Flaschendrehen
Speiseöl in der Pfandflasche aus Glas. Geht es nach dem Berliner Start-up Dotch, wird das Standard.
»Als der Krieg ausgebrochen ist, waren wir schon in der Umsetzung«, sagt Veronika Pfender. Die Glaskrise, die der russische Einmarsch in die Ukraine ausgelöst hat – einerseits durch gestiegene Energiepreise, andererseits durch zerstörte ukrainische Glashütten, die davor im großen Stil Gläser und Flaschen exportiert hatten – all das hat die Idee von Veronika Pfender und ihren beiden Geschäftspartnern allerdings noch einmal befeuert. Denn die Einführung eines Pfand- und Mehrwegsystems für Speiseölflaschen ist nicht nur ein Gebot der Kreislaufwirtschaft. Wenn eine leere Ölflasche bis zu fünfzig Mal zurückgenommen, gewaschen und wieder befüllt wird, dann senkt das nicht nur die CO2-Emissionen; weil Reinigung und Logistik weniger Ressourcen brauchen als das dauernde Sammeln, Sortieren und Einschmelzen von Altglas, um daraus wieder neue Gebinde zu gießen. Ein geschlossener Mehrwegkreislauf macht die Ölproduktion auch weniger anfällig von außen – und günstiger. »Durch die deutlich seltenere Neuproduktion von Flaschen werden wir den Ölmühlen langfristig eine Preisstabilität und auch geringere Preise bieten können, als es bei Einwegglas der Fall ist«, ist Pfender überzeugt. Ihre unverwechselbare Mehrwegflasche hört auf den Namen »Dotch«, eine Abkürzung für »do the change«. Die Flasche ist aus antikgrünem Glas, schützt den kostbaren Inhalt damit vor Licht, erhöht die Haltbarkeit und hat eine innen leicht konkave Flaschenmündung. Damit lässt sich im Flaschenhals ein Kunststoffausgießer anbringen, damit die Flasche beim Ausgießen nicht tropft. Außerdem ist die Form der »Dotch«-Flasche unverwechselbar; eine Voraussetzung für die automatisierte Rücknahme.
Weil sich auch ein Systemwechsel von Einwegflaschen auf Mehrweg nicht binnen weniger Tage bewerkstelligen lässt, dauerte es trotz des kriegsbedingt gestiegenen Interesses einige Zeit bis genügend Unternehmen für die Einführung der ersten 0,5-Liter-Flasche gefunden waren. Für einen einzelnen Hersteller allein wären die Investitionen zu hoch. »Es braucht einen unabhängigen Pool, dem sich alle Ölmühlen und Ölmarken anschließen können«, erklärt die Gründerin. Auch Handelsunternehmen mussten gewonnen und Rücknahmeautomaten programmiert werden. Den Start macht nun Bio Planète, die Marke der sächsischen Ölmühle Moog. »Spätestens im Oktober soll die gesamte Lieferkette der Branche die Möglichkeit haben, das Bio-Planète-Öl in der Mehrwegflasche zu listen«, sagt Veronika Pfender. Auch andere Mühlen und Vermarkter bereiten ihre Mehrwegoffensive bereits vor. An der Entwicklung beteiligt waren etwa Mani Bläuel, Naturata und Byodo. Für den Biofachhandel hat Dotch vorerst 850.000 Flaschen vorgesehen. »Wir gehen mithilfe von logistischen Berechnungen davon aus, dass das System damit funktionieren wird«, so Pfender. Auch andere Flaschengrößen – von 250 Milliliter bis 1 Liter – sind in Vorbereitung. Auf die Biobranche möchte man sich keinesfalls beschränken. Je mehr Mühlen sich am Pool beteiligen, desto besser; auch international. Vorerst konzentriert man sich zwar auf Deutschland und nahe Märkte wie Österreich. Deutlich sichtbar ist aber die zweisprachige Aufschrift der Glasflasche: »Mehrweg« und »Reusable«.
Einen Versuch, die Fragen zu Ein- und Mehrweg zu beantworten, hat BIORAMA hier angestellt.