Fünf Umwelt-Baustellen in Niederösterreich

An diesen fünf Orten wird Umweltpolitik zum großen Thema.

Fünf Umwelt-Baustellen in Niederösterreich.
Bei Bauprojekten kann die Umweltpolitik zum großen Thema werden – wie bei den folgenden fünf Baustellen in Niederösterreich.

1. Kamptal-Wasserkraft

Dezentrale Stromerzeugung soll ein Pfeiler der Energiewende sein, um die Energieversorgung unabhängig von Großkraftwerken und Konzernen zu machen. Einen Beitrag dazu soll die Kleinwasserkraft leisten, die bisher an über 5000 Standorten für rund 10 Prozent des österreichischen Stroms sorgt. Das hat zur Folge, dass die Flüsse statistisch alle 800 Meter durch ein Kraftwerk unterbrochen sind. Umweltschützer sind deshalb nicht begeistert davon, immer mehr Wasserkraftanlagen mit geringem Wirkungsgrad zu errichten. Denn die Turbinen haben Einfluss auf die Ökosysteme.

Stromerzeugung geht immer mehr in die Richtung von Kleinwasserkraft, auch in Niederösterreich.

Auch der Kamp soll immer mehr für die Stromerzeugung genutzt werden. dei Aktionsgruppe Lebendiger Kamp will das verhindern. Bild: Wikimedia Commons (Stefan.lefnaer / CC BY-SA 3.0 AT).

Im Kamptal möchte Energieversorger EVN das Kraftwerk Rosenburg deutlich erweitern. Die Aktionsgruppe Lebendiger Kamp möchte die Schönheit und Artenvielfalt des Kamps erhalten und eine weitere Aufstauung zum Zwecke der Stromproduktion verhindern: »Wir lehnen es ab, für eine dürftige Steigerung in der Stromausbeute eines unserer letzten intakten Flussheiligtümer zu schädigen. Wir weisen es zurück, so ein Vorhaben auch noch als ökologisch optimierte Revitalisierung zu verharmlosen.«

2. Dritte Piste

Der Wiener Flughafen auf dem Boden der Gemeinde Schwechat möchte wachsen. Ganz oben auf der Wunschliste: eine dritte Start- und Landebahn. Dass Fliegen für Umwelt und Klima desaströse Folgen hat, ist längst kein Geheimnis mehr. Und so sehen Umweltschützer*innen den Flughafenausbau mehr als kritisch. In der Debatte prallen verschiedene öffentliche Interessen aufeinander. Befürworter*innen der dritten Piste sehen in ihr einen Garanten für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze. Dass der Klimaschutz ebenfalls im öffentlichen Interesse liegt, scheint nebensächlich. Es geht ja schließlich um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Wien und Niederösterreich.

Beim Flughafen Schwechat soll eine zusätzliche Piste gebaut werden. Der Flughafenausbau wird von Umweltschützern kritisch gesehen.

Der Flughafen in Schwechat soll ausgebaut werden. Für die Wirtschaft wäre das von Vorteil. Für die Umwelt ein Disaster. Bild: Wikimedia Commons (Hansueli Krapf / CC BY-SA 3.0).

Die Gerichte haben die Befürworter*innen der dritten Piste offenbar auf ihrer Seite. Der Verfassungsgerichtshof entschied im Juni 2017 und final im März 2018 zugunsten der Rechtmäßigkeit der Flughafenerweiterung. »Durch den Bau der dritten Piste werden sich die CO2-Emissionen bis 2025 gegenüber dem Wert von 2003 am Standort Wien-Schwechat laut Einreichunterlagen um 250 Prozent erhöhen«, erklärt die NGO Global 2000. Allen politischen Bekenntnissen zum trotz: Geht es ums Wirtschaftswachstum, bleiben Umwelt und Klima offenbar Randfaktoren.

3. Lobau-Tunnel

Ein weiteres Projekt, bei dem ein Gericht – in diesem Fall das Bundesverwaltungsgericht – die Einwände von Umweltschützer*innen abgewiesen hat, ist der geplante Bau des Tunnels durch die Wiener Lobau. Damit soll der Wiener Autobahnring geschlossen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Bauherrn, der ASFINAG, Umweltauflagen erteilt, die erfüllt werden müssen – dann steht dem Bau rechtlich wohl nichts mehr im Wege.

Bei Bau des Wiener Lobautunnels wies das Bundesverwaltungsgericht die Einwände von Umweltschützern ab.

Mitten durch die Wiener Lobau soll der Laubau-Tunnel führen und somit, laut der ÖVP, die Region Marchfeld entlasten. Darüber, ob das effizient oder zukunftsweisend ist, kann man streiten. Bild: Wikimedia Commons (Marco Avila / CC BY-SA 3.0)

Einer der größten Fürsprecher des Projekts ist seit Jahren die ÖVP Niederösterreich. Die Partei lässt wissen: »Wir in der Region kämpfen seit mittlerweile über 10 Jahren für die Lobau-Querung. Der Tunnel bringt eine unglaubliche Erleichterung für die Verkehrsströme in der Region und mehrere zehntausend Pendler am Tag. Der Lobau-Tunnel ist eine wichtige Grundlage und Voraussetzung, um Niederösterreich und Wien besser zu verbinden und die Region Marchfeld nachhaltig zu entlasten – immerhin eine der am schnellsten wachsenden Regionen Europas.« Die Logik hinter dem Bauprojekt ist klar: Mehr Platz für Autos ist gleich Entlastung. Wie effizient Straßen genutzt werden, scheint kaum relevant. Ob hier zukunftsweisende Verkehrsplanung betrieben wurde, kann bezweifelt werden.

4. Donauwasser Marchfeld

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Marchfeld entwässert, um es für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Der Grundwasserspiegel wurde deutlich abgesenkt und das Weinviertel zu einem weitgehend trockenen Landstrich gemacht. Wertvolle Lebensräume wurden zerstört, viele Pflanzen- und Tierarten verloren ihre Lebensgrundlage. Hundert Jahre später ist die Region phasenweise zu trocken. Und deshalb wünscht sich die Landwirtschaftskammer Niederösterreich, die Donau anzapfen zu können, um ihr Wasser für die industrielle Landwirtschaft zu nutzen.

Früher wurde das Marchfeld in Niederösterreich entwässert, heute ist es zu trocken.

Die Landwirtschaftskammer in NÖ will das Marchfeld mit Donauwasser bewässern. Dabei wurde Anfang des letzten Jahrhunderts die Region komplett entwässert um sie landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Bild: Wikimedia Commons (Doronenko / CC BY-SA 3.0 AT)

Die Grünen kürten diesen Vorschlag im September 2017 zum Schildbürgerstreich des Monats. »Die Landwirtschaft muss sich der Natur anpassen. Nicht umgekehrt«, erklärten sie damals ihre Ablehnung des Donauwasser-Projekts. Auch »weil immense Kosten für Pipelines aufgebracht werden müssen, um Donauwasser zu transportieren, obwohl uns allen klar sein muss, dass dies nicht die Lösung für die Klimakrise sein kann. Dort, wo wir einst Dürre beklagten, ist heute Hochwasser. Wir haben das schon so oft erlebt. Und dann? Die Natur ist unberechenbar. Wir können nur mit ihr arbeiten – nicht gegen sie«.

5. Waldviertel-Autobahn

Der ehemalige Landeshauptmann Erwin Pröll war noch dezidiert dagegen. Seit seine Nachfolgerin Johanna Mikl-Leitner im Amt ist, wird die Idee einer Autobahn quer durchs Waldviertel wieder vorangetrieben. Und es wurde auch ein klangvoller Name dafür ersonnen: »Europaspange«. Sie soll dereinst von Stockerau über Hollabrunn und Horn bis nach Gmünd führen, um so die S3 mit der S10 zu verbinden. Was für die Autobahn spricht, sind vor allem ökonomische Interessen. Verkehrsplanerisch ist ein Nutzen des Projekts allerdings umstritten. »Für uns hat eindeutig der Ausbau der Franz-Josefs-Bahn Vorrang und nicht eine landschaftszerschneidende Autobahn durch unser Bundesland«, sagt die Landesvorsitzende der Grünen Helga Krismer zum Projekt.

Seit Johanna Mikl-Leitner Landeshauptfrau von Niederösterreich ist, hat die Idee, eine Autobahn im Waldviertel zu bauen, Fahrt aufgenommen.

Noch ist eine Autobahn quer durch das Waldviertel nur eine Idee, aber seit die neue Landeshauptfrau Niederösterreichs im Amt ist, nimmt diese immer mehr Form an. Bild: Wikimedia Commons (Public Domain).

Die NEOS finden die Idee einer neuen Autobahn allgemein gut und sehen darin einen »Chancenmotor«. Die Pinken wollen aber zunächst einmal wissen, was die »Europaspange« denn kosten soll. Bis das Autobahnprojekt wirklich konkret wird, dürfte es noch dauern. Und wenn die Anwohner*innen der geplanten Trassenführung durchs Waldviertel konkrete Pläne zu sehen bekommen, dürften auch kritische Nachfragen nach Kosten, Sinn und Zweck der Autobahn vermehrt zum Thema werden.

VORGESCHLAGENE ARTIKEL DER REDAKTION