Quinoa made in Europe

Quinoa

Das Grundnahrungsmittel der Südamerikaner ist reich an Protein und glutenfrei.

Der Landwirt Rens Kuijten baute als erster Quinoa in den Niederlanden an. Wie aus einem Eigenbrötler-Projekt ein europäisches Netzwerk wurde.

Rens Kuijten wirkt smart, spricht perfektes Englisch und sieht aus, wie ein erfolgreicher Unternehmertyp. Er gehört zur neuen Generation von Landwirten, die dem Credo „Masse statt Klasse“ mit einem ausgeklügelten Unternehmensmodell zu trotzen scheinen. Und er hat Erfolg. Heute ist er mit seinem Unternehmen, der Dutch Quinoa Group (dqg), mit einem ganzen Netzwerk von 40 Landwirten  in den Niederlanden vertreten. Er verkauft Quinoa aus den Niederlanden ohne Einsatz von Pestiziden, und mit dem Fokus auf Regionalität. Seine Erzeugnisse werden lokal verkauft, lange Transportwege seien nicht notwendig und das mache das Ganze auch umweltschonender. Sein Businessmodell? Die 40 Landwirte werden für ein Jahr unter Vertrag genommen. Gleichzeitig werden sie beim Anbau von erfahrenen Landwirten begleitet. Die Bauern erhalten einen festgesetzten Preis für den Quinoa-Ertrag und die Garantie, dass die dqg den gesamten Ertrag zu diesem Preis aufkauft. »Hier tragen wir das Risiko für den Preis, da wir erst im Laufe des Jahres wissen, wie er sich entwickeln wird«, sagt Kuijten. Nach der Abnahme wird der Ertrag zur Reinigung gebracht und daraufhin weiterverarbeitet oder an größere Lebensmittelfirmen verkauft. Die Vereinigung arbeitet auch mit Universitäten zusammen, um den Anbau der Pflanze und den Reinigungsprozess weiter zu verbessern. Und das Business stößt bei den Bauern durchaus auf Nachfrage: „Wir haben sogar schon weitere Landwirte auf der Warteliste“, sagt Kuijten. Mittlerweile haben sich Landwirte europaweit zur European Quinoa Group zusammengeschlossen. Darunter sind Landwirte in Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, England und Spanien vertreten, die in ihren Ländern das machen, was Kuijten in den Niederlanden eingeführt hat.

Quinoa

Der Mann, der die Staudevon Südamerika nach Europa bringen will: Rens Kuijten

Quinoa-Popcorn

Neben der Einschulung anderer Landwirte in den Anbau der Pflanze geht es auch darum, die ganze Kette am Laufen zu halten. Die Dutch Quinoa Group beliefert Lebensmittelunternehmen aber auch Geschäfte. Aus dem reinen Quinoa-Business sind mittlerweile eigene Produkte unter der Marke Lola entstanden. Das Unternehmen beliefert Nahrungsmittelhersteller und diese erzeugen dann Produkte wie Quinoa Flocken für das Frühstücks-Müsli, geröstetes Quinoa und sogar aufgepufftes Quinoa, eine Art Quinoa-Popcorn oder -Waffeln, die aussehen wie Reis-Waffeln. Natürlich habe auch er den aktuellen Trend um unser Produkt gespürt. Diesen sieht er aber eher kritisch. »Wenn man sich die rasche Expansion von Quinoa in Südamerika ansieht, kann man leider davon ausgehen, dass die Qualität und Kontrolle des Anbaus auf Kosten des Ertrags geht«, sagt Kuijten. Pestizide, die bei uns verboten sind, kommen dort zum Einsatz, die Produkte landen dann in unseren Supermärkten, sagt der Bauer. Jährlich werden über 100.000 Tonnen geerntet. Die Pflanze passt sich, laut der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), erstaunlich gut an die unterschiedlichsten ökologischen Bedingungen an. Die AGES kürte die zu den Fuchsschwanzgewächsen gehörende Staude im Jahr 2014 sogar zur Pflanze des Monats. Ob wüstenähnliche, trockene Gebiete oder Regionen mit hoher Luftfeuchte: alles ist möglich. Die Böden sollten aber trotzdem eher locker sein und das Wasser lange halten. Bodenverkrustungen und Verschlämmung wären für den Anbau eher hinderlich, wie die Agentur auf ihrer Seite informiert. Eine gewisse Bodenhöhe ist ebenfalls von Vorteil. In Südamerika wird das Grundnahrungsmittel vor allem im August auf Höhenlage der Anden, also auf etwa 2.000 bis 3.000 Metern Höhe angebaut und das bereits seit 6.000 Jahren.

Quinoa

Quinoa-Stauden vor der Ernte.

»Quinoa in Europa zu kultivieren ist trotzdem keine leichte Sache«, sagt Kuijten. Es brauche viele Versuche und sei ein nie enden wollender Lernprozess. Unmöglich ist es, wie Kuijten und viele andere Bauern in Europa beweisen, nicht. »Ja, es stammt zwar ursprünglich aus Südamerika«, sagt Kuijten, »die Menschen vergessen aber oft, dass Erdbeeren und Kartoffeln ihren Ursprung auch in Südamerika haben und irgendwann in Europa kultiviert wurden. Und dasselbe machen wir jetzt mit der Quinoa-Pflanze«.  Kuijten beschäftigt sich bereits seit 2001 mit dem Anbau der Pflanze, noch lange bevor der Ernährungshype in Europa losging. Ursprünglich wollte er die Stauden anbauen um zu sehen, ob man mit dem hochqualitativen Protein-Produkt Nutztiere füttern könne, erzählt Kuijten. »Ich hatte mir damals Gedanken darüber gemacht, wie man die Pflanze für die Fütterung von Kühen einsetzen könnte, um die Tiere gesünder zu ernähren und so auch den Menschen bessere Endprodukte zu liefern«.

Quinoa

Von Peru nach Bolivien

Er startete seine ersten Anläufe auf einem Ackerfeld seiner Eltern, schnell aber musste er feststellen, dass der Anbau zu teuer ist, um ihn als Futtermittel zu verkaufen. Zehn Jahre später sollte er die Arbeit am Anbau von Quinoa wieder aufnehmen, diesmal als Qualitäts-Endprodukt für Menschen: »Ich bin, bevor ich einen Neustart wagte, unter anderem nach Bolivien und Peru gereist, um Untersuchungen über den Anbau fortzusetzen«. Warum er sich voll und ganz dem Quinoa widmete? Quinoa trage zur vielfältigen Ernährung und Biodiversität bei.. Dadurch, dass diese Alternative zu klassischem Getreide so proteinreich ist, könne es Fleischprodukte im Alltag etwas ersetzen und Menschen mit Diabetes oder Cholesterinproblemen helfen. Und das sei nur ein Vorteil der Quinoa-Pflanze. Ob er einfach nur mit dem Hype geht? Kuijten lacht: »Um so etwas wie die Dutch Quinoa Group aufzubauen, braucht es Jahre, das macht man nicht von heute auf morgen.« Damit wäre auch diese Frage beantwortet.


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