Sustainable Couch für eine nachhaltigere Welt

Eine gratis Couch zum Schlafen, kultureller Austausch inklusive: Gastfreundschaftsnetzwerke wie CouchSurfing oder Hospitality Club begeistern Millionen von Mitgliedern. Ein neues Projekt gibt der „hospex“-Welt jetzt einen Nachhaltigkeits-Impuls: die „Sustainable Couch“!

„Was heißt Fair-Trade?“ fragt Flor, eine Zahnärztin aus Mexico, im Weltcafé in Wien – entwicklungspolitische Bildungsarbeit nach einer dreistündigen Sightseeing-Tour.

„Sustainable Couch“ will einige Aspekte der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit in die bunte Welt der „hospitality services“ (siehe Kasten) bringen. Diese internetbasierten Gastfreundschaftsnetwerke sind mittlerweile fixer Bestandteil der Reiseplanung von vielen Reisenden.

Das berühmteste unter ihnen, CouchSurfing (CS), ist mit seinen rund drei Millionen Mitgliedern weltweit die unschlagbare Nr. 1. Tendenz stark steigend.

Das Konzept ist simpel: Nach einer kostenlosen Registrierung online und der Erstellung eines Profils kann jedeR CouchsurferIn beginnen, Gäste in der eigenen Wohnung aufzunehmen bzw. Couch-Anfragen für die eigene Reise zu senden.

Das Ziel besteht nicht nur darin, eine kostenlose Unterkunft zu bekommen, sondern viel mehr geht es um einen kulturellen Austausch zwischen host (GastgeberIn) und guest (Gast). Während in den ersten Jahren CS – gegründet 2003 vom Amerikaner Casey Fanton – vorwiegend in den USA, in Europa und in Australien verbreitet war, wachsen die Mitgliederzahlen auch in Lateinamerika, Afrika und Asien rasant.

Couch surfen erzeugt oftmals Kopfschütteln: Wie ist möglich, fremden Menschen einfach Tür und Tor zu öffnen? Couchsurfer behaupten: Es geht um Grundvertrauen. CouchSurfing kann dabei helfen, die Freude und die Schönheit der Gastfreundschaft wieder zu entdecken, als Gastgeber und als Gast.

Was für eine Rolle spielt Nachhaltigkeit bei CouchSurfing und ähnlichen Netzwerken? Bis jetzt eine relativ geringe, wenn man bedenkt, dass die Hauptaktivität der Mitglieder Reisen ist, und dass dies oft mit Flugzeug erfolgt.

Die Begebenheit mit Flor hat vor zwei Jahren dazu geführt, eine Coauchsurfing-Nachhaltigkeitsgruppe zu gründen Seither hat diese Gruppe mehr als 50 Events organisiert: Neben naheliegenden Themen wie Ernährung, Mobilität und Energie, entstand auch Platz für jede Menge andere Aspekte wie soziale Gerechtigkeit, Gender, Volontariat, ethische Finanz, geldfreie Tauschkultur, etc.

Und irgendwann hat es dann klick! gemacht: Was in Wien geschieht, kann doch überall auf der Welt realisiert werden! Das war die Geburtsstunde von „Sustainable Couch“. Das Projekt animiert hosts und guests, ihre Gastfreundschaftserfahrungen nachhaltiger und bewusster zu gestalten. Die Webseite www.sustainablecouch.org, die seit März 2011 online ist und schon mehr als 100 Mitgliedern hat, bietet dafür praktische Vorschläge für die verschiedenen Rolle an:

Michael stellt als host seinen Gästen eine Stadtkarte sowie ein Fahrrad zur Verfügung. Julia kocht als Surferin zusammen mit ihrem host ein Essen aus lokalen und saisonalen Zutaten, nachdem sie zusammen am lokalen Markt eingekauft haben.

Ben und Teresa, Mitglieder der lokalen Vienna sustainable community, organisieren ein Nachhaltigkeitsquiz und Straßenaktionen. Außerdem bringen sie zu jedem Treffen eine Free Box mit, um Objekte gratis auszutauschen.

Dabei betont Sustainable Couch: Es ist nicht notwendig, einE NachhaltigkeitsexpertIn zu sein – JedeR kann aktiv werden und dabei Spaß haben, nach dem Motto „be informed, share information, get active and have fun“.

Ein halbes Jahr später kommt eine Mail von Flor: Während ihrer mehrmonatigen Reise in Europa hat sie immer wieder Fair-Trade Produkte gekauft. Und: Sie will davon auch ihrer Familie und ihren Freunden in Mexiko-Stadt erzählen.

WebsiteNewsletterJahresbericht 2010 der Vienna Sustainability Group

Kasten Hospitality Services (hospex)

Hospex sind internationale Gastfreundschaftsnetzwerke, die aus Privatpersonen bestehen, die Reisende für einen begrenzten Zeitraum kostenlos bei sich aufnehmen. Symbolisch für diese Übernachtungsmöglichkeit steht eine Couch. Die „Couch-Suche“ erfolgt online. Ein Bewertungssystem garantiert die Sicherheit für Gäste und GastgeberInnen. Hier einige der bekanntesten hospex weltweit:

CouchSurfing (www.couchsurfing.org): Erst 2003 gegründet, ist es mittlerweile das größte und berühmteste internetbasierte Gastfreundschaftsnetwerk. Mit fast drei Millionen Mitgliedern in 224 Ländern und Territorien und einer extrem lebendigen Community ist CouchSurfing vor allem unter den Jüngeren sehr beliebt.

Hospitality Club (www.hospitalityclub.org): Seit dem Jahr 2000 online, konzentriert es sich auf die Hosting/Surfing Komponente und überzeugt mit seinem sicheren und einfachen Couch-Request-System.

Servas (http://austria.servas.org): Der Name könnte einen österreichischen Ursprung vermuten lassen. Das älteste Gastfreundschaftsnetzwerk wurde jedoch 1949 vom Amerikaner Bob Lutweiler gegründet. Seit 2000 auch online, ist dieses Netwerk im kleineren Rahmen tätig und setzt sich für den Frieden zwischen den Völkern ein.

Autor: Massimiliano Schilirò, Gründer des Projekts „Sustainable Couch“ und leidenschaftlicher Couchsurfer, verlässt Wien nach vier Jahren Arbeit in einer NGO und ist ab September für zwei Jahre auf Amerika-Reise.