Ulrich Drechsler: »Musik ist nur noch ein Wegwerfartikel«
Er selbst sieht sich als »Klangsucher«, wir kennen ihn unter anderem als Teil des Trios Café Drechsler. Anlässlich des Erscheinens seines neuen Albums »Caramel (Part of Liminal Zone)« baten wir Ulrich Drechsler, sich Gedanken darüber zu machen, ob – und wenn ja inwiefern – sein musikalisches Schaffen nachhaltig ist.
»Die Grundlage von Nachhaltigkeit wäre meiner Meinung nach Bewusstsein in Denken und Handeln in Kombination mit einer gehörigen Portion Altruismus.
Allein da hängt das System aber schon gewaltig, da unsere Gesellschaft komplett auf Egoismus, Separation sowie Polemik und unser Verständnis von Lebensqualität zur Gänze auf gezieltem Konsum und Ausbeutung beruht. Etwas anderes wurde uns nie beigebracht. Uns wurde nie das Bewusstsein für das Wechselspiel zwischen Ursache und Wirkung gelehrt, was ganz schlicht besagt: „Setze ich gute, nachhaltige Ursachen, entstehen gute, nachhaltige Wirkungen, setze ich negative Ursachen habe ich die dementsprechenden Resultate“.
Kultur als Basis – für alles
Dabei bietet gerade die Kultur die Grundlage dafür, dass der Mensch sich überhaupt weiterentwickeln kann, um ein Bewusstsein für das Wechselspiel zwischen Ursache und Wirkung zu erlangen.
Kultur bildet die Basis für gesellschaftliche Struktur, Demokratie, Bildung, Wissenschaften, einfach für alles. Nicht umsonst galten im alten Griechenland auch die Geisteswissenschaften als Künste.
Die Realität wiederum schaut – wie in allen Bereichen unseres Lebens – leider ganz anders aus und die heutige Musiklandschaft, um für mein Genre zu sprechen, spiegelt das perfekt wieder. Musik ist wie jedes andere Produkt nur noch ein Wegwerfartikel, der dazu dient, Gewinne zu erzielen indem man sie den Menschen aufzwingen. Sie ist beliebig geworden, ein austauschbarer Durchlauf-Posten. Dabei verfügt gerade die Musik über eine ganz besondere Fähigkeit. Wie kaum etwas anderes vermag sie uns in der Sekunde ins Hier und Jetzt zu befördern. In einer Gesellschaft, die geistig zur Gänze in der Zukunft oder in der Vergangenheit hängt, ist das meiner Meinung nach die wichtigste Klausel für Lebensqualität, denn Leben findet hier und jetzt statt. Nicht im Fernsehen, nicht in der Werbung, nicht in den sozialen Medien, jetzt, jetzt, jetzt und zwar genau hier.
Erscheint am 20. März 2020: das Album „Caramel (Part of Liminal Zone)“ auf dem Münchner Label Enja Records – als erster Teil von drei komplett voneinander unabhängigen musikalischen Einzelprojekten.
Genau hier beginnt mein Verständnis von Nachhaltigkeit. Ich bin Musiker geworden, um anderen Menschen mit meiner Musik Freude zu bereiten, um ihnen geistige und emotionale Freiräume zu schaffen, um ihnen damit etwas mehr Lebensqualität zu offenbaren.
Oder, im wirtschaftlichen Kontext gesprochen: „Ich lebe und arbeite statt auf Gewinnmaximierung auf Umsatz“. Mit allen mir zur Verfügung stehenden Ressourcen versuche ich qualitativ hochwertige Musik zu schaffen und immer weiterzuentwickeln. Diese Musik soll das Publikum emotional berühren und leicht verständlich bleiben. Gute Musik machen und alle Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die Menschen diese gerne hören. Mehr kann ich nicht tun.
Meine gesamte Energie, mein Wissen und meine Liebe stecke ich in diesen Prozess, mit dem vollen Bewusstsein und der Bereitschaft, jederzeit scheitern zu können. Dafür übernehme ich auch gerne die Verantwortung. Da orientiere ich mich ganz an Winston Churchill: „Erfolg ist nichts endgültiges, Misserfolg nichts fatales: was zählt, ist der Mut weiterzumachen.“ Wenn man mich nach meinen Werten fragen würde: Demut und Liebe, denn mit Demut sind wir fähig, unglaubliche Dinge zu unserem und zum Wohle aller zu vollbringen. Das wäre dann die Liebe, die alles auf der Welt miteinander verbindet. Das wäre dann für mich wirklich Nachhaltigkeit.«
Live zu sehen bzw. zu hören ist Ulrich Drechsler in nächster Zeit vor allem in Österreich – sowohl mit seinem Album, als auch als Teil von Café Drechsler:
27. März 2020: Wolkersdorf, Kulturforum (als Café Drechsler)
28. März 2020: Enns, Zuckerlfabrik (als Café Drechsler)
17. April 2020: Krems, Kino im Kesselhaus (mit Caramel)
8. Mai 2020: Wien, MuTh (mit Caramel)
19. Juni 2020: Traismauer, Fine Art Gallerie (mit Caramel)