Plastikwald
Julius Werner Chromecek fotografierte einen Wald, der eine sonderbare Verbindung einging.
Ich war letzten Sommer zu Gast auf einem Biobauernhof im Waldviertel, 30 Kilometer entfernt von Melk, und dort hat mich der Bauer auf einen Wald in der Nähe aufmerksam gemacht, den ein besonderes Schicksal ereilt hat.
Vor etwa 20–30 Jahren gab es in der Gegend noch eine Düngemittelfabrik, bei der dem Vernehmen nach die meisten LandwirtInnen eingekauft haben. Die leeren Säcke für den Dünger wurden gern eingesetzt, um junge Bäume gegen Verbiss durch Rehe zu schützen. Weil die Säcke von so außergewöhnlicher Stärke waren, genügte es, diese mit ein paar Ästen zu stützen, damit diese einen 1,20 m hohen Ring um die Jungbäume bilden – gerade hoch genug, damit die Rehe nicht an die Bäume gelangen konnten. Nach einigen Monaten wurden die Säcke wieder entfernt, wenn die Bäume stark genug waren und somit für Rehe nicht mehr attraktiv.
In einem Waldstück aber wurden die Folien nicht entfernt; es ließ sich nicht mehr eruieren, ob die WaldbesitzerInnen schlicht darauf vergessen haben oder ob es andere Gründe gegeben hat. Jedenfalls blieben die Säcke um die Bäume stehen, die immer dicker wurden und im Laufe der Jahre mit den Säcken verwachsen sind (so sehr, dass sie auch mit größter Kraftanstrengung nicht zu trennen sind) und diese zum Teil sprengen. Insgesamt sind diese 20–30 Jahre alten Kunststofffolien, die in der Zeit natürlich der Witterung ausgesetzt waren, erschütternd gut erhalten, man kann alle aufgedruckten Texte mühelos lesen. Zugleich bahnt sich die Natur ihren Weg.
Julius Werner Chromecek ist künstlerischer Fotograf. Im Urlaub hat er einen Tag im Wald fotografisch dokumentiert.
Ab 17. November 2023 sind seine Arbeiten zum Titel »not fair« in der Fine Art Gallery in Traismauer zu sehen.