Sibylla und der Tulpenraub
Am 13. Jänner 2017 jährte sich der Todestag der weltberühmten deutschen Malerin, Kupferstecherin und Naturforscherin Maria Sibylla Merian zum 300. Mal. Mit ihrer außergewöhnlichen Kindheit beschäftigt sich ein Bilderbuch, das kürzlich bei E. A. Seemanns Bilderbande erschienen ist.
Heutzutage können viele Kinder, die Freude am Forschen und Entdecken haben, mit Anerkennung und Unterstützung von Eltern und Lehrern rechnen. Mehr als 300 Jahre früher, als Maria Sibylla Merian noch ein Kind war, galten Kinder – vor allem Mädchen –, die sich mit ungewöhnlichen Dingen beschäftigten, als seltsam. Krabbelnde, wuselnde und schwirrende Kreaturen, wuchernde Pflanzen sowie die Verwandlungen der Natur faszinierten Maria Sibylla Merian zutiefst, die Interessen der Nachbarskinder konnte sie hingegen nicht teilen. Die anderen Kinder waren der Ansicht, dass jemand, der Teufelsgeziefer sammle, eine Hexe sei. Alle Versuche, die anderen Kinder ebenfalls für die Natur zu begeistern, scheiterten. Selbst die zauberhafte Metamorphose einer Raupe zum Schmetterling konnte sie nicht mitreißen. Die Nachbarskinder mieden das Mädchen, und so begann es, seine Forschungen im Verborgenen durchzuführen: Sibylla sammelte und beobachte Insekten und Pflanzen und malte sie anschließend auf Pergamentblätter.
In Sibyllas Nachbarschaft wohnte ein reicher Graf. In seinem Garten wuchsen wertvolle duftende Tulpen, die das Mädchen unbedingt malen wollte; für dieses Vorhaben schnitt es die Blumen eines Nachts ab. Es war nicht schwierig, die Täterin auszuforschen, und so musste Sibylla beim Grafen vorsprechen. Dieser wusste nicht einmal, wie seine gestohlenen Blumen heißen! Sibylla machte sich über den Herrn lustig, selbstsicher klärte sie ihn auf. Als der Graf die detailverliebten Aquarellmalereien sah und erkannte, wie viel Wissen sich Sibylla bereits selbstständig angeeignet hatte, erließ er ihr überwältigt die Strafe. Von diesem Tag an musste das Mädchen ihre Forschungen nicht mehr heimlich betreiben.
Die fiktive Geschichte endet hier mit einem Happy End. In einem Ausblick wird verraten, dass Maria Sibylla Merian ihr leben lang mit Begeisterung Blumen und Insekten beobachtete und malte. Mit ihrer Tochter reiste sie bis in den südamerikanischen Urwald in die niederländische Kolonie Surinam, um unbekannte Tiere zu beobachten. Nach dieser Forschungsreise publizierte Merian ihr Hauptwerk Metamorphosis insectorum Surinamensium. Einige Pflanzen, Käfer und Schmetterlinge tragen Merians Name, so etwa der Heliconius melpomene meriana. Heute gilt Maria Sibylla Merian als wichtige Wegbereiterin der modernen Entomologie.
Mit ihrem wunderbar und passend zum Werk Merians illustrierten Bilderbuch beschreibt die Bühnen- und Kostümbildnerin Benita Roth die schwierige Kindheit einer angehenden Forscherin und zeigt, wie lohnend es sein kann, seinen eigenen Weg zu gehen. Ganz nebenbei bieten die Illustrationen einen ersten Einblick in Merians buntes Werk, das für Kinder ebenso beeindruckend sein dürfte wie für Erwachsene.
„Sibylla und der Tulpenraub“ von Benita Roth ist bei E. A. Seemanns Bilderbande erschienen. 24 Seiten. Für Kinder ab 4 Jahren.
Blickpunkt Umweltschutz und Nachhaltigkeit:
Druck: | Elbe Druckerei, Wittenberg (Deutschland) |
Papier: | keine Angabe |