Soll die Freizeitjagd abgeschafft werden? Nein…
… Denn es steht ein funktionierendes System aus privaten JägerInnen hinter dem derzeitigen Wildtiermanagement. Ein Gastkommentar von Christine Fischer.
Eines vorweg: Ohne Jagd geht es nicht. Die Annahme, dass durch ein Verbot der Freizeitjagd weniger Tiere geschossen würden, ist illusorisch. Der Unterschied ist, dass die staatliche Wildhut – auf Kosten der SteuerzahlerInnen – dafür zuständig wäre und nicht mehr die privaten JägerInnen. Im Kern geht es also um eine radikale Umkehr in der Wildtierbewirtschaftung.
In meiner Heimat, der Schweiz, haben wir die öffentliche Debatte und den politischen Diskurs zu diesem Thema bereits hinter uns. Im Stadtkanton Genf ist die Jagd seit über 40 Jahren verboten. Im Kanton Zürich ist die Initiative »Wildhüter statt Jäger« 2018 hingegen krachend gescheitert. Kantonsweit betrug der Neinstimmen-Anteil 84%. Kein einziger Kantonsrat hat für die Initiative votiert: 165 zu 0 betrug das Abstimmungsresultat im Züricher Rathaus. Noch nicht einmal die Grünen konnten sich für die Idee begeistern.
Die Mär vom selbstregulierenden Wald
Und das aus gutem Grund: Die Botschaft, der Wildbestand würde sich von selbst regulieren, ist naiv und irreführend. Sie impliziert eine Streichelzooromantik, die mit der Realität nichts zu tun hat. Die Befürchtungen um den Zustand unserer Wälder und Schäden am Kulturland sind real. Auch zusätzliche Einzäunungen, die nötig wären, sind nicht wünschenswert und würden nicht zuletzt unseren Wildtieren schaden. Im »jagdfreien« Kanton Genf wird das Wild heute von staatlichen JägerInnen mit modernsten, auch militärischen Hilfsmitteln vor allem nachts erlegt.
Keine Profis, aber auch keine AmateurInnen
Die Darstellung der privaten JägerInnen als unverantwortliche AmateurInnen entspricht nicht den Tatsachen. Es wird Zeit, den immensen gesellschaftlichen Beitrag, den sie im Kontext komplexer, großer Zusammenhänge leisten, anzuerkennen. In Österreich trägt die Jagd jedes Jahr 731 Mio. Euro zur Wertschöpfung am regionalen Bruttoinlandsprodukt bei. Dazu kommt nochmals ein Wert von rund 240 Mio. Euro für ehrenamtliche Arbeitsleistungen im Zeichen des Natur- und Artenschutzes. Auch das Beispiel Genf hat bewiesen, dass der fehlende Einsatz der privaten JägerInnen nicht folgenlos bleibt. Das Wildkaninchen ist dort mittlerweile ausgestorben und die Rebhuhnpopulation trotz zusätzlicher Auswilderung auf einen kleinen Restbestand zusammengeschmolzen. Von den Kosten für die SteuerzahlerInnen ganz zu schweigen. Über 1,5 Mio. Franken jährlich schlagen im Kanton Genf allein für die Anstellung der zwölf professionellen Wildhüter zu Buche – weitere Kosten, u. a. für den Verwaltungsaufwand sowie Entschädigungszahlungen für Wildschäden, noch nicht mit eingerechnet.
Teure Romantik
Verwerflich ist es nicht, zur Jagd zu gehen und Ressourcen nachhaltig zu nutzen. Verwerflich ist es vielmehr, der Bevölkerung eine Welt voller Naturromantik vorzugaukeln, die es in unserer vom Menschen geprägten Kulturlandschaft längst nicht mehr gibt. Es ist bigott, sein Schnitzel aus dem Supermarkt zu essen und gleichzeitig die Jagd grausam zu finden. Ich wünsche mir die Rückkehr zu einem sachlichen Dialog und eine klare Differenzierung zwischen Fakten und Ideologien. Wir sollten alle ein persönliches Interesse daran haben, dass in einer freiheitlich liberalen Gesellschaft nicht jedes Feld vom Staat bestellt wird, schon gar nicht dann, wenn ein funktionierendes System aus passionierten und fähigen Menschen dahintersteht.
Christine Fischer ist Akademische Jagdwirtin und bloggt auf hirschundco.com. Sie ist unter anderem Verfasserin von »Social Media Guidelines für die Jägerschaft«. Bild: Privat/Christine Fischer.