Street Art zum Anziehen – Wiener Stoff

Otto Girsch - El Lasso; Bild: Zsolt Marton

Otto Girsch – El Lasso; Bild: ZsoltMARTON

Street Art wird auf allem gemacht, was sich im öffentlichen Raum dafür anbietet – Wände, Brücken, Straßen. Warum nicht auch T-Shirts? Immerhin ergeben die T-Shirts von Passanten ziemlich viel Fläche. Otto Girsch alias El Lasso und Leonhard Weidinger haben sich diese Idee zum Ideal gemacht und verkaufen mit ihrem Label Wiener Stoff nun fairtrade T-Shirts mit Street Art Prints.

BIORAMA: Wiener Stoff will Street Art auf T-Shirts bringen – was gefällt euch so an der Idee?

Leonhard Weidinger: Wir wollen der Street Art und den Künstlern eine neue Bühne bieten. Street-Art-Künstler bekommen die Möglichkeit, ihre Werke auf unseren Produkten zu präsentieren und sollen dafür angemessen entlohnt werden.

Otto Girsch: Street Art ist ein breit gefächerter Begriff. Die Motive und der Zugang der Leute sind unterschiedlich. Worauf man seine Motive setzt, ist jedem selbst überlassen – warum nicht auch auf T-Shirts? Beim Verkauf geht es uns vor allem darum, dass diejenigen etwas davon haben, die das Produkt gemacht haben.

Otto Girsch (links) und Leonhard Weidinger; Bild: Zsolt Marton

Otto Girsch (links) und Leonhard Weidinger; Bild: ZsoltMARTON

Wofür steht ihr? Welche Werte vertretet ihr?

Otto Girsch: Fairness, Freundschaft und Leidenschaft waren für uns in diesem Umfeld immer wichtig. Uns geht es darum, Leute zu unterstützen, die wir persönlich kennen und bei denen wir wissen, welche Werte sie vertreten. Der gemeinsame Zugang zu einem Projekt soll im Vordergrund stehen, denn gemeinsam kann man viel bewegen – was Graffiti und auch Street Art zeigen. Man sitzt im selben Boot und hält zusammen, das wird heutzutage oft vernachlässigt. „Zusammenhalten“ ist auch mit ein Grund, warum wir pro verkauftem Shirt 1 € an die Wiener Gruft spenden.

Wieso habt ihr euch entschieden, euer Unternehmen, oder eben die erste Kollektion durch Crowdfunding zu finanzieren?

Leonhard Weidinger: Ich komme aus der Musikbranche und bin, was die Finanzierung von Projekten angeht, ein gezeichnetes Kind. Jeder, der in Österreich ein Musikprojekt auf die Beine gestellt hat, weiß wovon ich rede. Ich habe Startnext zufällig beim Surfen entdeckt und mich immer wieder in diverse Projekte eingelesen. Nach und nach habe ich verstanden, welchen enormen Vorteil man über Crowdfunding hat. Crowdfunding hat viele Vorteile: einerseits der finanzielle Aspekt, also dass man einen Teil seiner Produkte schon vor der Produktion an seine ersten Kunden verkauft. Man bekommt aber auch laufend Feedback von Unterstützern, die an dein Projekt glauben. Auf diese Weise entsteht eine ganz spezielle Dynamik.

Das Funding-Ziel habt ihr erreicht. Seid ihr zufrieden?

Otto Girsch: Natürlich sind wir zufrieden. Aber das war erst der Anfang für Wiener Stoff und wir haben uns schon einige weitere Ziele gesteckt. Was es für mich auch wieder interessant macht, denn solange man sich neue Ziele setzen kann, ist es interessant mit dieser Materie zu arbeiten. Wir freuen uns den ersten Schritt geschafft zu haben, aber es sind noch weitere notwendig.

Was sind das für Ziele? 

Otto Girsch: Wir möchten vorerst eine Auflage von etwa 250 Shirts produzieren und diese im Zuge einer Ausstellung oder eines Pop-Up-Stores präsentieren und verkaufen. Vielleicht entsteht eine kleine Kunstsammler-Szene dieser T-Shirts. Ein weiteres Ziel ist es natürlich auch für sich und für seine geleistete Arbeit entlohnt zu werden.

Leonhard Weidinger: Unser Ziel ist es, alle zwei bis drei Monate eine neue Kollektion zu schaffen, uns Schritt für Schritt nachhaltig weiterzuentwickeln und schöne, individuelle Mode zu produzieren. Außerdem möchten wir bald ein eigenes Geschäftslokal betreiben und hoffen eines Tages von der Arbeit für unsere Label leben zu können.

Stofftaschen; Bild: Zsolt Marton

Stofftaschen; Bild: ZsoltMARTON

Gehen hohe Qualität, Biobaumwolle und extra designte Prints mit leistbaren T-Shirts zusammen? Die Produkte sind ja sehr günstig, macht man damit überhaupt Profit?

Leonhard Weidinger: Uns war wichtig, die erste Kollektion über Crowdfunding erfolgreich zu verwirklichen, um die besten Produktionspartner zu finden. Die Unterstützer der ersten Kollektion sind nicht ausschließlich Konsumenten, die auf das Etikett oder Zertifikate bei der Kaufentscheidung achten. Im Vordergrund stehen bei ihnen Kunst und Mode. Wir hätten uns somit schwer getan, höhere Preise zu verlangen. Uns ist klar, dass unsere Produkte in der Produktion um das Doppelte teurer sind als Standard-Produkte. Es ist für uns jedoch selbstverständlich, so weit es uns möglich ist, nachhaltige Produkte anzubieten. Wir erreichen aufgrund unserer Preise Käufer, die nicht immer auf das Etikett achten und bringen sie auf diese Weise vielleicht dazu, mit unseren Standards nachhaltige Qualität schätzen zu lernen. Unsere Preise werden sich auch in Zukunft von € 29,- aufwärts bewegen. Wir werden natürlich über kurz oder lang auch Produkte aus Modal oder Leinen anbieten. Die Verwendung dieser Materialien wird sich dann auch in einem höheren Preissegment wiederspiegeln.

Welche Zertifikate haben eure T-Shirts und woher bezieht ihr sie?

Leonhard Weidinger: Die Shirts unserer ersten Kollektion kommen fertig genäht aus Belgien. Für uns war klar, dass wir nachhaltige Biobaumwoll-Shirts aus fairer Produktion für unsere Produkte verwenden möchten. Das Problem war Biobaumwoll-Shirts mit zeitgemäßen Schnitten zu finden. Wir sind fündig geworden und haben uns für Stanley & Stella entschieden. Die stimmen mit unseren Werten wie Fairness und Nachhaltigkeit sowie den Qualitätsstandards überein. Die Zugehörigkeit zur Fairwear Foundation sowie ihre anspruchsvollen Zertifizierungen wie GOTS, OCS 100, OCS Blended, OEKOTEX® und REACH haben uns überzeugt, guten Gewissens mit ihnen zusammenarbeiten zu können.

Siebdruck; Bild: Zsolt Marton

Siebdruck; Bild: ZsoltMARTON

Wie sieht euer Arbeitsplatz aus? Das Kaffeehaus, die eigene Wohnung oder schon eine eigene Werkstatt?

Otto Girsch: Mein Arbeitsplatz ist sehr unterschiedlich. Ich besitze zwar ein Atelier, wo ich auch viel arbeite, meine Inspiration und meine Ideen sind aber an keinen Platz gebunden. Sie kommen an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Momenten, daher gibt es eigentlich keinen Arbeitsplatz im klassischen Sinn. Manchmal ist es der Moment, der mir meinen Arbeitsplatz zeigt. Natürlich gibt es Orte, die von ihrer Beschaffenheit sehr gut geeignet sind, um gewisse Sachen umzusetzen. Hier zählen mein Atelier und mein Tisch zu Hause zu meinen Favoriten.

Leonhard Weidinger: Ich arbeite meist von zu Hause aus, Besprechungen bezüglich unserer nächsten Schritte finden aber an ganz unterschiedlichen Orten statt. Wenn alles nach Plan läuft möchten wir, sobald es finanziell möglich ist, ein kleines Geschäftslokal mieten.

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