Taste Austria: Die neue Plattform für kulinarische Kleinbetriebe
Mit Taste Austria geht demnächst eine neue Plattform online, die sich als Vernetzungs-Medium zwischen kleinen Lebensmittelproduzenten und ihren (zukünftigen) Konsumenten sieht.
Nina Mohimi und Dani Terbu stehen hinter diesem Projekt. Sie sind auch die Gründerinnen der Coolinary Society, die wiederum als Verknüpfungspunkt von kulinarisch versierten und interessierten Menschen fungiert, seien es nun Blogger, Erzeuger oder Gastronomen. In Kürze wird auch der Tastemakers Award verliehen. Dieser Preis zeichnet besonders engagierte Kleinproduzenten aus (und BIORAMA vergibt übrigens den BIORAMA Innovationspreis an die ganz besonders innovative Bewerbung). Nina Mohimi stand der BIORAMA-Redaktion Rede und Antwort und vermittelte überzeugend Wesen und Zielsetzung von Taste Austria und dem Tastemakers Award.
BIORAMA: Was macht den besonderen Geschmack eines Tastemaker-Produktes aus?
Nina Mohimi: Der Gesamteindruck muss stimmen. Unabhängig davon, dass es gut schmeckt, gut riecht und gut aussieht – es soll ein Produkt sein, das einem Freude macht. Man merkt, dass es mit Leidenschaft hergestellt worden ist und es kein generisches Fabriksprodukt ist. Man weiß einfach, dass es, wenn man es anschaut, es öffnet, wenn man es schmeckt und riecht, von jemandem gemacht worden ist, der auch Spaß dran hat und dem es wichtig ist, was er da herstellt.
Wie wird man als Produzent bzw. Betrieb überhaupt zum Tastemaker?
Rein digital: Indem man sich einfach anmeldet oder sich registrieren lässt bzw. wenn es einen Kunden gibt, der die Produzenten kennt und auf der Seite registriert. Der Prozess läuft so ab: Wir schauen uns die ganzen Einreichungen an und wenn wir den Betrieb überhaupt nicht kennen, versuchen wir herumzufragen, ob das Produkt jemand kennt oder ob davon schon jemand einmal gehört hat, damit wir ein bisschen die Idee davon bekommen, ob es zu uns passt, oder nicht. Wenn es eine Homepage gibt, werfen wir natürlich da einen Blick drauf und versuchen herauszufinden, was die Vision hinter dem Betrieb ist, ob das übereinstimmt mit den Kriterien, die wir uns ausgedacht haben. Es ist so, dass quasi gut ein Drittel von den Taste-Austria-Produzenten noch gar keine Homepage hat. Entweder das Produkt wirkt auf uns so plausibel, dass wir es online stellen und so quasi einmal schauen, wie das Feedback dazu ist oder wir fahren einfach vorbei, was wir sehr häufig machen.
Dazu auch meine nächste Frage: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Habt ihr auch generell Besuche bei den Produzenten von Taste Austria vor, um deren Arbeit bzw. Produkte vor Ort unter die Lupe zu nehmen?
Betriebsbesuche gibt es, ja. Wir werden es natürlich nicht schaffen, dass wir jetzt sofort alle besuchen. Aber wir kennen auch recht viele Produzenten, die für den Tastemakers-Award eingereicht worden sind. Wir möchten das mit den Besuchen schon auch weiterhin so halten. Das ist jetzt gar nicht zu Kontrollzwecken – wir sind ja kein Gütesiegel oder etwas in der Art. Aber auch einfach, um die Leute kennen zu lernen, denn im Endeffekt geht es ja um die Leute.
Die Hintergrundmotivation ist für uns von Bedeutung. Und es soll auch im Laufe der Zeit so einiges an Warenkunde ergänzt werden. Ich glaube, dass es sehr viele Stadtkinder – so wie mich – gibt, die eigentlich gar nicht mehr so recht wissen, wann zum Beispiel eine Frucht reif ist und wie genau sie dann ausschaut. Wir versuchen halt im Laufe der Zeit, alle Produzenten so weit zu ergänzen, dass sie uns auch zur Warenkunde ihres Produktes ein bisschen was erzählen.
Die Ansprüche an die Tastmaker sind hoch. Gibt es auch Unterstützungs-Tools für potenzielle Anbieter, um diesen Ansprüchen zukünftig gerecht zu werden?
Das war jetzt noch kein Gedanke von uns, aber wir sind da ganz offen. Wir machen auch das Foodcamp, das ist eine Foodblogger-Konferenz, die größte deutschsprachige, die es gibt. Dort haben kulinarische Start-ups die Möglichkeit, ihre Produkte zu präsentieren und ein Feedback aus der Blogger-Community zu bekommen. Man könnte auch eine Erstverkostung machen. Wir werden sowieso Taste Austria als Plattform beim nächsten Foodcamp noch stärker einbinden.
Taste Austria versteht sich als Plattform für Klein(st)betriebe. Welche Größe hat für dich ein Klein(st)betrieb? Ab welcher Größe fällt ein Betrieb für dich aus diesem Schema hinaus?
Für uns war eine der Voraussetzungen, dass ein Produkt jetzt nicht in einem gängigen Supermarkt erhältlich ist. So sind die Betriebe vermutlich Klein- und Kleinstbetriebe. Ein Kleinstbetrieb wäre für mich ein Produzent, der zum Beispiel mit Obst aus seinem Kleingarten eine ganz besondere Marmelade herstellt und die ist so gut, dass man sie kennt. In einem Regionalregal darf das Produkt auch vertreten sein, aber jetzt nicht im großen Stil und österreichweit in einer Handelskette. Wir wollen diese kleinen Betriebe fördern. Wir möchten nicht, dass sie im Endeffekt 90% von ihren Einnahmen verlieren, weil sie mit einem Konzern zusammen arbeiten. Wir versuchen zu bewerkstelligen, dass den Produzenten möglichst viel von den Einnahmen aus ihrem Produkt übrig bleiben. Daher wollen wir sie bekannt machen und auch bekannt machen, wo man ihre Produkte überall bekommt. Wir haben schon mit sehr vielen Produzenten gesprochen und das generelle Feedback war, dass es zwar gut ist, wenn ein Handelskonzern Interesse hat, aber sie verdienen halt so gut wie nichts an ihren Erzeugnissen. Dani und ich wollen, dass ihnen unsere Plattform wirklich etwas bringt.
Sind auch Veranstaltungen, wie etwa „Tage des offenen Betriebes“ etc. geplant, um den direkten Kontakt zwischen Produzenten und Konsumenten herzustellen? Oder versteht ihr euch als reines Online-Medium?
Es wird im Laufe des nächsten Jahres einige Veranstaltungen geben, bei denen wir Ähnliches andenken. Das ist jetzt allerdings noch offen. Das ist eine Idee, die die Dani und ich im Kopf haben und erfahrungsgemäß machen wir die Dinge dann auch, die wir im Kopf haben. Aber das Ganze ist noch nicht ausgereift. Grundsätzlich haben wir schon vor, Veranstaltungen zu machen.
Gesund, biologisch, fair – diesen drei Eckpunkten sieht sich die Plattform verpflichtet. Wie wollt ihr den Durchschnittskonsumenten, der in diesem Feld noch nicht sonderlich bewandert ist, erreichen? Wie wollt ihr ihn auf den Geschmack bringen? Wie bist du selbst auf den Geschmack gekommen?
In Bezug auf gesund: Es ist jetzt nicht so, dass wir eine Fingerzeig-Methode entwickelt haben, oder so etwas. „Gesund“ ist für uns eine Filtermöglichkeit. Es gibt verschiedene Optionen, wie zum Beispiel, dass ein Produkt gluten- oder laktosefrei sein muss. Das sind Filteroptionen, die wir anbieten, damit auch wirklich jeder ein Produkt findet, das zu ihm passt. Zusätzlich gibt es dann auch noch die Möglichkeiten vegetarisch, vegan etc. Die Nutzer unserer Plattform sollen wirklich die Möglichkeit haben, für sich auszuwählen.
Entstanden ist das Ganze, weil wir immer nach einer Alternative zum Supermarkt gesucht haben. Dort ist es langweilig, vom Kauferlebnis her, und wir waren auch von der Qualität nicht überzeugt. Außerdem habe ich nie verstanden, warum ich Bio-Zwiebeln aus Italien kaufen soll, wenn es in Österreich welche gibt. Es waren einige Aspekte, die bei uns so zusammen gekommen sind und dann war da dieses: „Hmmm, wo kriege ich meine Produkte jetzt her?“ Meistens funktionierte das dann über Mundpropaganda. Wir haben des Weiteren einfach von uns auf alle anderen geschlossen und haben gemeint, wenn wir das Problem mit den Alternativen zum Supermarkt haben, dann haben andere das auch. Und es hat mich dann auch immer ein bisschen traurig gemacht, dass, wenn man einen guten Produzenten entdeckt hat, dass den noch niemand kennt. Ich meine, sie stecken ja viel Zeit, Liebe und Leidenschaft in ihre Produkte. Und wenn dann keiner davon erfährt … Wir versuchen es mit unserer Plattform etwas bequemer zu machen, diese Produzenten zu finden. Und dann hat man eine Ausrede weniger, nicht direkt bei den Produzenten zu kaufen.
Endspurt für den Tastemakers Award 2014! Einreichungen noch bis 30. September 2014 unter www.coolinarysociety.com/tastemakers-einreichungen