Look how they shine for you
Die kleine niederösterreichische Gemeinde Großmugl will die erste europäische UNESCO-Sternenlichtoase und somit Weltkulturerbe werden.
Obwohl sich die Gemeinde Großmugl ganz in der Nähe von Wien befindet, liegt sie doch geschützt in einer Senke – umgeben von Wald (dem Ernstbrunner Wald) und Hügeln (dem Bisamberg), und ist somit abgeschirmt vom Licht der Großstadt. Deshalb ist die 1.900-Seelen-Gemeinde im Weinviertel aus astronomischer Sicht etwas Besonderes: »In einer perfekten Nacht in Wien sieht man vielleicht 100 Sterne – aber in Großmugl sind es in derselben Nacht 5.000«, so Günther Wuchterl, Leiter der Sternwarte des Vereins Kuffner-Sternwarte in Wien. Wuchterl war es, der vor Jahren auf Satellitenbildern einen kleinen schwarzen Fleck von wenigen Quadratmetern Größe über Großmugl entdeckt hatte. Der Fleck bedeutete, dass hier keinerlei Lichtquellen aus der Umgebung hinstrahlen. So ist das »dunkle« Großmugl und vor allem dessen Wahrzeichen, der Leeberg – mit seinen 16 Metern der größte Hallstattkultur-Grabhügel Mitteleuropas – zu einem idealen Beobachtungsplatz für viele (Hobby-)Astronomen geworden.
Großmugl macht dunkel
Großmugl hat selbst dafür gesorgt, dass die Bedingungen noch besser und dunkler werden: Die Kirche wird nur noch bis 22 Uhr beleuchtet und die Straßen-Kugellaternen wurden gegen Natriumdampflampen ausgetauscht. Laut Bürgermeister Karl Lehner sorgen diese dafür, dass das Licht nur dorthin kommt, wo es hingehört, nämlich runter – auf die Straßen. Fassaden oder Fenster hingegen würden nicht ausgeleuchtet. Die angenehmen Nebeneffekte der Natriumdampflampen: Weil weniger Energie verbraucht wird, wird das Klima geschützt und Geld gespart.
Ein Recht auf Sternenlicht
Im August 2010 hat die UNESCO das Welterbe für den Schutz des Nachthimmels geöffnet: Eine Studie, die den Schutz des Nachthimmels im Rahmen des Welterbes erstmals ermöglichen sollte und an der Astronomen aus aller Welt beteiligt waren, wurde bestätigt. Drei Arten von Sternenhimmeln werden in dieser Studie anhand von 45 Fallbeispielen näher betrachtet: Orte, die zwar jetzt schon zum Weltkulturerbe zählen, aber einen astronomischen Bezug haben, wie zum Beispiel Stonehenge in England oder »Fenster zum Universum« wie die Atacama-Wüste in Nordchile, von wo aus etwa 8.000 Sterne zu sehen sind oder »Sternenlichtoasen«, die für Menschen leicht erreichbar sind und einen besonderen Blick in den Sternenhimmel bieten, wie eben Großmugl. Auch herausragende Beobachtungsorte wie zum Beispiel das Königliche Observatorium von Greenwich oder der Einstein Turm in Potsdam fanden Einzug. Die Bestätigung der Studie ist ein Meilenstein auf dem Weg zum Schutz des Nachhimmels und der nächtlichen Umwelt, denn diese Entscheidung bietet die Möglichkeit, den Sternenhimmel selbst unter Schutz zu stellen. Aber ist der Sternenhimmel wirklich »Weltkulturerbe«? »Es ist sehr wohl ein Kulturgut, seinen Blick gen Himmel zu erheben«, meint etwa das österreichische Kulturministerium. Und so möchte sich Großmugl als erste österreichische Gemeinde um den Status einer UNESCO-Sternenlichtoase bewerben.
Generation sternenlos
Und warum das Ganze? Wozu brauchen wir Sternenlichtreservate? »Zu viel Licht zur falschen Zeit gefährdet Pflanzen und Tiere, beeinflusst Ökosysteme, lässt Sternenhimmel verschwinden und beeinträchtigt möglicherweise die Gesundheit«, heißt es in der Wissenschaftsdokumentation »Verlust der Nacht«. Man sagt sogar, wir seien die erste Generation ohne Milchstraße. Schuld daran ist die Lichtverschmutzung. Darunter versteht man die Verschmutzung des natürlichen Lichts (Mond, Sterne) und der kompletten Dunkelheit durch künstliches Licht in der Nacht, mit negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur. Es ist an der Zeit, Dunkelheit als ein wichtiges Gut wertzuschätzen – nicht nur für den Tourismus, sondern auch für Erholung, Bildung und Gesundheit von Tier und Mensch.