geben den Firmen auch die Chance sich zu zeigen und auch in andere Läden reinzukommen.
BIORAMA: Was ist die Idee hinter Veganz?
Bredack: Ich habe die Vision, dass ich die pflanzliche Ernährung möglichst vielen Menschen zugänglich machen möchte, ohne Hindernisse. Ich möchte vor allem über den Genuss, den Geschmack und die Auswahl überzeugen. Was mir oft begegnet, und da kommt der Veganismus ja her, ist eine Art Verzichtdenken, der Veganismus kommt aus einer sehr starken Anti-Bewegung, die auf gewisse Art auch elitär ist, weil man eben anders sein will. Ich will da raus und den Leuten einfach mal zeigen, was es so gibt und sie inspirieren. Das baut natürlich Barrieren ab, für viele Menschen, die jetzt nicht vegan sind. Die trauen sich dann an die Produkte heran und probieren etwas Neues aus. 80 Prozent unserer Kunden sind weder Veganer noch Vegetarier, wir könnten eine so große Ladenkette auch nicht nur mit veganen Kunden betreiben, dafür ist die Gruppe noch zu klein. Das heißt, wir leben davon, dass sich viele Leute an Veganes rantrauen, und das wollen wir ihnen leicht machen.
BIORAMA: Veganz soll Veganismus also massentauglich machen?
Bredack: Ja, von dem bin ich getrieben, das so vielen Menschen wie möglich verfügbar zu machen, ohne, dass ich sie missioniere. Ich möchte jetzt zu niemandem sagen: „Was du machst, ist schlecht!“ Ich sage lieber: „Schau‘ mal, was wir alles haben, was alles möglich ist! Probier’s mal aus!“ Wir grenzen niemanden aus und verurteilen niemanden. Denn genau das schreckt viele ab, wenn jemand deine Lebensweise als falsch kritisiert, gehst du automatisch in die Verteidigung und willst dich wahrscheinlich nicht weiter damit auseinandersetzen. Viele haben schon einen Reflex, wenn sie auf einen Veganer treffen, dass sie gleich versuchen dagegen zu argumentieren. Aber ich habe 35 Jahre lang auch so gelebt und ich verurteile niemanden dafür. Es gibt eine Daseinsberechtigung für beide Lebensweisen, aber ich werde jeden ermutigen mal unsere veganen Burger zu probieren.
BIORAMA: Darum auch das Supermarktkonzept? Da gab es doch sicher viele Widerstände, Supermärkte sind ja oft das Paradebeispiel für Verschwendung.
Bredack: Ja, das begegnet uns schon, im Sinne von „Ihr seid Kapitalisten!“ Viele finden es eben nicht gut, dass wir das ganze eher massentauglich und weniger elitär gestalten. Supermarkt ist ja auch das Synonym für Konsum und Überfluss, damit setzen wir uns schon auseinander.
BIORAMA: Veganz war bisher nur in Deutschland und in Prag vertreten, warum jetzt der Sprung nach Wien?
Bredack: Eigentlich wäre Wien sehr, sehr viel früher dran gewesen, aber es gab einige Hindernisse, die dazu geführt haben, dass wir uns so sehr verspätet haben. Für mich ist Wien neben Berlin eine der Hochburgen der veganen Lebensweise, nicht in dem Sinne, dass hier besonders viele Veganer leben, sondern, dass hier besonders viele Menschen dafür offen sind. Vegan begegnet mir hier auf Marktständen, in Restaurants, beim Bäcker, als Kriterium, als Option. Das spricht für die Offenheit der Stadt. Städte in denen viele junge Menschen und Touristen sind, in denen viel von außen reinkommt, sind ein guter Nährboden für das, was wir machen.
BIORAMA: Hat Veganz jetzt auch viele Lieferanten aus Österreich?
Bredack: Ja, die hatten wir schon, bevor wir nach Österreich gekommen sind. Wir haben hier viele gute Partner, auch kleine, die man vielleicht gar nicht kennt. Natürlich profitiert Österreich jetzt auch davon, dass wir viele Lieferanten haben, die man hier nicht kennt. Wir werden einige Produkte haben, die man in Österreich noch nicht gesehen hat.
BIORAMA: Unterschiedet das Veganz von anderen veganen Supermärkten in Wien wie Maran Vegan?
Bredack: Maran Vegan war mal unser Partner, hat sich aber dann entschieden, selber was zu machen. Aber ja, es sind vor allem die exklusiven Produkte, die uns von anderen unterscheiden. Außerdem versuchen wir unsere Mitarbeiter möglichst gut auszubilden, damit sie auch wirklich jeden Kunden ausführlich beraten können, dabei hilft auch unsere Lebensmittelkennzeichnung, die sehr genau und trotzdem übersichtlich ist.
BIORAMA: Zusätzlich zum Shop wird Veganz auch auf verschiedenen Events vetreten sein, was ist da geplant?
Bredack: Wir sind mit unserem Food-Truck in den nächsten Monaten quer durch Europa unterwegs, auf Festivals, Sportevents, auf dem Frequency werden wir auch vertreten sein. Wir gehen bewusst auf Veranstaltungen, die keinen expliziten veganen oder vegetarischen Hintergrund haben, wir wollen eine Alternative sein zu den anderen Angeboten auf den großen Festivals. Und wir glauben, dass das erfolgreich sein wird.
BIORAMA: Sie waren früher Manager beim Konzern Daimler, wie hat sich Ihr Leben so verändert?
Bredack: Die Frage höre ich oft, darum habe ich auch ein Buch geschrieben, wo alles drinsteht, warum, wieso, weshalb. Und ich möchte die Zeit jetzt auch nicht schlechtreden , denn sie gehört zu meiner Entwicklung dazu. In meinem Buch schaue ich mir diesen Lebensabschnitt aus dem Blickwinkel heute an und reflektiere damit auch das Leben vieler, vieler anderer Menschen, die heute in großen Firmen arbeiten. Es geht auch viel um meine vegane Lebensweise, die eigentlich mein ganzes Denken verändert hat, das war ein völliger Paradigmenwechsel. 2008 wurde ich vegan und 2011 bin ich dann wirklich von Daimler weg, es ist also definitiv noch was da aus dieser Zeit.
BIORAMA: Wollen Sie sich in Europa noch weiter verbreitern?
Bredack: Ja, das Ziel ist der Aufbau eines Filialnetzes in Europa und auch Franchise-Läden zu eröffnen. Außerdem sind wir Großhändler für ganz Europa, wir beliefern auch große Einzelhandelsketten wie Edeka und Rewe.
BIORAMA: Wächst auch bei diesen großen Ketten das Interesse an veganen Produkten?
Bredack: Ja, klar. Sie kommen von sich aus auf uns zu und zeigen Interesse an unseren Produkten, weil wir sie eben exklusiv vertreiben. Auch so können wir Veganismus massentauglicher machen, denn ich bin kein Nahversorger, das kann ich nicht leisten, aber ich habe die Produkte mit denen die großen Ketten ihr Sortiment anreichern können. Und sie haben die Marktkraft auch die Leute zu erreichen, die sich bis jetzt noch keine Gedanken über vegane Ernährung gemacht haben, da steht dann der Fleischersatz neben dem Fleisch. Davor habe ich keine Angst, denn die Hauptsache ist, dass die Menschen anfangen Erfahrungen zu sammeln. Früher gab es auch nur ein paar Bio-Märkte, heute gibt es bio überall und so wird sich auch vegan entwickeln.
Veganz Wien
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1040 Wien
veganz.de