Welche Art von Teetrinker bist du?

Jaja, die Teekanne macht den Tee. Aber wer trinkt ihn und wie? BIORAMA klärt auf über Aromen und sprachliche Unschärfe. Denn richtiger Tee stammt ausschließlich vom Teestrauch. 

Übrigens: Landläufig spricht von Tee, wer (Heil-)Pflanzenteile mit kochendem Wasser aufgießt. Profis bezeichnen nur als Tee, was vom Teestrauch (Camelia sinensis oder Camelia assamica) stammt, also Weißen, Grünen oder Schwarzen Tee. Die Österreicher trinken pro Kopf 500–550 Gramm Kräuter- und Früchtetee, 250 Gramm (trockenes Blatt) »echten Tee«, ident mit Deutschland. Ausreißer sind da die Ostfriesen. Den Rekord beim Tee-Genuss in Europa hält: Irland. Nach Wasser ist Tee übrigens das weltweit am meisten konsumierte Getränk.

Teekenner

… genießen und verfügen über umfassendes Hintergrundwissen, wie und wo Tee angebaut, geerntet und weiterverarbeitet wird. Sie haben ein Lieblings-Teegeschäft, wo sie Qualität, eine exklusive Teemischung und gute Beratung bekommen und probieren gerne neue Sorten und Aromen aus. Sie benutzen Teezubehör: hübsche Tassen, edle Kannen und etwas verschämt auch rasch unansehnlich braun verfärbte Teenetze oder -zangen. Statusbewusste sind als Buchstabierer bekannt: Die Abkürzungen geben Auskunft, ob z.B. nur Teeblattspitzen verarbeitet wurden, von Hand oder maschinell. Je länger die Abkürzung auf der Dose, desto besser muss das Zeug sein. Ungeschlagen in diesem Spiel: SFTGFOP steht für Special Finest Tippy Golden Flowery Orange Pekoe. Was die Buchstabenfolge wirklich bedeutet, wusste man mal für fünf Minuten. Zweiter Gradmesser ist die magische Sieben-Euro-Marke: ab diesem Preis pro hundert Gramm muss der Tee was können.

Die Nicht-Kaffeetrinker

… setzen ebenfalls auf Koffein, um das tägliche Pensum durchzudrücken. Sie beziehen es lediglich aus dem anderen schwarzen Heißgetränk. Das unbearbeitete Teeblatt enthält bis zu 4,5 Prozent des Alkaloids als Mengenanteil. Weil sich Schwarzteetrinker in der Minderheit wähnen – die Nichtexistenz von Tee- im Vergleich zu Kaffeeautomaten gibt ihnen Recht –, bringen sie ihr Aufputschmittel zur Jause als Gastgeschenk mit, um keine Überraschungen beim nachmittäglichen Leistungsabfall zu erleben. Vorlieben können versteckte Seiten ans Licht bringen: Eine dynamische Bankerin schätzt vielleicht stark aufgebrühten Assam Herrentee, ein 1,95 Meter großer Kraftmeier unter Umständen Lady Grey (Schwarztee mit Orangen- und Zitronenschale & Bergamotte) im Beutel. Eine Sonderform ist der »Teefrühstücker«. Er setzt nur morgens auf die Wachkraft aus der Porzellankanne und kauft seine Sorte in großen Mengen. Tagsüber trinkt er Kaffee.

bikini

Die Bikinifigur-Teetrinker 

… saufen, wenn es dem Zweck dient, literweise Brennnesseltee, Entschlackungstee oder Basentee. Vielleicht erinnert sich noch jemand an Pu-erh? Dieser Tee macht schlank, stinkt als Rohware aber wie Pferdemist. Wer Pfunde verlieren will und »harte Selbstdisziplin in eine leichte Übung zum Wohle des Körpers verwandeln will«, wie es im Werbesprech heißt, setzt auf Mondkur-Sets für die vier Phasen des Erdbegleiters. Manche Jungmutter begleitet Fenchel- und Anistee, der Blähungen verhindern und die Milchproduktion fördern soll. Für Studierende im Prüfungsstress, sofern sie nicht Methylphenidat verfallen sind, empfiehlt sich Grüner Tee, Mate oder Matcha für gesteigerte Aufmerksamkeit.

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Der Engländer

… trinkt tea with milk. Die Schlacken an der Teekanne, deren Farbe vielleicht einmal weiß war, bleiben. Nur Banausen schrubben sie ab oder stecken das Behältnis in die Spülmaschine. Welche Sorte? Assam oder Darjeeling – what else? Das Kännchen Milch dezent zwischen Zeigefinger und Daumen eingeklemmt, spalten sich an einer Frage die Geister: MIF oder TIF? Kurz für milk in first  oder tea in first?

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Die „Du trinkst, was du pflückst“-Fraktion

… muss sich notgedrungen auf heimische Heilpflanzen oder wohlschmeckende Blätter beschränken, da der Teestrauch nur in tropischen und subtropischen Gefilden gedeiht. Sie gehen selbst sammeln. Brombeerblätter, Brennnessel, Hagebutte, Kamille, Salbei, Pfefferminze wächst oft genug am Wegesrand. In Acht nehmen müssen sie sich vor unerwünschten Hundepipi-Aromen, wobei deren Gesundheitseffekte vielleicht einfach nur ungenügend erforscht sind. Alles, was nicht von der Teepflanze abstammt, ist streng genommen kein Tee, sondern ein Früchte- und Kräuteraufguss. Fließende Übergänge bestehen zur Esoterikfraktion, die nur zu bestimmten Mondphasen sammeln geht.

saisonal

Die saisonalen Tee-Trinker

… beschränken ihren Teekonsum auf die kalte Jahreszeit und möchten mit puren Tee-Aromen möglichst wenig zu tun haben. Sie erfreuen sich an aromatisierten Früchtetees mit Zimt, Bratapfel oder Tannennadel. Zucker, Milch, Honig, Kandis – immer nur her damit. Die winterlichen Sondereditionen gibt es im praktischen Beutel für tassenweisen Genuss. Wenn sich die Zehen gar nicht mehr erwärmen wollen, tut ein Schuss Rum gute Dienste. Auch für das beliebte adventliche Heißgetränk Punsch kommt bei Selbermachern gerne Tee als Basis in den Topf. Apropos Aroma: Earl Grey, Schwarztee mit Bergamotte-Öl, ist in Österreich eine der beliebtesten Sorten.

Bubble-Tea-Trinker

Bubbble-Tea ist ein Unterhaltungsprogramm und das Tamagotchi unter den Teegetränken. Gesüßter Grüner oder Schwarzer Tee wird mit Milch oder Fruchtsirup wie ein Milkshake zubereitet. Mit dem Strohhalm können flüssig gefüllte, farbige Kügelchen aufgesaugt werden, die beim Zerbeißen platzen. Im Zuge des gesellschaftlichen Jugendkults hat sich das In-Getränk durch die Zielgruppen von den Schulkindern bis zu den jung gebliebenen Erwachsene vorgearbeitet – wie Hello-Kitty-T-Shirts und Handyanhänger. Ein Trend, der vermutlich nicht Jahrtausende halten wird im Gegensatz zur Teezeremonie.

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»Ich-trink’-Tee-nur-wenn-ich-krank-bin«-Teetrinker

42 Grad Fieber, nicht etwa Wassertemperatur, ist der Moment, wo auch Teeverweigerer zum Aufguss greifen. Den Tee bezieht der Kaffeetrinker auf wohlmeinenden Rat aus der Apotheke. Halsweh wird mit Salbei bekämpft, Bauchweh mit Käspappel, Husten mit Thymiantee (olfaktorische Schweinsbraten-Fata Morgana inklusive), Erkältung mit Gänsefingerkraut oder Lindenblüte.

Der Grüne Schnabel

… ist erstaunlich vielfältig. Er wird er von der Assistentin in männlich geprägten Chefetagen serviert, weil die Manager vom TCM-Guru gehört haben, dass sich mit Grünem Tee lässliche Alkohol- und Schweinsbraten-Sünden kompensieren lassen. Einfach einen Tag Grüntee, einen Tag gesellschaftliche Verpflichtungen. Je nach Qualität kann der Tee zwei bis viermal aufgegossen werden und schmeckt beim dritten Mal erst richtig. Fragt sich nur, wer Aufguss eins und zwei bekommt. Er braucht etwas mehr Fingerspitzengefühl, da das Wasser nicht sprudelnd kochen darf (außer man nennt einen Wasserkocher mit Temperaturvorwahl sein Eigen). Grüntee trinken auch jene, die gesundheitsbewusst leben, aber nicht einschlafen möchten. Gunpowder, Dragon Pearls oder Genmaicha klingen schon wie ein Energydrink. Dazu Kräutertee und spezielle Wellness-Tees, wobei Bio-Produkte bevorzugt werden.

Der Eistee-Trinker

Eine Klasse für sich: Selbstgemachter Eistee im Krug ist eine kühle, kohlensäurefreie Erfrischung für heiße Tage. Auf Zeitnot und Ungeduld, die dem Prozess des Erhitzens und dann wieder Abkühlens abträglich sind, hat die Convenience-Industrie bereits mit Eisteebeuteln reagiert, die kalt aufgegossen werden können. Was in PET-Flasche und Getränkekarton fertig angeboten wird, ist allerdings eher Limonade. Für einen echten Teetrinker also ungefähr so wie Pfirsichspritzer für Weinliebhaber.

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Der Zeremonienmeister

… erklärt die Tee-Zubereitung zu einem weihevollen Vorgang, der keine Ablenkung duldet und buddhistische Fokussierung auf das Hier und Jetzt erfordert. Vorgewärmte kleine Teekannen (1-2 dl) aus Ton, ein Tablett, Tässchen, die gerade mal einen Schluck fassen, Teebesteck (Sieb, Schaufel, Trichter, Zange, Stocher und Nadel), um Pulver oder Blätter (Oolong, Grüner, Gelber oder Weißer Tee)  in den Griff zu bekommen, aber nicht zu berühren. Wiegen, waschen, aufsprudeln, Ziehzeit und Wassertemperatur abstimmen. In Teetrinkernationen wie China und Japan hat die Zeremonie mehrere Namen, ist aber immer eine gepflegte Form der Gastfreundschaft.

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