Sechs junge Wölfe im Waldviertel

Nun ist es amtlich: Auch 2017 gibt es Nachwuchs im ersten Wolfsrudel Österreichs. (Foto: BMLVS Josef Kugler)

Ideales Wolfsland: Im Waldviertel gibt es auch 2017 Wolfs-Nachwuchs. Die ersten Fotos der sechs jungen Wölfe.

Die Wolfspopulation im Waldviertel wächst, das war absehbar. Deshalb hatte die Jagdverwaltung vom Truppenübungsplatz Allentsteig (TÜPL) bereits vor einiger Zeit um eine Reduktion der behördlich vorgeschriebenen Abschüsse von Rotwild angesucht. Immerhin holt sich einen nicht unbeträchtlichen Teil des Wildes auf dem militärischen Sperrgebiet mittlerweile – wieder – der Wolf. Seit 2016 erstmals seit über 100 Jahren Wolfsnachwuchs in Österreich nachgewiesen wurde, war auch absehbar, dass sich die Tiere weiter fortpflanzen – und damit früher oder später auch den TÜPL verlassen werden. „Die Wölfe fühlen sich bei uns sichtlich wohl“, so Ministerialrat Ottokar Jindrich, Leiter des Referats für Umweltschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit beim Bundesheer. Derzeit umfasst das Rudel von Allentsteig 11 Tiere: 6 Welpen, die beiden Elterntiere und drei bislang verbliebenen Jungtiere aus dem Vorjahr. Das heißt auch: einige Jungtiere aus dem Vorjahr haben das Revier bereits verlassen.

Mit den sechs jungen Wölfen aus dem diesjährigen Wurf, den beiden Elterntieren und dem noch verbliebenen Nachwuchs aus dem Jahr 2016 leben derzeit 11 Wölfe auf dem militärischen Sperrgebiet. Jährlich fressen sie hochgerechnet fast 14 Tonnen Wild. (Foto: BMLVS/Josef Kugler)

Vergangenen Samstag, als eine interessierte Schar von BIORAMA-Lesern im Rahmen einer Lesersafari exklusiv den Lebensraum der Wölfe von Allentsteig besuchen durfte, deutete der am Truppenübungsplatz für Ökologie und Raumnutzung zuständige Christian Kubitschka bereits an, dass es auch heuer wieder Nachwuchs gibt. Immerhin präsentierte er hochgerechnete – und für 2017 deutlich erhöhte – Zahlen was den Wildbretverbrauch „seines“ Rudels angeht. Netto dürfte das Rudel heuer an die 14 Tonnen Wild verdrücken. Was angesichts des guten Wildbestands kein Problem darstellt – aber eben auch bedeutet, dass sich die Jagd teilweise einzuschränken hat.
„Der neue Wurf wird die Auseinandersetzung um den Wolf spätestens im Herbst verschärfen, zumal der Nachwuchs von 2016 sukzessive abwandern wird,“ meint Wolf-Forscher Kurt Kotrschal. Frühes Abwandern wäre auch typisch für die deutschen Wölfe.

Nun dringend notwendig: professioneller Herdenschutz
Dass extensive Tierhalter in den Gegenden um den Truppenübungsplatz um das Wohl ihrer Nutztiere bangen, ist nachvollziehbar. Sie ersuchen um finanzielle Unterstützung beim Schutz ihrer Tierherden. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf, damit sich die Wölfe gar nicht erst daran gewöhnen, dass auch weidende Schafe, Pferde oder Rinder leichte Beute sein können. Die im Mai in Wien auf der BIORAMA Fair Fair von Tierschützern, Wissenschaftern und Bio-Tierhaltern formulierten „7 Wolfs-Forderungen an die Politik“ wurden Anfang Juli auch weitgehend von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich übernommen.

Die immer wieder gehörte Forderung nach „wolfsfreien Zonen im Alpenraum“ bezeichnete Christian Kubitschka vom TÜPL Allentsteig auf der BIORAMA-Lesersafari als „ohnehin unmachbar“. Wölfe würden wandern. In allen angrenzenden Ländern Österreichs gäbe es mehr oder weniger stabile Populationen. Und auch in früheren Jahren und Jahrzehnten hätte es in Österreich wohl immer wieder Wölfe gegeben. Diese wären halt stillschweigend erlegt worden. „Das waren damals andere Zeiten,“ so Kubitschka. Dass der Wolf in vielen Gegenden eine Zeit lang de facto ausgerottet war, das wäre, so Kubitschka, auch weniger an der intensiven Bejagung gelegen, sondern eher daran, dass man die Tiere grausam vergiftet habe.

Was fehlt: flächendeckendes Wolfs-Monitoring
Wie viele Wolfsrudel in Österreich theoretisch Platz hätten, darüber herrscht Uneinigkeit. Wolfsforscher Kurt Kotrschal berief sich im Interview mit BIORAMA auf Kollegen, die von 100 bis 200 Rudel ausgingen.
Was es nun dringend braucht: ein bundesweites flächendeckendes Wolfs-Monitoring. Wolfsnachweise gibt es im burgenländischen St. Margarethen mittlerweile ebenso wie in Vorarlberg. Bis auf Wien dürfte der Wolf längst in allen Bundesländern wieder vertreten sein.
„Der Mensch muss wieder lernen, sich den Platz mit dem Wolf zu teilen. Trotzdem muss man die Sorgen der betroffenen Interessensgruppen wie Jäger, Forstleute und Bauern ernst nehmen und gemeinsam Lösungen für ein konfliktfreies Zusammenleben erarbeiten“, ist auch Christian Pichler vom WWF Österreich überzeugt.

Fest steht auch: In Allentsteig hat sich in der dortigen Ökologie-Abteilung des Bundesheers mittlerweile ein Wolfs-Kompetenzzentrum herausgebildet. Dieses Knowhow und die dort bereits seit Jahren gesammelten Daten sollten in alle künftigen Forschungsprojekte einfließen.

Die Kernzone des TÜPL Allentsteig ist ideales Wolfsland. Offene Kulturlandschaft, die allerdings kaum vom Menschen betreten wird. (FOTO: BMLVS/Josef Kugler)


Weiterlesen? Seit Jahren beschäftigt sich BIORAMA mit dem Thema Wolf in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Eine Übersicht aller Artikel, Interviews und Kommentare findet sich hier.

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