Kommentar zu „Grüne Erde sagt Nein zu Facebook“

Photo of social media key button on the black keyboard.

Wir haben Alexander Oswald – früherer Marketingchef bei Nokia und heute Vorstand der Mobile Marketing Association Austria – um eine Einschätzung zum Ausstieg von „Grüne Erde“ aus sozialen Netzwerken gebeten.

Text: Alexander Oswald

Der bewusste Rückzug aus sozialen Netzwerken, um den Datenschutz für seine Nutzer zu gewährleisten, ist ein durchaus interessanter Schritt, den das Unternehmen Grüne Erde hier setzt. Es wird sicher einiges an Zuspruch geben, Bewunderung für den mutigen Schritt usw. Die Argumentation ist nachvollziehbar, aber letztlich nicht schlüssig und aus meiner Sicht nicht nutzenbringend gedacht.

Wem bringt der Rückzug wirklich etwas? Und kann man das wirklich in letzter Konsequenz durchziehen?
Den Nutzern bringt er an sich gar nichts, denn sie hatten immer schon die freie Wahl in welcher Art und Weise sie mit Grüne Erde in Kontakt treten wollen. Und die, die es über Facebook sein wollten, werden auch nach dem Rückzug von Grüne Erde weiterhin auf Facebook bleiben. Und fröhlich auf Webseiten und in sozialen Netzwerken weitersurfen. Mit mehr oder weniger Bewusstsein, welche Daten sie dort über sich preisgeben.

Ich kann ja als Alternative zum Beispiel auf E-mail-Newsletter umstellen. Da stellt sich mir allerdings die Frage, ob Gmail-Accounts für den Newsletter akzeptiert werden, denn auch aus diesem Service gewinnt Google Informationen für besseres Targeting seiner Werbung – und davor sollten Nutzer doch geschützt werden.

Das Unternehmen Grüne Erde hat eine Entscheidung getroffen, die zu respektieren ist. Aber diese Entscheidung ist nicht groß genug, um seine Positionierung im Markt damit nachhaltig auszubauen. Und damit ist es auch kein Wettbewerbsvorteil, ganz sicher keiner in einer zunehmend vernetzten Welt.

Haben sie ihre Kunden eigentlich gefragt, ob sie das wollen? Wenn nicht, ist es eigentlich wenig kundenfreundlich, mir meinen (eventuell) bevorzugten Kanal in Social Media zu nehmen. E-mails brauche ich wirklich nicht noch mehr, Foren sind nett aber nicht so mein Ding und Briefe halte ich wiederum für nicht wünschenswert (aus ökologischer Sicht).

Letzter Screenshot von der Grüne-Erde-Facebookseite - Grüne Erde sagt 7.647 Fans ade
Tatsache ist, dass es ihnen in Zukunft zunehmend schwerer fallen wird, potentielle Interessenten anzusprechen und mit bestehenden Kunden in Kontakt zu bleiben. Bei jüngeren Generationen wird es beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Meine 12-jährige Tochter nutzt als primäre Kommunikationskanäle WhatsApp sowie Instagram und Snapchat. Die ersten beiden gehören Facebook, beim Dritten gibt es ebenfalls Bedenken punkto Datenschutz und damit scheiden sie alle aus. Ich würde dem Unternehmen Grüne Erde denselben Rat geben wie Eltern im Umgang mit sozialen Netzwerken. Man kann sie nicht ignorieren und verbannen, denn der Wunsch Teil einer Gruppe zu sein, bedeutet für die Kinder nun mal die Nutzung solcher Services. Also kann ich nur proaktiv die Diskussion suchen und mit meiner Tochter bereden, was es für Risiken gibt, was andere mit geposteten Inhalten machen usw. Und gemeinsam Wege für eine sinnvolle und so sicher wie eben mögliche Nutzung finden.Bei uns Erwachsenen ist es (zunehmend) auch so, dass wir uns in Netzwerken gemeinsam mit anderen mit Unternehmen austauschen, lachen, loben und kritisieren wollen. Und so sollte auch der Weg von Grüne Erde sein, eine offene, transparente Diskussion über die Vor- und Nachteile in der Kommunikation mit Kunden in digitalen Medien. Das könnte echtes Bewusstsein bei Nutzern schaffen, so langfristig auch zur nachhaltigen Positionierung des Unternehmens beitragen und ihnen einen Vorteil am Markt bringen.Denn es wäre sehr schade, dass ein Unternehmen mit so großartigen Produkten auf Grund seiner selbst eingeschränkten Kommunikation in Zukunft Schaden nimmt, weil viele gar nichts mehr davon erfahren (können).

Wer gerne mehr zum Ausstieg der „Grünen Erde“ von sozialen Netzwerken lesen möchte, einfach hier klicken.

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