Regenwandern: Keine Angst vor „schlechtem“ Wetter

"Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung." - Diese alte Pfadfinder-Weisheit gilt gerade auch beim Wandern. (Foto: Siegfried Hetz)

„Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung.“ – Diese alte Pfadfinder-Weisheit gilt gerade auch beim Wandern. (Foto: Siegfried Hetz)

Was ist beim Regenwandern zu beachten? Warum sind Gummistiefel oft ungeeignet? Wie stelle ich eine Regenwander-Tour zusammen? Wir haben Siegfried Hetz, Autor eines Regenwander-Ratgebers, befragt.

Wer wandern geht, hat üblicherweise Regenausrüstung mit im Gepäck. Was sollte man denn beim Regenwandern dabei haben, falls man doch von der Sonne überrascht wird?
Siegfried Hetz: Bei unerwartetem „Schönwettereinbruch“ kommt der Regenschutz – also die wasserabweisende Jacke – sofort in den Rucksack und dafür die Sonnenbrille auf die Nase. Die Kopfbedeckung, sofern nicht regennass, übernimmt die Funktion des Sonnenschutzes. Wer eine Zipphose trägt, kann schnell Freiheit für die Waden schaffen.

Braucht es eine andere Vorbereitung wenn ich nicht nur damit rechne, möglicherweise vom Regen überrascht zu werden, sondern mich ganz bewusst rausbegebe, wenn es regnet?
Siegfried Hetz: Der Unterschied liegt dabei nicht so sehr in der Organisation dessen, was ich anziehe oder einpacke, sondern viel mehr in der inneren Gestimmtheit. Wer sich bewusst in den Regen hinausbegibt, wird ihn zum einen weniger spüren und zum anderen eher die Aufmerksamkeit darauf legen, wie der Regen die Umgebung verändert.

"Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung." - Diese alte Pfadfinder-Weisheit gilt gerade auch beim Wandern. (Foto: Siegfried Hetz)

„Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung.“ – Diese alte Pfadfinder-Weisheit gilt gerade auch beim Wandern. (Foto: Siegfried Hetz)

Haben Sie eine Standard-Ausrüstung zum Regenwandern für uns? Was sollte man unbedingt dabei haben?
Siegfried Hetz: Auch dabei richtet sich die Vorbereitung nach den persönlichen Vorlieben oder Abneigungen. Wie wir Regen generell unterschiedlich wahrnehmen, so gibt es auch unterschiedliche Empfindlichkeiten dem Regen gegenüber. Für mich persönlich sind nasse Füße im wahrsten Sinne des Wortes ein No go. Andere wiederum vertragen überhaupt kein Wasser auf dem Kopf oder im Nacken.

Ich selbst liebe den Regen, finde ihn beim Wandern als Brillenträger aber auch mühsam. Wenn ich als Brillenträger bei heftigem Regen raus in die Natur begebe, wird eine Schirmkappe als Schutz nicht reichen, fürchte ich. Wären Kontaktlinsen da die einzige Lösung?
Siegfried Hetz: Wenn Brillen zum Gehen unerlässlich sind, wird man sie alternativlos durch Kontaktlinsen ersetzen müssen.

Das Wichtigste ist – das schreiben Sie auch im Vorwort Ihres Buches – ist trockenes Schuhwerk. Am Titel ihres Wanderführers sind knallrote Gummistiefel abgebildet. Gummistiefel sind beim Regenwandern wegen der Rutschgefahr aber nicht in jedem Fall ratsam, oder? Auch Halt geben Gummistiefel deutlich weniger als feste Schnürschuhe.
Siegfried Hetz: Gummistiefel sind für einen Regentag in der Stadt ideal oder für einen Nachmittagsspaziergang im Regen. Ansonsten geht nichts über einen festen, wasserundurchlässigen Schnürschuh. Auf steinigem Untergrund sollte selbst bei geringer Steigung auf Gummistiefel verzichtet werden, weil sie zu wenig Halt geben.

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Wer sich aufs Regenwandern einlässt, wird die Natur anders erleben. (Foto: Siegfried Hetz)

Wie vermeide ich, dass ich unter meinem Regenschutz permanent schwitze?
Siegfried Hetz: Möglicherweise ist ein Kleidungsstück, vielleicht der Pullover, zu dick. Deshalb sollte auf Kleidungsstücke aus Wolle ganz verzichtet werden. Ideal ist atmungsaktive Funktionswäsche.

Im Raum Salzburg, der für seinen Schnürlregen bekannt ist, liegt es nahe, sich mit dem Regenwandern auseinanderzusetzen. Wann sind Sie selbst das erste Mal bewusst im Regen wandern gegangen?
Siegfried Hetz: Das maßgebliche erste Mal war auf einem Schulausflug während der Volksschulzeit. Er fand trotz schlechter Wetteraussichten statt und wir marschierten im Regen. Die Erinnerung an diesen Tag ist deshalb so frisch, weil der Regen uns Kindern überraschenderweise sehr viel Spaß gemacht hat.

Sie beschreiben in Ihrem Buch konkrete Regenwanderrouten in Salzburg-Stadt, Oberbayern, Flachgau, Pinzgau, Pongau, Lungau und Tennengau. Wenn ich mir etwa in der Buckligen Welt, im Bregenzerwald oder im Harz selbst Regenrouten zusammenstellen möchte: Worauf muss ich achten?
Siegfried Hetz: Auch das hängt sehr von individuellen Vorlieben ab. Ich persönlich gehe bei Regen gerne am Wasser entlang, sei es einen See oder auch einen Fluss. Auf Touren ins Gebirge sollte bei Regen generell verzichtet werden. Regenwetter erfordert eine gewisse Standfestigkeit. Dementsprechend ist auf die Beschaffenheit des Untergrunds besonders zu achten. Wer das Kleinklima in einer Region nicht kennt, sollte sich über Besonderheiten wie rasche Wetterumschwünge oder die Heftigkeit auftretender Winde informieren.

An einem landesüblichen Regentag beträgt die durchschnittliche Regenmenge in Salzburg 150 Liter pro Quadratmeter. Für Touristen aus dem arabischen Raum sind das unglaublich gewaltige Wassermengen. Wäre Salzburg gut beraten, sich touristisch als Regenwander-Region zu vermarkten?
Siegfried Hetz: Nach meinem Wissensstand wirbt die Salzburger Land Tourismus GmbH umfassend im arabischen Raum. Ein Besuch bei den Krimmler Wasserfällen bestätigt den Erfolg dieses Werbens nachhaltig.

Kann es auch zu stark regnen beim Wandern?
Siegfried Hetz: Ja, ganz eindeutig, vor allem, wenn zum Regen auch noch starker Wind kommt. Aber auch dabei sind die Grenzen der Lust individuell und situationsbedingt. Macht es das eine Mal Spaß, wenn der Wind den Regen ins Gesicht peitscht, wird es ein anderes Mal als bedrohend empfunden.

Und bei Gewitter?
Siegfried Hetz: Sollte man sich schleunigst unter ein schützendes Dach begeben, möglichst nicht unter einen Baum. Und schon gar nicht mit dem aufgespannten Regenschirm unterwegs sein.

Die Unterscheidung in gutes und schlechtes Wetter ist eine menschliche Kategorie. Viele Tiere lieben den Regen. Gibt es Naturbeobachtungen, die einzig bei Regen zu machen sind?
Siegfried Hetz: Wie im Vorwort meines Buches auch beschrieben, sind die Kategorien gut und schlecht in Bezug auf das Wetter relativ zu sehen, wie sich die Natur insgesamt solchen Wertungen entzieht. Lassen wir den faszinierenden Regenbogen nach dem Wolkenbruch einmal beiseite. Lohnend ist der Blick auf den Boden, wenn sich bei Regen die Erde öffnet und die Lebendigkeit einer Fauna sichtbar macht. Beim Gehen im Regen fokussiert sich der Blick zwangsläufig auf das nahe Detail, weil die Weite des Horizonts fehlt.

Welche Wetterzeichen oder Wolkenformationen sollte ich denn lesen können, um sicher unterwegs zu sein?
Siegfried Hetz: Weiße Haufenwolken, auch Cumulus genannt, am Vormittag, signalisieren häufig Regen am Nachmittag. Dunkelgraues Gewölk stellt sicher, dass es länger regnen wird.

Zum Abschluss: Würden Sie konkrete zum Wandern relevante Wetter-Apps empfehlen?
Siegfried Hetz: Wetter-Apps leisten gute Dienste, können aber selbstverständlich nicht alle regionalen und lokalen Phänomene berücksichtigen. Ist man mit der Gegend nicht so vertraut, holt man sich Ratschläge von den Einheimischen. Generell leistet die Bergfex-Wetter-App gute Dienste.

 

„Regenwandern zwischen Salzach und Saalach“ von Siegfried Hetz ist im Verlag Anton Pustet erschienen.

Weiterlesen: Ökologische Gummistiefel im Praxistest

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