Revolution am Reißbrett

Was ist nachhaltiges Design, was muss es können und woher kommen die Ideen? Harald Gründl, Leiter des Institute of Design Research Vienna, im Gespräch über das Dasein in der Nische und Materialien, die wieder zu Erde werden. 

 

BIORAMA: Sustainable Design, Eco Design, Environmentally Conscious Design – das Entwerfen von Objekten unter dem Gesichtspunkt der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit hat viele Namen. Was genau kann man darunter verstehen?

Harald Gründl: Darunter verstehe ich persönlich eine Designrevolution! Es geht um eine Reform unseres Lebensstils und Design kann in diesem Wandlungsprozess eine wichtige Rolle spielen. Wachstum muss zu einer Kategorie der Qualität und nicht der Quantität werden. Unser sehr technisch geprägter Innovationsbegriff wird mit dem Sustainable Design in Richtung sozialer Innovation verschoben.

Welche Materialien werden im Sustainable Design bevorzugt verwendet und gibt es auch Stoffe, die kategorisch ausgeschlossen sind?

Sustainable Design sollte aus Materialien bestehen, die in einer Kreislaufwirtschaft bestehen können. Etwa von der Natur inspirierte Materialien, die wieder zu Erde werden. In technischen Kreisläufen werden Materialien verwendet, die ohne Verringerung ihrer Materialeigenschaften recycled werden können. Kategorisch ausgeschlossen sind alle Stoffe, die giftig sind.

Gibt es EU-weite Richtlinien, die Sustainable Design – um als solches zu gelten – erfüllen muss?

Es gibt Richtlinien, die festlegen, wie schlecht ein Produkt maximal sein darf. Das sind aber immer nur Übergangslösungen. Wir bräuchten stattdessen Produkte, die positive Umweltauswirkungen haben. Vor allem die Politik sollte sich hier vermehrt für Menschen und Umwelt, und nicht für die Industrie einsetzen, die ja ohnehin schon eine starke Lobby hat.

Ist Sustainable Design heute in Österreich etabliert und welche Designer können hier als Vorreiter gesehen werden?

Sustainable Design in Österreich steckt immer noch in den Kinderschuhen. Es gibt schon ein paar Hersteller, die Pionierarbeit leisten. Jetzt geht es aber darum, dieses Nischendasein zu popularisieren. Für Vorreiter im Sustainable Design sind die vorderen Plätze noch frei!

Wie sieht es im (Aus)Bildungssektor aus? Werden Lehr- oder Studiengänge zu Sustainable Design in Österreich angeboten?

In Österreich gibt es gute Ausbildungsstätten für Design, aber nicht für Sustainable Design. Man muss ja nicht gleich eine eigene Studienrichtung daraus machen, aber es gehört dringend in die bestehenden Lehrpläne integriert. Ich finde es unverantwortlich, dass junge Designerinnen und Designer ihren Abschluss ohne grundlegende Kenntnisse in umweltgerechtem und sozialem Design machen können.

Können die negativen Umweltauswirkungen tatsächlich bereits im Produktentwurf reduziert werden oder ist in diesem Fall statt dem Design nicht vielmehr die Produktion ausschlaggebend?

Man muss sich immer den gesamten Lebenszyklus anschauen: Materialgewinnung, Produktion, Distribution, Gebrauch und was nach dem Gebrauch passiert. Die Ökobilanz zeigt genau, wo die Umweltauswirkungen am Größten sind. Eine Leuchte hat mehr als 90 Prozent ihrer Umweltauswirkung in der Gebrauchsphase. Beim Joghurt ist es nicht der Gebrauch, sondern der Transport. Darum müssen Designerinnen und Designer in Zukunft nicht nur eine nette Verpackung entwerfen, sondern den Lebenszyklus von Produkten als gesamtheitliche Gestaltungsaufgabe sehen.

 

Harald Gründl ist Leiter des Institute of Design Research Vienna (IDRV). Im Rahmen der Design Week (28. September – 7. Oktober 2012) bereitet er zum Thema Sustainable Design eine Ausstellung im Museumsquartier Wien vor.

www.idrv.org

www.eoos.com

www.viennadesignweek.at

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