Plötzlich berühmt: Experiment Selbstversorgung Thema bei Zentralmatura
Das Experiment Selbstversorgung war Thema bei der ersten österreichischen Zentralmatura. Viele der 40.000 Maturanten haben wohl erstmals über Selbstversorgung nachgedacht. Zumindest in Memes beschäftigt manche das Thema weiter.
Stell dir vor, dein Blog ist plötzlich Thema der Zentralmatura – und zigtausende Schul-Absolventen müssen sich mit deiner Lebensweise beschäftigen! Dem „Experiment Selbstversorgung“ von Lisa Pfleger und Michael Hartl ist genau das passiert. Plötzlich sind die beiden Veganer, Biobauern und Selbstversorger Teil des Kanons unter den Reifegeprüften. Wir haben Michael Hartl gefragt, was das bedeutet – und die beiden um Tipps für eine nachhaltig krachende Matura-Feier gebeten.
BIORAMA: Euer „Experiment Selbstversorgung“ war Thema bei der österreichischen Zentralmatura. Das heißt: 40.000 Maturanten mussten sich mit eurem Projekt beschäftigen. Ich nehme an, ihr kanntet die Maturafragen auch nicht im Vorhinein. Wie habt ihr denn davon erfahren?
Michael Hartl: Nein, wir wussten vorab auch nichts. Das Bifie macht ja die Zentralmatura – und die haben uns davor nicht informiert. Warum auch? Ist ein öffentlich einsehbarer Artikel über uns. Aber um eine Stellungnahme hab ich sie schon gebeten! 😉
Zuerst hat es Lisa über eine Verwandte erfahren, die eben selbst die Deutschmatura geschrieben hat. Und Lisa hat mich dann gleich angerufen. Ich musste sehr lachen, weil ich es für einen echt gut ausgedachten Witz gehalten habe. Aber sehr schnell kamen dann auch die ersten Emails und Kommentare auf der Facebook-Seite und unserem Blog, in denen wir darauf hingewiesen wurden, dass wir eben Thema 3 waren – und da Thema 1 und 2 Textanalysen waren, wollte die wohl so gut wie niemand machen. Also haben wohl recht viele das Thema 3 genommen. Lustig sicher für die Lehrerinnen und Lehrer, die nun die ganze Zeit Leserbriefe und Meinungen zu den Themen Selbstversorgung und genügsames Leben lesen müssen. Aber als Lehrkraft musst du eben die Suppe auslöffeln, die dir das Bifie einbrockt.
Innerhalb der nachhaltigen Community ist das Experiment Selbstversorgung ja schon lange ein Begriff. Jetzt seid ihr so richtig außerhalb der Blase angekommen und gewissermaßen kanonisiert. Wird sich das längerfristig auf euch und eure Aktivitäten auswirken?
Michael Hartl: Naja, das muss sich zeigen. Es gab gestern doppelt so viele Bestellungen unseres Newsletters als sonst, fast 30.000 zusätzliche Besuche auf unserer Website und 600 neue „Fans“ auf Facebook. Das hat sich alles ab 14 Uhr etwa abgespielt. Also ein paar der jungen Menschen werden sich nun wohl weiterhin mit den Themen beschäftigen. Aber let’s see – vielleicht werde ich weiterhin überrascht. Die ganzen Memes haben mich gestern auf jeden Fall überrascht. Sowas erlebt man eigentlich ja nicht.
Plötzlich seid ihr sowas wie Stars. Die Maturantinnen und Maturanten haben euch unzählige Memes gewidmet. Wie geht es einem denn dabei, wenn plötzlich alle Welt Witze über einen reißt?
Michael Hartl: Sowohl Lisa als auch ich finden viele der Memes so kreativ und witzig. Und ich glaube, wir können beide sehr gut über uns selbst lachen. Manche sind klar daneben und es gab auch das ein oder andere ziemlich niveaulose Kommentar – aber im Großen und Ganzen ist es doch echt toll, wieviel Kreativität da frei wird. Und ich bitte Dich: Gerne Pastinaken essen und Wäsche mit Kastanien waschen!
Ich nehme an, dass es neben den Memes auch anderes Feedback gab, oder?
Michael Hartl: Ja, es gab einige liebe Nachrichten über Facebook oder die Website. Und aus meinem Freundeskreis haben sich einige gemeldet, die es irgendwo mitbekommen haben. Die haben mir witzige Memes weitergeleitet und sich für uns gefreut.
Gab es auch Reaktionen, die auf absolutes Unverständnis hindeuten?
Michael Hartl: Klar, immer. Nicht nur diesmal bei jungen Menschen. Das erleben wir oft, dass es da Unverständnis für unsere Lebensweise gibt oder mit Ablehnung oder Witzen reagiert wird.
Aber das ist doch verständlich: Da sind Menschen, die ein in manchen Punkten recht anderes Leben leben. Viel von dem nicht anstreben oder verfolgen, was als erstrebenswert scheint. Das konfrontiert halt schon auch mit eigenen Überzeugungen, egal ob die einzelne Person sich dessen bewusst ist. Und die erste Reaktion, wenn wir uns ertappt fühlen oder wenn wir merken, dass wir da zu einem Thema keine gefestigte Meinung haben, ist halt einen Witz darüber machen.
Und im aktuellen Fall sind wir einfach eine Steilvorlage gewesen. Da muss natürlich auch Druck vom Lernstress raus und Wut auf die Matura. Da bekommen wir sicher auch etwas davon mit ab.
Wisst ihr, welcher Person oder welchen Personen ihr euer Matura-Feature verdankt?
Michael Hartl: Nein, erfahren wir hoffentlich vom Bifie – wäre schon lustig zu wissen, was die sich dabei gedacht haben.
Werdet ihr euch darum bemühen, die besten Maturaarbeiten zu Gesicht zu bekommen?
Michael Hartl: Interessante Idee, aber weiß nicht, wie wir das anstellen sollen. J Wenn wer weiß, wie das gehen könnte, ohne tausende Arbeiten lesen zu müssen – gerne als Tipp in die Kommentare unten schreiben!
Habt ihr noch einen Tipp für die Maturantinnen und Maturanten – z.B. für die Maturafeier, die Maturareise oder den Nachzipf?
Michael Hartl: Auf jeden Fall: Lasst es krachen! Und am Tag nach der Feier dann Pastinaken essen. Die sind blutreinigend (raus mit dem Alkohol, wenn er nicht mehr zum Spaß beiträgt), harntreibend (naja) und vor allem beruhigend (das braucht ja die ein oder der andere…).
Abgesehen von der eher unerwarteten Matura-Prominenz: Was tut sich denn beim „Experiment Selbstversorgung“ gerade?
Michael Hartl: Ich bin ja seit einem Monat wieder im Südburgenland an dem Hof, an dem wir drei Jahre das Projekt aufgebaut haben. Dazwischen war ich unterwegs und hab mir andere Flecken angesehen – bin aber im Endeffekt wieder hier gelandet. Leider hat der späte Frost, den es im Frühjahr gab unsere Obstbäume und -sträucher stark geschädigt, so dass wir da wohl keinen Ertrag haben werden dieses Jahr. Auch viele Jungpflanzen im Garten hat der Frost erledigt.
Nichtsdestotrotz werde ich nun nach und nach wieder den Garten anlegen und möglichst vielfältig anbauen. Pastinaken zum Beispiel. Und Kastanien.
Lisa ist derzeit sehr damit beschäftigt, sich einen Bauwagen auszubauen. Über all das und viel mehr schreiben wir natürlich weiterhin im Blog.