Sparkling Drink aus dem Teeviertel
Konanna produziert im niederösterreichischen Weinviertel alkoholarmen Natural Sparkling Tea mit der geschmacklichen Komplexität von Pet Nats.
FreundInnen von Naturwein, Pet Nats, so manchem Cider oder auch Craft Bier genießen die komplexen Geschmackswelten, die bei allen teilweise vorhandenen Parallelen in diesem Bereich möglich sind. Vor allem das wachsende Interesse an alkoholfreien Getränken hat das Spielfeld in letzter Zeit um Tee erweitert – und das eignet sich hervorragend zur Fermentation. Kombucha etwa ist bekanntlich ein in Asien seit Jahrhunderten bekanntes Getränk aus fermentiertem Tee. Für die ihm zugewiesenen Heilwirkungen gibt es bisher keine wissenschaftlichen Belege und möglicherweise ist auch die westliche Bezeichnung Kombucha schlicht und einfach eine Verwechslung: Das Getränk aus fermentiertem Tee hat wenig mit einem in Japan aus einer Kombu-Alge hergestellten Teegetränk zu tun. Dem Kombucha ist der Name bei uns trotzdem geblieben – und nun wird er weiterentwickelt, eine willkommene Alternative als Aperitif, Speisenbegleiter oder auch einfach so.
Dreifache Gärung
Tee ist zu einem Ursprung von einer Reihe von Getränken geworden, die als alkoholfreie oder -arme Ergänzung zu Schaumweinen getrunken werden. Dabei ist bei Kombucha und ähnlichen Getränken der Markt im biozertifizierten Bereich leider überschaubar. Copenhagen Sparkling Tea ist biozertifiziert und kann geschmacklich überzeugen, hier wird die Kohlensäure dem Tee aber nachträglich hinzugefügt. Muri, ebenfalls aus Kopenhagen und diversen fermentierten Früchten und Pflanzen, ist nicht bio. Ebenso wie der Combuchont von Fine-Dining-Koch Klemens Schraml (Rau) aus dem südöstlichen Oberösterreich. Gerade angekündigt wurde der alkoholfreie Traubenkombucha Embrizzo vom Bioweingut Graf Hardegg aus dem nördlichen Weinviertel. Konanna, der auf Tee basierte und flaschengegärte »Pet Nat« von Konstantin Stefanik und Anna Holzer, ist eine geschmacklich komplexe Innovation. Kern ihrer Produktionsweise ist ein in einer langen Experimentierphase entwickelter Scoby – kurz für symbiotic culture of bacteria and yeasts. Also eine gezüchtete gelatinartige Masse aus Bakterien und Hefen, die entscheidet, wie und mit welchem nicht nur geschmacklichen Ergebnis der gezuckerte Tee gärt und fermentiert wird. Dabei kommt es sowohl zu einer alkoholischen Gärung, bei der der Zucker in Ethanol umgewandelt wird, als auch einer Milchsäuregärung und einer Essiggärung. Gemeinsam ergeben diese den ausgewogenen Geschmack.
Anna und Konstantin beschäftigen sich schon lange mit Lebensmitteln und auch mit Fermentationsprozessen. Kennengelernt haben sich die beiden während des Studiums. Annas Eltern haben eine Biolandwirtschaft bei Mistelbach im niederösterreichischen Weinviertel und stellen in einer dem Hof angeschlossenen Produktionshalle unter der Marke Landspeis Biosäfte, Öle und auch Schnaps her. Neu sind die Landspeis Wunderdinger, etwa Kürbissuppe aus geretteten Biokürbissen. Mit Jungheit hat ihre Mutter eine Biokosmetiklinie. Anna ist ausgebildete Lebensmitteltechnikerin. Rund 70 Kilometer südwestlich, ebenfalls in »Wein-Niederösterreich«, ist Konstantin aufgewachsen. Noch während seines Studiums hat er begonnen, zuhause Bier zu brauen. In der Masterarbeit seines zweiten Studiums – Lebensmittelproduktentwicklung & Ressourcenmanagement – hat er schon mit der niederösterreichischen Biobrauerei Brauschneider ein alkoholarmes Bier entwickelt. Er hat damals auf ein Indian Pale Ale (IPA) und ein sauer vergorenes Bier gesetzt, da hier die Säure beziehungsweise Bitterkeit durch den Hopfen dafür gesorgt haben, dass die Abwesenheit von Alkohol geschmacklich weniger auffällt.
Tee als Basis
Anna beschäftigt sich mit Sensorik, mit der Entwicklung verschiedener Säfte, auch fermentierter Gemüsesäfte. »Ich habe viel experimentiert, mit Kefir, Kombucha und Milchsäure fermentiert«, erzählt sie einen Teil der Vorgeschichte. Früher gab es auf dem Hof ihrer Vorfahren auch Trauben und Weinbau. Konstantin und Anna fühlen sich als Teil der seit einigen Jahren wachsenden Naturweinszene, die auch in Niederösterreich angenehm unklassische Weine hervorbringt. All diese Einflüsse haben zu der Idee geführt, ein Produkt zu entwickeln, dessen Basis Tee und nicht Traube ist, das aber so konsumiert wird wie Pet Nat und Naturwein. »Man kann auch Säfte gut küvettieren«, erklärt Anna. »Aber wir wollten nicht so viel eingreifen, sondern ein Monoprodukt aus einer natürlichen Komponente.« Konanna hat trotz des anderen Ursprungs viel mit Pet Nats gemeinsam: Es geht um natürliche Fermentation mit möglichst wenig Eingriff, keine Dosage und die Perlage soll wie bei Pet Nat aus der Gärung kommen und nicht zugesetzt werden. Dafür begaben sich die beiden auf die Suche nach den richtigen Tees als Basis – probierten mit diversen »echten Tees«, Schwarz- und Grüntees, aber auch Früchte- und Kräutertees. Die Teemischungen werden dann mit den eigens entwickelten und gezüchteten Scobys fermentiert.
»Bio ist die normale Art zu arbeiten«
Konstantin Stefanik und Anna Holzer
Der Hof von Annas Familie bietet mit seinen Produktionshallen Räumlichkeiten mit entsprechenden Hygienestandards. Für bis zu fünf Wochen – abhängig von der Temperatur – fermentiert der Tee im Stahltank. Die Kontrolle verschiedener Werte und wiederholte Verkostungen bestimmen, wann das Getränk in die Flaschen kommt, wo es für rund weitere sechs Monate weiter gärt. Während dieser Zeit wird genau beobachtet, um den Prozess noch steuern zu können. Danach wird degorgiert, etikettiert und nach rund zwei Wochen das fertige Produkt nochmal kontrolliert.
Vier verschiedene »Pet Nat Teas« produzieren Konstantin und Anna derzeit. Vom als Einstiegsprodukt konzipierten »Yunnan Green«, mit starken Apfelnoten, über die würzigeren und komplexeren »Sencha« und »Lemongrass« mit stärkeren Zitrusnoten bis zu »Jasmine« mit spürbarer Süße und Vanille, besonders gut passend auch für Desserts. Der Alkoholgehalt liegt zwischen 1,5 und 2,8 Volumsprozent. »Alle Varianten haben sich als ziemlich gute Speisenbegleiter erwiesen, die das Zeug haben, die Geschmäcker der Speisen zu akzentuieren und mit Komplexität zu bereichern«, freut sich Konstantin über das positive Feedback aus verschiedenen Verkostungen. Neben den klassischen vier Varianten experimentieren die beiden weiter, betonen in einzelnen Chargen mal die Säure, die Perlage, die Struktur und dann wieder andere Noten. Derzeit haben die Getränke ein Mindesthaltbarkeitsdatum von zwei Jahren und ein Reifepotenzial über diese Zeit hinaus. Erfreulicherweise hält die kräftige Perlage auch nach dem Öffnen der Flasche überraschend lange.
Nachhaltigkeit bedingt kontrollierte Transparenz
Dass Konanna biozertifiziert wird, war für Konstantin und Anna immer klar: »Bio ist die normale Art zu arbeiten«, sind die beiden überzeugt. Diese Sichtweise sei durch ihr Umfeld geprägt worden und daher auch für sie ein selbstverständlicher Zugang zum Wirtschaften mit natürlichen Ressourcen: Nachhaltigkeit, Transparenz und Kontrolle gehören für sie zusammen. Gleichzeitig sind sie aber auch überzeugt, dass das Getränk so etwa in der wachsenden Naturweinszene besser angenommen wird. Ihr Produkt gilt übrigens als Lebensmittel und unterliegt damit strengeren Biokontrollen als etwa Wein, sie müssen auf den Flaschen und online eine Nährwerttabelle abbilden und der Steuersatz liegt bei 20 % statt 10 %.
Erhältlich ist Konanna im eigenen Onlineshop (konanna.at) – unter anderem im Discovery Pack mit allen vier Sorten. Der auf Naturwein spezialisierte Weinhandel und -vertrieb Weinskandal hat Konanna aufgenommen und derzeit sind Konstantin und Anna viel unterwegs, um ihren »Pet Nat Tea« in der Gastronomie und auf Events bekannter zu machen. Auf Events bestätigt sich ihr Eindruck, dass es für alkoholarme Getränke, die sich ähnlich genießen lassen wie Pet Nats, einen wohl weiter wachsenden Markt gibt und das allgemeine Interesse groß ist. Tee gibt hier als Grundlage viel her und eröffnet ein großes Spielfeld. Anna und Konstantin spielen aktuell europaweit vorne mit – und das biozertifiziert. Eine sehr willkommene Ergänzung des Getränkeangebots zu quasi allen Anlässen.
BIORAMA #92