Tag 7: Erste Zwischenbilanz

Die erste Woche war teilweise einfacher, teilweise schwieriger als erwartet. Zum einen ist es durchaus möglich, innerhalb der als Grenze vorgegebenen 150km Umkreis um Wien einen umfassenden Speiseplan aus lokalen Waren zusammenzustellen: Die landwirtschaftliche Umgebung der Hauptstadt gibt einiges her, und gerade im Frühling kommen wunderbare Dinge zum Vorschein (wie der eben zum Abendessen verzehrte Marchfeld-Biospargel eindrücklich zeigt.) Zudem bringt die selbst auferlegte Reduktion der Zutaten einen dazu, neue Köstlichkeiten zu entdecken (ich entwickle mich etwa grade zum Emmer-Fan).

Problematisch wird es, wenn Lebensmittel mehrere Stationen zwischen Rohstoff und Regal hinter sich haben – ich versuche, hauptsächlich Biobrot zu essen, dessen Zutaten aus Waldviertel oder Burgenland stammen, aber hier letzte Regional-Sicherheit zu haben, ist kaum möglich. Ähnliches gilt für Nudeln und ähnliche Produkte; Getreidebasierte Rohstoffe (Polenta, Grieß, Haferflocken etc.) wären sicher aus regionaler Quelle zu bekommen, woher genau, muss ich aber noch herausfinden: Die Bioläden- und Supermarktregale, die ich bis jetzt durchforstete, hatten vor allem deutsche Waren im Sortiment. Die Herausforderung, zu Laden B, C oder D zu rennen, wenn Laden A das gewünschte Regional-Produkt nicht führt, ist groß, wenn man nicht übermäßig viel Zeit hat (und wer hat das schon?)

Enorm schwierig ist es auch, konsequent zu bleiben, wenn man sein Essen nicht selbst zubereitet: Obwohl der Koch im Bioladen St. Josef, wo ich heute zum Mittagessen einkehrte, beteuerte, möglichst viel aus der Umgebung zu kaufen, konnte er für das aufgetischte Menü seine Hand nicht ins Feuer legen: So verwendete er etwa Quinoa aus Südamerika. So ist die erste Woche nicht frei von „Sünden“, oder sagen wir, „Abweichungen“: Die Schinkenfleckerl, die ich in einem Kremser Gasthaus kurz vor dem Donaufestival-Besuch verzehrte, waren vielleicht nicht ganz regional, aber der Hunger quälte mich zu sehr, um lange zu suchen. Einmal gab’s Reis, einmal Polenta – Herkunft nicht 100ig zu belegen. Die Sinnhaftigkeit des Regional-Dogmas ist in solchen Situationen schon zu bezweifeln, und wie erste Kommentare zeigen, ist auf dem Weg zur „richtigen“ Ernährung nicht nur ein kurzer Transportweg das oberste Ziel: CO2-Rucksäcke müssen relativ zur Menge berechnet werden, der Herstellungsprozess spielt eine Rolle, und so weiter. All das soll in den kommenden Wochen verstärkt hier Thema sein.

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