Agriturismo – Wie Landwirtschaft und Tourismus zusammenfinden
In Südtirol kann man sich ansehen, wie Landwirtschaft und Tourismus sehr eng zueinanderfinden. Dort wird seit Jahren auf den sogenannten Agrotourismus gesetzt. Und das funktioniert gut.
Neulich haben wir uns mit Peter Zellmann vom Institut für Freizeit- und Tourismusforschung über den Alpentourismus unterhalten. Im Interview hat er empfohlen, neue Angebote in Verbindung mit der Landwirtschaft zu entwickeln. Wie das funktioniert, kann man zum Beispiel in Südtirol erleben.
Es scheint zur Südtiroler Identität zu gehören, dass man das, was man macht, auch wirklich gut machen möchte. „Eine Nische muss hochwertig sein, damit sie eine Zukunft hat.“ Davon ist Hans Kienzl vom Südtiroler Bauernbund überzeugt. Der Kommunikations-Profi ist beim Südtiroler Bauernbund zuständig für das Marketing.
Die Südtiroler Bauern haben sich deshalb höchste Standards für die Bewirtung von Gästen auferlegt und treten gemeinsam unter der Marke Roter Hahn auf. Seit Ende der 1990er-Jahre haben sie damit eine landwirtschaftlich geprägte Alpenregion als Tourismusziel neu erfunden.
Ein Konzept mit langer Tradition
„In Südtirol gibt es Urlaub auf dem Bauernhof schon länger als irgendwo anders auf der Welt,“ erzählt Hans Kienzl. „Nämlich schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts.“ Damals entdeckten die reichen Stadtbewohner im Alpen- und Voralpenraum die sogenannte Sommerfrische für sich. Für zwei bis drei Monate im Jahr suchten die Sommerfrischler Abkühlung in Höhenluft.
Bis 1963 blieben die zahlungskräftigen Saisongäste weitgehend unter sich. Dann wurde die Europabrücke als Teil des Brenner-Passes eröffnet, und die Region südlich des Alpenhauptkamms wurde zur leicht erreichbaren Destination für Urlauber von der anderen Seite der Alpen – hauptsächlich Deutsche.
1971 gab es in Südtirol bereits 236 Betriebe, die Urlaub auf dem Bauernhof anboten. Anfang der 90er-Jahre boten über 1.000 Höfe Urlaub auf dem Bauernhof an. Inzwischen sind es knapp 1.700 und damit rund 13 Prozent der bäuerlichen Betriebe in ganz Südtirol. Wegen der durchschnittlich eher kleinen Betriebsgrößen kommt der Tourismus als zweites Standbein vielen Bauern der Region gelegen.
Mehr Umsatz mit Tourismus als mit Wein
Der Agrotourismus hat sich so zur wirtschaftlichen Triebkraft entwickelt. Heute wird mit Urlaub auf dem Bauernhof in Südtirol mehr Geld verdient, als mit dem Weinbau. 79,5 Millionen Euro an Einnahmen durch Bauernhof-Tourismus stehen 78,8 Millionen Euro aus der Weinwirtschaft gegenüber, berichtet der Südtiroler Bauernbund für das Jahr 2013. Und dabei fördert der Agrotourismus die Vermarktung regionaler Erzeugnisse und stärkt bäuerliche Direktvermarkter.
Zu den tragenden Säulen der Dachmarke Roter Hahn zählen neben den Übernachtungen auf dem Bauernhof auch bäuerliche Schankbetriebe, Qualitätsprodukte vom Bauern und bäuerliches Handwerk.
Es gibt Förderprogramme für Betriebe, die in ihr touristisches Angebot investieren, und bäuerliche Produkte werden über den eigenen Webshop des Roten Hahns vermarktet. Sein politisches Gewicht hat der Bauernbund auch genutzt, um die Bestimmungen für die Produktion von Lebensmitteln am Hof zu lockern.
Hier geht es zu Website des Roten Hahns.
Zum Interview mit Peter Zellmann geht es hier entlang.