Privatbrunnen: Je gemeinsamer, desto besser
Mit der Trockenheit sinkt der Grundwasserspiegel. Private Brunnen zapfen ihn nicht immer mit der nötigen Sorgfalt an.
Vielerorts ist unklar, wer wo wie viel Grundwasser aus Brunnen schöpft. Die Bewässerung von Gärten und das Auffüllen von Pools bedrohen Wälder und Feuchtgebiete, fürchtet das deutsche Umweltbundesamt. Auch dass Brunnen versiegen, kommt immer öfter vor. So auch im Osten Österreichs: »Langfristig ist nur eine gemeinsame regionale Versorgung mit Wasser sinnvoll«, ist Harald Hofmann überzeugt. Die Grundwasserstände und die generelle Verfügbarkeit seien übers Jahr gesehen in den vergangenen Jahren »eindeutig erkennbar« gesunken und zurückgegangen, so der Leiter der Gruppe Wasser beim Land Niederösterreich. Muss tiefer gebohrt oder gar ein neuer Brunnen gegraben werden, gibt es keine Garantie, dass dieser langfristig Wasser führt. Ob sich die Investition ins Vertiefen oder Neugraben nachhaltig rechnet, ist unklar, geteiltes Risiko deshalb erstrebenswert.
Bereits 92 Prozent aller Haushalte beziehen ihr Wasser in Niederösterreich kommunal – das heißt über die Gemeinde oder regionale Wassergenossenschaften. Fünf Prozent, schätzt Hofmann, werden auch langfristig ohne kommunale Anbindung auskommen müssen. Das betrifft vor allem Streusiedlungslagen und abgelegene Gehöfte. Das Graben eines Hausbrunnens für den Eigenbedarf ist in Österreich bundesweit geregelt – und bewilligungsfrei. Eine Bewilligung braucht nur das sogenannte Inverkehrbringen. Dafür reicht es aus, wenn irgendwo Urlaub am Bauernhof angeboten wird. »Es gibt eine höhere Sorgfaltspflicht, wenn andere auch trinken«, erklärt Hofmann. Im Zuge einer Bewilligung wird genau geprüft, woher das Wasser eines Brunnens stammt und dass die tiefliegende zweite Grundwasserschicht nicht angebohrt wird, um eine mögliche Verschmutzung auszuschließen.
Feuerwehr liefert Wasser
»Durch den Klimawandel wird die Menge des vorhandenen Wassers kritischer als das Problem der Qualität«, sagt Harald Hofmann. Was in Vororten schon einmal bedeutet, dass die Bevölkerung aufgefordert wird, im Sommer mit dem Wasser hauszuhalten, weniger zu gießen und auf das Auffüllen des Pools zu verzichten, was heißt, dass in Einzellagen Wasser herangekarrt werden muss. »Im Hochsommer kommt es vor, dass die Feuerwehr mit dem Tankwagen Wasser auf landwirtschaftliche Betriebe bringt.« Müssen Tiere versorgt werden, ist der Wasserbedarf größer als in einem Wochenendhäuschen am Waldrand.
Abgesehen vom Austrocknen sieht der Beamte in einer Verschmutzung die größte Gefahr für private Hausbrunnen: »Die notwendige Wartung wird nicht immer ernst genommen. Im öffentlichen Bereich wird dauernd kontrolliert und gemessen – das gehört im eigenen Einflussbereich auch forciert.«
Wer nutzt? Und wer kontrolliert?
In Deutschland fürchtet das Umweltbundesamt, dass die Behörden in den dafür zuständigen Ländern zu wenig Personal haben, um zu kontrollieren, ob ein Brunnen fachgerecht gebaut wird. Das deutsche Wasserhaushaltsgesetz unterscheidet bei Brunnen zwischen Anlagen zur privaten Wasserentnahme, die lediglich der Bewässerung dient, und solchen zu Zwecken der Trinkwassergewinnung. Theoretisch bedarf jede Gewässerbenutzung einer Erlaubnis. Praktisch gibt es in den Ländern aber höchst unterschiedliche Bagatellgrenzen, ab welcher Wassermenge diese tatsächlich erforderlich ist. In Brandenburg liegt sie beispielsweise bei 5000 m3 pro Jahr, während in Bayern von »geringen Mengen für Zwecke der Land- und Forstwirtschaft und des Gartenbaus zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit« die Rede ist.
Die Anzahl der »Hausbrunnen und Quellen, aus denen Trinkwasser gewonnen wird«, wurde zuletzt 2004 vom Statistischen Bundesamt mit 185.358 erhoben. Aus wie vielen Brunnen bewässert wird, »darüber haben wir selbst keine Komplettübersicht«, bedauert Jörg Rechenberg, der am Umweltbundesamt in Sachsen-Anhalt das Fachgebiet Übergreifende Angelegenheiten Wasser und Boden leitet. Einen Trend kann seine Behörde aus den zugänglichen Statistiken weder für Trinkwasser- noch für Bewässerungsbrunnen ermitteln.
Brunnenbau profitiert
»Wir gehen jedoch davon aus, dass bei zunehmender Trockenheit und Reglementierungen seitens der Wasserversorger bei der Gartenbewässerung Privatpersonen vermehrt eigene Brunnen für die Bewässerung des Gartens anlegen werden«, sagt Rechenberg. »Man hört, dass die Auftragsbücher der auf Brunnenbau spezialisierten Unternehmen gut gefüllt sind.« In Sachsen-Anhalt hält man diese – mutmaßliche – Entwicklung hin zum Graben privater Brunnen auch aus ökologischer Sicht für nicht erstrebenswert: In Zeiten ohnehin sinkender Grundwasserstände führe jeder weitere Bohrvorgang zu einer schwer zu kontrollierenden zunehmenden Grundwasserentnahme. Durch die kumulierte Einzelentnahme verlieren die Behörden den Überblick, wer wo wie viel Grundwasser entnimmt. Mit Sicherheit könne man nur sagen, dass mehr Wasser genutzt werde. Das Problem: Das wirkt sich negativ auf davon abhängige, ohnehin von Trockenheit betroffene Ökosysteme wie Wälder und Feuchtgebiete aus.