Schrebergarten reloaded: Burcak Sevilgen von Rostlaube Containerfarm im Interview

Landwirtschaft und Natur zurück in die Stadt bringen: Die Rostlaube Containerfarm in Berlin ist ein moderner Schrebergarten für die Stadt des 21. Jahrhunderts. In einem ausrangierten Container wird auf kleinstem Raum, aber nach allen Regeln der Nachhaltigkeit, Gemüsebau im Wasser (Hydroponic) wie auch Fischzucht (Aquakultur) betrieben. Biorama sprach mit Burcak Sevilgen über das Urban Farming Projekt Rostlaube.


Biorama: Was ist die Rostlaube Containerfarm und die Malzfabrik?

Burcak Sevilgen: Die Malzfabrik ist ein Industriedenkmal in Berlin, dessen Fokus auf Kreativität und Kultur liegt. Besonders zu betonen ist zudem die umweltbewusste Positionierung, wodurch sie sich gegenüber zahlreichen Mitbewerbern in Berlin hervorhebt. Schritt für Schritt wird hier mit dem Konzept der „Green Steps“ daran gearbeitet, das Areal umweltgerecht und nachhaltig zu gestalten. Die maßgebenden ökologischen, ökonomischen und auch sozialen Faktoren werden hierbei mit viel Leidenschaft berücksichtigt. Mit der Rostlaube – Containerfarm Berlin geht die Malzfabrik erneut einen Schritt weiter in Richtung Nachhaltigkeit und Innovation. Es handelt es sich bei dem Container um eine Art modernen Schrebergarten für die Stadt des 21. Jahrhunderts.

In einem alten Container wird auf kleinstem Raum und nach den Kriterien der Nachhaltigkeit – sowohl Fischzucht (Aquakultur) als auch Gemüseanbau im Wasser (Hydroponic) betrieben. Sämtliche Nährstoffe des Fisch-Kots im Wasser werden durch die Pflanzen aufgenommen und dienen so als natürliches Düngemittel. Durch den biologisch geschlossenen Kreislauf wird ein moderner Beitrag zur Erhaltung der Umwelt für kommende Generationen geboten. Die Produktionsmethode für frische und biologische Lebensmittel ist dabei sehr ressourcenschonend und effizient. Bei dem Container handelt es sich um einen Prototypen, der zu Beginn noch durch eine externe Stromversorgung angetrieben wird. Ziel ist es, diese durch Solarantrieb zu ersetzen.

Wie kam es zur Idee und wer sind die Köpfe hinter dem Projekt?

Das Team der Malzfabrik mit ihrem Gründer Frank Sippel, der sich bereits 2002 dazu entschlossen hat, das Nachhaltigkeitsthema nicht nur privat sondern auch beruflich zu verfolgen, ist stets darauf bedacht, neue innovative Schritte zu gehen. Dazu gehört auch die Rostlaube – Containerfarm Berlin – die von den UrbanFarmers in Zürich umgesetzt wurde. Das Spinn-Off Unternehmen der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Wädenswil hat dieses System im Rahmen der urbanen Landwirtschaftsgestaltung entwickelt. Die Ziele der Urban Farmers decken sich mit den Idealen der Malzfabrik: Ökologische Nachhaltigkeit, soziales Kapital und ökonomischer Erfolg stehen hierbei im Fokus. Dadurch ergibt sich eine sinnvolle Kooperation und die Rostlaube – Containerfarm Berlin ist ein konsequenter weiterer Green Step der Malzfabrik.

Welche Nachhaltigkeitskonzepte verfolgt die Rostlaube und was macht sie zur zukunftsfähigen Urban Farm?

Die CO2 Bilanz soll durch die massive Reduktion des CO2 Ausstoßes in der Transport- und Kühlkette von Lebensmitteln vom Land in die Stadt reduziert werden. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Transparenz der Herkunft der Nahrungsmittel. Neben CO2 Einsparungen geht es zudem auch um die Betrachtung von Nährstoffen und deren nachhaltigen Nutzung. So werden bei der Rostlaube keine externen Düngungsmittel oder Antibiotika benötigt. Die Fische werden mit Bio-Futter ernährt. Durch ihre Ausscheidungen gelangt Ammonium ins Wasser, welches über Nitrit in Nitrat umgewandelt wird. Das Nitrat wird von den Wurzeln der Pflanzen aufgenommen und wirkt so als natürliches Düngemittel.

Die Rostlaube fällt unter die Kategorie Urban Farming, da durch sie im Herzen Berlins regionale und lokale Produkte angebaut werden können. Der Container ist beliebig transportierbar und installierbar, so dass dieser nicht an einen Ort gebunden ist.

Was sind die Schwerpunkte des Projektes?

Bei der Rostlaube – Containerfarm Berlin handelt es sich um einen Prototypen, der vor allem ein Anschauungsobjekt und einen Inspirationspunkt darstellt und als Lehrobjekt dienen kann. Der regelmäßige Gemüse-Ertrag wird in unserer hofeigenen Kantine genutzt, für uns hat die Containerfarm keinen business case.

Wie finanziert sich die Rostlaube-Containerfarm und wer betreibt das Projekt?

Die Rostlaube – Containerfarm Berlin ist ein bisher komplett privat finanziertes Projekt. Die tägliche Pflege übernehmen die Nachhaltigkeitsbeauftragte Karoline vom Böckel und Burcak Sevilgen.

Was sind die nächsten Angebote, Ziele und Pläne der Containerfarm?

Zurzeit bieten wir ein Sommerferienprogramm rund um die Containerfarm inklusive Umweltschnitzeljagd an; wir freuen uns auf Kinder zwischen 8 und 12 Jahren, mit denen wir ein abwechslungsreiches Programm in der Natur gestalten möchten. Nach den Ferien laden wir wieder herzlich Schulklassen ein, sich mit uns auf eine Farmreise zu begeben.Neben einem Gemüse-Erntefest im Spätherbst sind z.B. Filmabende und Vorträge zu Ernährung und slow food geplant. Außerdem ist es nach vorheriger Anmeldung jederzeit möglich, die Rostlaube zu besichtigen.

Technisch gesehen soll die externe Stromversorgung auf Dauer durch einen Solarpanel ersetzt werden, so dass extern nur noch das Fischfutter hinzugegeben werden muss. Als fester Bestandteil der Malzfabrik wird die Containerfarm dauerhaft auf dem Gelände stehen, um die Menschen zu inspirieren.

Wie war die Resonanz des Publikums bisher?

Die Rostlaube – Containerfarm Berlin wurde erst am 4. Juni 2011 im Rahmen des großen nachhaltigen Sommerfestes eröffnet. An diesem Tag wurde die Rostlaube von ca. 1.000 Leuten besichtigt. Seitdem haben wir fast tägliche Anfragen bezüglich einer Begehung des Containers. Ebenfalls gibt es Interessenten für einen eigenen Container auf dem Dach oder Parkplatz mitten in der Stadt.

Mehr Info unter www.malzfabrik.de

VERWANDTE ARTIKEL