Regionale Argumente
Nun grabe ich mich also schön langsam durch das Beweismaterial, das belegt, dass Lokal nicht das bessere Bio ist. „Die generelle Beweislage für einen geringen Umwelt-Impact für lokale Präferenzen bei der Lebensmittelproduktion und –Konsumption ist schwach“, resümiert eine Studie des britischen „Department for Environment Food and Rural Affairs“ (DEFRA; meine Übersetzung). „Die Beweise für den Umwelteinfluss von Massentransporten sind nicht eindeutig. Da die landwirtschaftlichen Umwelteinflüsse bei Lebensmitteln, die in verschiedenen Teilen der Welt angebaut werden, stark variieren, könnte die globale Beschaffung eine vom Umweltstandpunkt bessere Option für gewisse Lebensmittel sein.“ Soll heißen: Erdbeeren aus Spanien könnten unter gewissen Umständen besser sein als heimische aus dem Erdbeerland (da im Süden mehr Ertrag, Transport in Großraumlaster effizienter als in vielen kleinen Autos….).
Bei allem Effizienzgerede dürfen nur nicht die vielen Argumente untergehen, die sonst noch für lokale Ernährung sprechen. Dass ich „lokal“ nach wie vor verteidige, liegt wohl primär an der Lust, die ich beim Durchkosten regionaler Ware in den vergangenen Wochen verspürt habe. Die heimischen Beeren schmecken hervorragend, sie sind frisch, fühlen sich im Bauch gut an – und sind wohl auch vom Nährwert her besser als Waren, die lange unterwegs sind (letzteres Argument brachte auch der Chef des Wiener Instituts für Ernährungswissenschaften, mit dem ich gestern lange telefonierte.)
Weitere Argumente, die mir so einfallen:
_ Sortenvielfalt: Wird auf Transportfähigkeit hin gearbeitet, kommen nur wenige Sorten infrage, das Angebot wird langfristig eingeschränkt.
_ Versorgungssicherheit: So lange etwas vor der Türe wächst, können einem Krisen und Zusammenbrüche anderswo nichts anhaben. Eine hochspezialisierte Landschaft, in der nur eine Sache wächst, ist enorm störungsanfällig…
_ Zweifel am „System“: Die Fragen von ausbeuterischer Arbeit, unnachhaltigem Wirtschaften etc. kommen um so häufiger zum Tragen, je mehr Glieder die Nahrungs-Lieferkette hat; obwohl nirgendwo hundertprozentig sicher ist, dass toll & fair gearbeitet wird, ist es doch besser, die Kette kurz und überschaubar zu halten.
Ich bin sicher, dass man bei jedem Punkt mit einem „ja, aber“ einhaken kann. Ich werde das in nächster Zeit auch selbst tun und freue mich auf Input.