Schon einmal über Schweine-Leasing nachgedacht?

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Das Vermarktungskonzept Tierleasing liegt im Trend. Bei Christian Winter kann man nun auf seinem Hof in Nußbach, im oberösterreichischen Kremstal, ein Ferkel kaufen und es dort aufwachsen sehen. 

Immer mehr Betriebe setzen auf alternative Vermarktungskonzepte, um eine Marktnische zu bedienen und so das wirtschaftliche Überleben zu sichern. Beim Tierleasing, gewissermaßen eine Neuerfindung der Lohnmast, handelt es sich um ein solches Konzept. Wer nicht selbst die Möglichkeit hat, ein Schwein zu halten, kauft sich ein Ferkel und kann immer nachvollziehen, wie es aufgezogen und gefüttert wird.

So auch bei Christian Winter. Der Landwirt startete 2015 auf seinem Hof, der seit Generationen als Familienbetrieb geführt wird, das Projekt meinschweinderl.at. Winter bezieht Bio-Ferkel, die einer Kreuzung der Eberrasse Duroc-Pietrain mit dem Landschwein entspringen, aus der unmittelbaren Nachbarschaft und zieht sie für seine Kundinnen und Kunden auf. Das Fleisch ist zwar nicht biozertifiziert, dennoch wird auf eine artgerechte Haltung und auf natürliches und gentechnikfreies Futter wertgelegt.

Nach cirka fünf Monaten ist das Schwein schlachtreif. Auch bei der Schlachtung legt Winter Wert auf Regionalität. Die Schweine werden ins 10 Minuten entfernte Schlierbach gebracht und dort schonend und stressfrei geschlachtet.

Die Schweine werden auf Stroh statt auf kalten Betonspaltplatten gehalten. Das Ausmisten ist zwar arbeitsintensiver, für Christian Winter aber Ehrensache.

Die Schweine werden auf Stroh statt auf kalten Betonspaltplatten gehalten. Der Strohhaufen bietet zudem eine Spielmöglichkeit für die Schweine. Das Ausmisten ist zwar arbeitsintensiver, für Christian Winter aber Ehrensache.

Für eine ausgeglichene Ernährung bekommen die Schweine eine Mischung aus Weizen, Gerste und Erbsen. Für die nötigen Ballaststoffe sorgt Gras von Frühling bis Herbst und Heu in den Wintermonaten.

Für eine ausgeglichene Ernährung bekommen die Schweine eine Mischung aus Weizen, Gerste und Erbsen. Für die nötigen Ballaststoffe sorgt Gras von Frühling bis Herbst und Heu in den Wintermonaten.

 

Im Interview hat uns der Landwirt hinter dem Projekt nicht nur verraten wie er einen bewussteren Umgang mit dem Fleisch schaffen möchte, sondern auch wie er die Zukunft der Fleischproduktion in Österreich sieht und welche Ziele er mit meinschweinderl.at verfolgt.

Herr Winter, Tierleasing ist zwar nichts Neues, dennoch würde mich interessieren wie Sie auf die Idee zu diesem Konzept gekommen sind.

Im Endeffekt bin ich auf die Idee in Wien gekommen. Ich habe 2012 den Betrieb übernommen, war aber zu dem Zeitpunkt noch in Wien. Meine Eltern hatten mit dem konventionellen Betrieb aufgehört und ich hatte eigentlich immer vor da irgendwie weiterzumachen. Die Basics waren da. Die Ställe waren da und ich habe das Ganze etwas adaptiert und mir überlegt: Was könnte funktionieren? Was gibt es noch nicht so in dieser Art? So bin ich auf das Konzept gekommen, dass ich für die Leute die Schweine einstelle, sie können Ihnen beim Wachsen zuschauen und alles mitverfolgen wie es von einem 30 Kilo Ferkel bis zum Schlachten geht. Also wie lange das dauert, wo sie untergebracht sind, sodass sie das Ganze mitverfolgen können. Das Ganze habe ich mir in Wien überlegt und habe dann im September 2015 gestartet und das erste Mal eingestellt.

Welche Rückmeldungen haben Sie seit dem Start 2015 bekommen?

Am Anfang konnte ich natürlich noch keine Rückmeldungen bekommen, da noch keiner wusste wie die Fleischqualität ist. Ich habe im Februar zum ersten Mal geschlachtet und die Fleischqualität ist einfach besser als bei dem, was du im Supermarkt bekommst. Das liegt unter anderem daran, dass ich eine Rasse habe, bei der auch ein Duroc-Anteil dabei ist. Das ist eine spezielle Fleischrasse, bei der man eine ganz feine Marmorierung vom Fleisch hat. Das ist das intramuskuläre Fett im Fleisch, was natürlich auch vom Geschmack her sehr gut ist. Und auch die Fettschicht ist ganz anders, das zergeht direkt auf der Zunge. Von den Kunden habe ich sehr positive Rückmeldungen bekommen. Mein Konzept sieht ja so aus, dass die Leute nicht nur einmal einstellen, sondern ich sie immer mit Frischfleisch versorge. Das heißt, die Kunden stellen ein und haben für ein halbes Jahr Frischfleisch und während diesem Zeitraum können sie mir Bescheid geben ob sie danach wieder Fleisch wollen oder nicht. Sodass ich wieder einstellen kann und mir keine neuen Kunden suchen muss. Von der ersten Partie haben gleich 5 oder 6 Leute wieder eingestellt. Die Reaktionen sind also sehr gut.

Sie haben schon angesprochen, dass die Leute den ganzen Prozess mitverfolgen können. Wie wichtig ist Ihnen Transparenz bei der Fleischproduktion und was tun Sie um diese zu garantieren?

Transparenz ist für mich sehr wichtig, da ich die Leute nicht belügen will, mit dem was ich mache. Sie sollen wissen womit die Schweine gefüttert werden. Das habe ich auch auf der Webseite stehen. Bei mir kommen nur Gerste, Weizen und Erbsen zum Einsatz. Ich verzichte gänzlich auf gentechnikveränderte Produkte. Und zusätzlich bekommen die Schweine noch Heu, beziehungsweise im Frühling und Sommer Gras. Ich habe viel überlegt ob ich das mit der Webcam machen soll oder nicht, da es möglicherweise viele Menschen abschreckt und sie mit dem Tier eine Bindung aufbauen. Mittlerweile bereue ich nicht, dass ich es gemacht habe, weil ich auch eine sehr gute Resonanz darauf bekommen habe. Die Kunden haben regelmäßig reingeschaut, geschaut wie die Schweine fressen und ansonsten so machen. Es hat mich selbst ein wenig gewundert, dass das so gut angenommen wird.

Welche Auswirkungen hat die Bindung, die die Kunden mit dem Tier aufbauen. Sorgt diese für mehr Wertschätzung als bei massenproduziertem Fleisch?

Das hoffe ich! Ich glaube, dass man dann einfach bewusster mit dem Fleisch umgeht, wenn man sieht wie es aufgewachsen ist. Zudem bekommen die Kunden auch alle Teile vom Schwein, also nicht nur die besten Stücke. Sodass die Kunden auch sehen, was alles dran ist bei einem Schwein. Viele kennen nur noch Schnitzel und Kotelett und das andere gerät in Vergessenheit. So sehen sie was dran ist und was man alles damit machen kann. Ich glaube das sorgt einfach für einen bewussteren Umgang.

Das Fleisch ist nicht biozertifiziert. Warum?

Das stimmt, ich bin kein Bio-Betrieb. Ich bekomme nur die Ferkel von einem Bio-Betrieb, da mir die Haltung sehr wichtig ist. Bei uns ist es nun so, dass ich irrsinnige Kosten für Umbaumaßnahmen gehabt hätte und so das Fleisch nicht zu dem Preis, den ich jetzt verlange, anbieten hätte können. Deswegen mache ich es konventionell. Natürlich geht das ganze in Richtung Bio, ich bin aber nicht Bio.

Das heißt, Sie erfüllen die meisten Vorgaben, nur nicht genug für das Zertifikat?

Genau, zum Beispiel fehlt der Auslauf, da das baulich einen unglaublichen Aufwand machen würde. Ich sage meiner Kundschaft auch explizit von vornherein, dass ich nicht Bio bin. Den Kunden ist das im Prinzip auch egal, da es für sie einfach wichtig ist zu sehen wie die Tiere gehalten werden und dass die Fütterung passt. Es waren auch schon einige Kunden da und haben sich den Stall angesehen. Die Kunden können natürlich direkt vor Ort kommen. Mir ist das auch wichtig, dass die Kunden das machen. Alle die da waren, haben anschließend auch eingestellt.

Das Konzept liegt zwar im Trend, es ist jedoch immer noch eine Marktnische. Ist es für kleinere Betriebe notwendig auf solche Vermarktungskonzepte zu setzen um das wirtschaftliche Überleben zu sichern?

Jein. Ich glaube ein kleiner Betrieb muss sich überlegen: In welche Nische gehe ich? Ansonsten kann er ja nicht überleben. Für mich, als kleinen Betrieb, geht es nur noch über die Direktvermarktung, konventionell könnte ich nicht mehr bestehen. Das würde finanziell nicht gehen. Deswegen glaube ich, da wir in Österreich noch eine kleinstrukturierte Landwirtschaft haben und der Konsument auch langsam beginnt umzudenken, dass es in diesem Bereich noch viel Potential gibt. Man muss sich eben etwas überlegen und sich auch trauen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Fleischproduktion in Österreich?

Der Trend geht natürlich in Richtung Großbetriebe, das wird bei uns auch nicht anders gehen. In Europa stecken halt teilweise bereits Konzerne in der Schweinemast und Schweinzucht. Bei uns wird das genauso werden. Es wird in Österreich aber immer wieder die kleinen Landwirte geben, die die Marktnischen bedienen. Natürlich nur, wenn der Kunde das auch annimmt.

Zumindest eine teilweise hoffnungsvolle Botschaft. Was haben Sie noch für Ihr Projekt geplant?

Naja, ich bin ja erst ganz am Anfang von meinem Projekt. Ich habe insgesamt drei Ställe. Mit Ende April werde ich voraussichtlich das erst Mal ganz ausverkauft sein. Mein Ziel ist es davon leben zu können. Dafür müsste ich noch größer werden, aber mehr als 40-50 Plätze möchte ich nicht machen. Ich hoffe, dass ich das eines Tages hauptberuflich machen kann und nicht mehr nebenbei arbeiten gehen muss. Das ist mein großes Ziel.

Danke für das Gespräch!

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