Ein geiles, günstiges, gutes, grünes Gewissen um 24 Cent
Ein Kulturhaus wird grün. Wie das Team des Triebwerks in Wiener Neustadt um einen nachhaltigeren Betrieb kämpft. Heute: Drucksorten.
DA liegt ein Übel, bei dem wir als Kulturbetrieb WIRKLICH was ändern und bewegen können. Wir produzieren monatlich Poster und andere kleinformatigere Dinge, da lässt sich sicher was im Sinne unseres selbstauferlegten Nachhaltigkeitsjahresprojektes machen. So dachten wir zumindest…
Die letzten Jahre haben wir unsere Flyer und Poster bei einer „Onlinedruckerei“ machen lassen. Die Gründe dafür sind bestechend: einfache und effiziente Bestellung via Online-Formular, simple Datenübermittlung, guter Preis und schnelle Lieferung. Und nicht zuletzt: Auch die Qualität hat immer gepasst. Bisweilen haben wir die Preise auch mit regionalen Druckereien verglichen, aber erstaunlicher Weise war es immer günstiger, das Zeug online zu bestellen und aus Deutschland liefern zu lassen. Da drückt einen schon ein wengerl das schlechte Gewissen. Darum wollen wir hier was ändern. Das muss einfach umweltfreundlicher und regionaler gehen:
Keine Flyer mehr und grüne Poster
Als ersten Schritt Richtung grün haben wir unser Zettelwerk grundsätzlich überdacht und den traditionellen Monatsflyer komplett abgeschafft. Zu viele sind übriggeblieben, zu sehr hat sich das Ankündigungsgeschäft ins Internet verlegt. Dann haben wir schon den Voranschlag für das Werbebudget 2013 komplett grün ausgerichtet. Mit dem Ergebnis, dass wir jährlich mit ca. 2.000 Euro Mehrkosten rechnen müssten, wenn wir dieselben Sachen wie bisher bei einer regionalen, grünen Druckerei machen ließen.
Unsere Hoffnung lag in einer Jahreskooperation mit einer Druckerei, die es uns ermöglicht, zumindest Teile unserer Produktionen umzustellen. Aber die Hoffnung hat sich auch rasch zerschlagen. Fazit: Unsere Drucksorten komplett grün und regional produzieren zu lassen, würde uns knapp das Doppelte kosten, als wie bisher die Sachen aus Deutschland kommen zu lassen. Wir haben mit einem budgetären Mehraufwand gerechnet und den auch schon eingeplant, aber diese tatsächlichen Mehrkosten können wir als Verein einfach nicht tragen. Ein Rückschlag.
Dabei ist es so simpel
Just bei der nächsten Bestellung bei unserer Onlinedruckerei entdecke ich im Bestellformular etwas Neues: Ich kann auch „klimaneutral“ drucken lassen! Ja sowas. Gibt’s denn das? Funktionieren tut das so: Zur Kompensation der Treibhausgase, die für die Produktion unseres Auftrages anfallen (Zahlen werden auch gleich mitgeliefert: Für unser letztes Plakat waren es 9,906 kg CO2), wird als Ausgleich ein Geldbetrag an ein schönes Projekt in der Welt gespendet. Da kann man sich auch gleich aussuchen, was man unterstützt. Ich habe „Wasserkraft, Renun in Indonesien“ angeklickt und …s chwupp! Schon war ich ein besserer Mensch. Schon in der nächsten Sekunde konnte ich mir ein Logo generieren lassen, das meine Poster als „grün“ ausweist und ich konnte mir sogar gleich ein Zertifikat runterladen und ausdrucken. Eine Urkunde, die mir bescheinigt, dass ich mit „CO2 Äquivalenten von 9,906 kg“ meine kleine Umweltsünde schon kompensiert habe. Und das mit nur einem Klick? Für was habe ich mit den Druckereien verhandelt, all der Aufwand und dann: nur ein Klick und schon ist alles gut. Gibt es den Begriff „Convenient Conscience“ schon? Das haben die aber schon sehr geschickt für mich angelegt.
Dabei darf man nicht vergessen, dass dieses geile, günstige, gute, grüne Gewissen natürlich auch kostet. In diesem Fall: 24 Cent. Das war ja einfach. Zu einfach.
Conrad
(Verantwortlich für Kommunikation und PR im Verein Jugend & Kultur Wiener Neustadt, der das Triebwerk seit 1996 betreibt)