Eine Plattform für tägliche Perspektiven

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Work in Progress bei Perspective Daily.

Mit Perspective Daily entsteht gerade eine Plattform für Online-Journalismus, die werbefrei, zukunftsorientiert und konstruktiv arbeiten möchte. Wir haben mit den Initiatoren von Perspective Daily gesprochen. 

Wo Nachhaltigkeits-Debatten auf Journalismus treffen, macht seit einigen Jahren der Begriff des Lösungsorientierten Journalismus die Runde. Damit gemeint ist eine Berichterstattung, die Lösungen für Probleme der Gegenwart präsentiert, anstatt die Probleme ins Zentrum von Artikeln und Analysen zu stellen.

Wie man den Journalismus nicht nur lösungsorientiert angeht, sondern auch Strukturen schafft, in denen diese Lösungsorientierung fest verankert ist, darüber machen sich viele Medienschaffende Gedanken. Mit Perspective Daily stellen Maren Urner, Bernhard Eickenberg und Han Langeslag eine ganz neue und eigene Plattform dafür auf die Beine. Im westfälischen Münster arbeitet das Team von Perspective Daily gerade am Finale einer Crowdfunding-Kampagne, die in wenigen Tagen nach zehn Wochen zuende geht. Wieso es diesen Schritt braucht, und was daran wirklich neu ist, wollten wir von dem Team in Münster wissen.

BIORAMA: Bei Perspective Daily soll Journalismus betrieben werden, der Perspektiven bietet und zukunftsorientiert arbeitet. Was bedeutet es ganz konkret, als Journalist zukunftsorientiert zu arbeiten?

Perspective Daily: Es bedeutet, nicht nur die Frage zu stellen, wo das Problem liegt und wer dafür verantwortlich ist, sondern auch zu schauen: Wie kann man die Lage ändern und welche Lösungen gibt es bereits? Wo können wir lernen, wie wir jetzt etwas zum Besseren wenden und das Problem in Zukunft vermeiden können? Dabei spielen Erfahrungen und geschichtliche Zusammenhänge eine große Rolle. Es bedeutet auch, Menschen zu finden, die Visionen haben und vielleicht auch über Utopien zu sprechen.

Was macht Perspective Daily da anders, als etablierte Medien?
Zum einen entfernen wir uns von der tagesaktuellen Berichterstattung und treten einen Schritt zurück. Es geht nicht darum mit der Kamera vom Unfallort zu berichten, sondern mit ein wenig Abstand Zusammenhänge einzuordnen. Anstatt über einzelne Ereignisse zu berichten, stehen bei Perspective Daily Hintergründe und Zusammenhänge im Vordergrund. Zum anderen sind wir das erste werbefreie deutschsprachige Online-Medium, das sich ganz dem Konstruktiven Journalismus verschrieben hat. Wer bei Perspective Daily Mitglied wird, erhält einen längeren, gut recherchierten Beitrag pro Tag. Lösungsorientiert und mit Blick nach vorn. Die Autoren bei Perspective Daily verbinden Fachkenntnisse und Leidenschaft für ihr jeweiliges Thema.

Bei vielen Themen ist ein großer Motivator engagierter Menschen die Empörung über Missstände. Kommt dieser Aspekt nicht zu kurz, wenn man ausschließlich auf Perspektiven als Zugang zu Themen setzt?

Die Empörung über Missstände ist sicherlich ein wichtiges Mittel, um Menschen zu motivieren. Aber Studien haben immer wieder gezeigt, dass ein mediales Überangebot von Missständen bei den Menschen zu Stress, Hilflosigkeit, Zynismus und Passivität führt. Wer ständig nur von Problemen hört, fühlt sich überfordert und gibt schließlich auf. Viele verlieren die Hoffnung und den Glauben selbst etwas verändern zu können. Positive Emotionen und das Aufzeigen von Lösungen hingegen führen dazu, dass Menschen sich stärker für ein Thema interessieren und eine erhöhte Handlungsbereitschaft zeigen.

Gründer

Die Gründer von Perspective Daily: Maren Urner, Han Langeslag und Bernhard Eickenberg

 

Das Ganze soll werbefrei geschehen. Wie sieht der Plan für das Finanzierungsmodell aus? 
Perspective Daily finanziert sich über seine Mitglieder, die eine Jahresmitgliedschaft für 42 Euro erwerben und damit Zugang zu allen Inhalten haben. Auf diese Weise sind wir unabhängig von Anzeigekunden oder großen Geldgebern.
Seid ihr mit dem bisherigen Verlauf der Crowdfunding Kampagne zufrieden? 

Wir haben unsere Kampagnen-Laufzeit von 5 auf 10 Wochen verlängert, da uns zu Beginn die Reichweite fehlte. Was uns sehr positiv überrascht hat und untypisch für Crowdfunding-Kampagnen ist: Es gab keine „stille Phase“, in der kaum Mitglieder dazu kamen. Das Wachstum war nahezu konstant, obwohl zwischenzeitlich wenig über uns berichtet wurde. Das Verdanken wir unseren Mitgliedern, die in ihrem Bekanntenkreis viel von Perspective Daily erzählt haben. Auch unsere Tour durch Deutschland ist uns sehr positiv in Erinnerung geblieben. Wir haben sehr viele interessierte und engagierte Menschen getroffen, die sich ein Medium wie Perspective Daily schon lange wünschen.

Wer sind die Menschen, an die sich Perspective Daily wenden möchte? 

Menschen, die neugierig und interessiert sind. Wir nennen es auch gern „geistesverwandt“. Im Gegensatz zu vielen anderen Medien und Produkten ist unsere Zielgruppe sehr heterogen: Es gibt keine feste Altersspanne und keinen bestimmten sozioökonomischen Status, der alle Mitglieder vereint. Und genau das ist das Spannende: Die vielen unterschiedlichen Denkweisen und Ansätze machen Perspektive Daily so spannend und konstruktiv.

Online-Medien neu zu denken, zu finanzieren, zu konzipieren, das versuchen weltweit sehr viele Menschen mit unterschiedlichem Erfolg. Gibt es Plattformen, die Perspective Daily in der einen oder anderen Hinsicht als Vorbild dienen? 

Die Idee für Perspective Daily verbindet tatsächlich unterschiedliche Ansätze von zahlreichen internationalen Projekten, allen voran das erfolgreiche niederländische Online-Medium De Correspondent. 2013 starteten sie nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne mit 18.000 Mitgliedern und haben mittlerweile mehr als 45.000 Mitglieder gewinnen können. Im englischsprachigen Raum lernen wir zum Beispiel von Vox.com, The Conversation, Ensia und Positive News.

Wer selbst zum Mitglied und Unterstützer von Perspective Daily werden möchte, findet hier zur Anmeldung. 

 

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