Es riecht nach Essig: wir machen Öko-Frühjahsputz
Es ist wieder einmal Zeit für den Frühjahrsputz. Doch herkömmliche Putzmittel sind teuer und können der Umwelt und der eigenen Gesundheit schaden. Es gibt günstige und ungefährliche Alternativen.
Über den Winter hat sich meine Wohnung in eine dunkle, stinkende Höhle verwandelt. Die Fenster lassen kaum noch Licht durch, so verdreckt sind sie. Es ist höchste Zeit für einen gründlichen Frühjahrsputz, doch Putzmittel sind teuer und schlecht für die Umwelt. Das Internet weiß Rat. Es empfiehlt mir allerlei preisgünstige und ökologisch vertretbare Alternativen, die ich teilweise schon in meinem Besitz habe, zum Beispiel Essig. Was? Essig?
Auf Öko-Putzmittel umzusteigen, ergibt schon Sinn, denn man möchte die Oberflächen, von denen man isst, nicht mit giftigen Substanzen versetzen und wenn man seine dreckigen Fenster mit Essig poliert, kann man die am Ende auch noch ablecken. Essig soll desinfizierend, kalk- und schmutzlösend wirken, Wasch- oder Speisesoda ebenfalls, und noch dazu schlechte Gerüche absorbieren. Zusammen sollen die beiden auch einen echt starken Rohrreiniger ergeben. Zitrone wirkt angeblich ähnlich wie Essig, ist aber nicht so aggressiv und kann daher auch für empfindlichere Oberflächen wie bspw. Holz verwendet werden. Salz soll gut zum Schrubben sein, ohne zu zerkratzen (außer bei Teflon) und Kokosöl bietet neben dem Verzehr noch viele andere Verwendungsmöglichkeiten im Haushalt, wie etwa als Schuh- oder Möbelpolitur, als Trägerstoff für andere Reinigungsmittel, wie Soda und kann sogar in der Kosmetik verwendet werden. Dann gibt es da noch die „magische“ kastilische Seife von Dr. Bronner, mit der man angeblich so gut wie alles waschen können soll, angefangen bei den Haaren und der Haut natürlich, über Geschirr, Gemüse, alles. Ich bin skeptisch und kaufe deshalb nur die Probiergröße, denn die Naturseife ist nicht ganz so günstig wie erhofft. Laut Internet braucht die Ökowaschküche außerdem Wasserstoffperoxid und Waschnüsse, doch darauf verzichte ich lieber. Wasserstoffperoxid bekommt man nur in speziellen Drogerien oder im Versandhandel und Waschnüsse kaufe ich nicht, weil die Nachfrage in westlichen Ländern einen enormen Preisanstieg in Indien verursacht, wo die Menschen auf Waschnüsse angewiesen sind.
Beim Essig habe ich mich für die billigste Variante, die Essigessenz entschieden. Es muss den Fenstern ja nicht unbedingt schmecken, sie sollen einfach nur streifenfrei sauber werden. Ich verdünne das Konzentrat mit Wasser und fülle es in eine ausgediente Deoflasche. Meine Fenster haben jeweils 2 Flügel. Ich putze den einen mit herkömmlichem Fensterputzmittel, den anderen mit Essig, um zu sehen, was besser funktioniert. Erster Eindruck: der Essig stinkt bestialisch! Das herkömmliche Putzmittel riecht wesentlich besser. Kein Wunder, es ist ja auch parfümiert. In der Anwendung merke ich kaum einen Unterschied. Dafür im Ergebnis. Beim herkömmlichen Putzmittel bleiben winzig kleine Schmutzspuren, die man zwar nur sieht, wenn man sehr nahe an die Scheibe herantritt, doch beim Essig ist es makellos, blitzeblank. Ich bin begeistert! Wie lang ich von den sauberen Fenstern etwas habe, sehe ich dann, wenn meine Nachbarin von oben wieder anfängt ihre Blumen zu gießen. Dann beginnt der Spaß von vorn.
Als nächstes kommt das Waschbecken im Badezimmer an die Reihe. Eine Seite reinige ich mit normalem Badreiniger, die andere wieder mit Essig. Beide Seiten wirken auf den ersten Blick sauber, doch die Seite, die mit dem chemischen Reinigungsmittel geputzt wurde, fühlt sich etwas rau an. Die Essig-Seite ist entkalkt. Mittlerweile hab ich mich auch an den Geruch gewöhnt.
Beflügelt von diesen Erfolgen wage ich mich nun an die Königsdisziplin des Saubermachens heran: meinen Backofen. Das war schon wahnsinnig verkrustet als ich in meine Wohnung eingezogen bin und ich habe es nie richtig sauber bekommen. Das Internet empfiehlt mir, eine Paste aus kastilischer Seife und Waschsoda zu machen. Es wird wirklich sehr pastös, habe ich etwas falsch gemacht? Hätte ich das feinere Speisesoda verwenden sollen? Mir schwant Übles. Auf der anderen Seite des Ofens verwende ich normalen Backofenreiniger in Schaumform. Diesmal gewinnt die natürliche Variante den Geruchstest, die Seife duftet nach Zitrusfrüchten, der Backofenreiniger reizt die Nasenschleimhaut.
Während es einwirkt, mach ich mir einen Tequila ohne Tequila und schrubbe meine Schneidebretter mit in Salz getunkten Zitronen. Ich weiß nicht, ob sie das wirklich sauber macht, aber wenigstens riechen sie gut. Ich mache mir eine weitere Paste aus etwas Kokosöl und Speisesoda und schrubbe damit die mit Staub verklebten Regale über dem Dunstabzug und der Staub löst sich wie von selbst. Ich muss nur noch einmal drüberpolieren um die Ölreste zu entfernen. Es ist sauber und riecht nach Urlaub. Was will man mehr?
Dann ist es an der Zeit, mein Backrohr vom Reinigungsschaum und der Paste zu befreien. Das Ergebnis ist ernüchternd. Ich bin enttäuscht. Der Ofen sieht genauso aus wie vorher, nur ist es jetzt nass. Da hilft wirklich nur wegschmeißen. Verflucht sei mein Vormieter… oder dessen Vormieter, ich weiß es nicht. Kastilische Seife ist eben doch kein Zaubermittel, sondern einfach nur Seife. Wenigstens ist sie ökologisch nachhaltig produziert, fair gehandelt und nicht an Tieren getestet. Ich werde ein anderes Mal ihre weiteren Verwendungsmöglichkeiten ausprobieren. Jetzt strecke ich mich erst mal in meiner sauberen Wohnung aus und genieße seit langem wieder den Sonnenuntergang durch meine glasklaren Fenster.