Occupy The Acker

Seit 17. April besetzt die Organisation SoliLa das ehemalige und eigentlich an die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) zu retounierende Versuchsfeld der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU). Studenten, Gärtner und „Landlose“ haben in einer angekündigten Aktion ein relativ großes Stück Land für die Allgemeinheit gefordert. BIORAMA auf Besuch bei den Landbesetzern.

Hinter dem stark eingedellten Zaun, der leicht durch improvisierte Stiegen überwunden wird, betritt man den farbenfroh gekennzeichneten Eingang. Vier Hektar Feld mit Obstgarten, Gewächshäusern und zwei verfallenen Ziegenställen sind jetzt im Besitz der Öffentlichkeit. So sieht das jedenfalls die Solidarischen Landwirtschaft (SoliLa), wie die Gruppe von Aktivisten sich nennt. Aus den über 100 Besetzern vom 17. April ist die Gruppe mittlerweile auf 14 Menschen geschrumpft. Felder werden umgegraben und Events werden geplant. Man läuft gerne barfuß durch die Wiesen und schaut, trotz einer möglichen Räumung, positiv in die Zukunft. Nachbarn haben schon angefangen, Felder zu bebauen, und es kommen immer mal neue Interessenten vorbei. Ob diese Besetzung aber auf Dauer bestehen bleibt, ist nach wie vor vollkommen ungewiss.

 

BIORAMA: Wie sieht der Alltag bei euch im Lager aus? Ihr gebt auf eurem Blog 17april.blogsport.eu einen Tagesplan an. Wie genau haltet ihr euch daran?

Manfred: Im Prinzip starten wir immer gemeinsam in den Tag und schauen mal, wer was tun will und wer was tun kann. Wir haben teilweise noch Uni und Arbeit nebenbei und darum kann jeder was machen, wenn er gerade Zeit hat. Ansonsten sind die Tagesabläufe nicht wirklich durchgeplant, es verhält sich eher spontan und wir sehen diesen Tagesplan eher als Rahmen.

Was sind eure Forderungen? 

Unsere Forderungen haben wir von Anfang an klar definiert: Land denen, die es bewirtschaften, Ernahrungs-, Saatgut- und Landsouveränitaet, das Recht auf kooperative, kollektive, autonome, bedürfnisorientierte, kleinbäuerliche Nahrungsmittelproduktion in Stadt und Land und ein Stopp der Stadtverdichtung zulasten selbstbestimmter Räume.

Wie seid ihr auf das brachliegende Versuchsfeld der BOKU gekommen? Gab es da einen Tipp oder war das reiner Zufall?

Das Feld wurde ja sehr lange von der BOKU genutzt und es sprach sich in Studenten-Kreisen herum, dass es nun verkauft werden sollte. Nach Erkundigung bei der BOKU und der BIG sind wir so an weitere Information gelangt. Wir haben zwar auch BOKU-Studierende dabei, aber eher wenige und wir sehen es auch nicht als Studierendenprojekt an. Unsere Gruppe besteht aus Bauern, Gärtnern und Landlosen.

Das kreative Kompostklo der Landbesetzer versorgt die Felder mit "Fest- und Flüssigdünger"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Landbau ist ja nicht nur zeit-, sondern auch kostenintensiv. Wie finanziert ihr euch Saatgut und Wasser? Benutzt ihr nach wie vor die Wasserleitung der BOKU, welche wahrscheinlich noch von der Universität gezahlt wird? Wie wollt ihr das in Zukunft regeln?

Ja, das Wasser benutzten wir von der BOKU, es gibt zwar pumpengetriebenes Grundwasser, welches sich für die landwirtschaftlichen Zwecke besser eigenen würde, aber da haben wir keinen Zugang. Das Wasser wurde uns ja kurzfristig abgedreht, läuft aber mittlerweile schon wieder. Wir wissen aber nicht warum.
Wir haben auch schon Verhandlungen mit der BOKU gehabt, um Zähler bei Strom und Wasser installieren zu lassen, damit wir dass von uns Verbrauchte auch zahlen können. Es stört uns ja natürlich, dass wir das stehlen. Wir wollen das nicht. Aber klar, wenn so etwas genehmigt werden würde, dann würde es schon zu sehr nach Duldung aussehen. Es würde aussehen, als ob sie alles durchgehen lassen würden. Falls Probleme aufkommen, haben wir aber schon Zuspruch von den Nachbarn bekommen, die uns gerne mal den Schlauch über den Gartenzaun rüberreichen würden. Ansonsten kochen wir mit Gas aus mitgebrachten Kartuschen, die immer mal wer über den Zaun rüber werfen muss. Und Wärme… naja, da haben wir nur Körperwärme. (lacht) Saatgut haben wir teilweise zusammengekauft, aber zu einem großen Teil aus privaten Spenden erhalten. Auch von der Arche Noah haben wir Pflanzen und Samen erhalten.

Die Besetzung dauert nun schon eine Woche. Welchen Widerständen musste man sich da schon entgegenstellen?

Das Einschüchternste waren wohl die Polizisten, die kurz nach der Besetzung des Geländes  kamen. Es waren ziemlich viele mit Blaulicht da und das war einigen Demonstranten nicht geheuer.

Gab es auch negative Reaktionen von Anrainern?

Ja. Eine Dame, die gegenüber wohnt, hat uns gesagt, wir sollen es doch lassen und unsere Energie nicht für so etwas verschwenden, dass es keinen Zweck hat und wir am Ende ohnehin verlieren werden. Ansonsten reagieren die Leute vollkommen positiv und kommen sogar – wie heute – spontan mit Kuchen vorbei.

Wenn man sich die recht schnelle und effektive Räumung des besetzten Audimax der Uni Wien letzte Woche anschaut – wundert ihr euch, warum hier noch nichts passiert ist?

Wir haben Glück. Das Interesse an einer Räumung ist nicht so groß. Für eine Räumung müsste sich die BOKU einsetzten und es wäre ja auch für die BOKU eigentliche negative Publicity, wenn Leute vom Feld geräumt werden, wenn diese doch den eigentlichen Lehrauftrag der BOKU hier ausüben wollen. Innerhalt der BOKU gibt’s da sicher auch Meinungsverschiedenheiten.

Auch bei der damaligen Audimaxbesetzung 2009 blieben zuletzt nur mehr ein paar Demonstranten übrig und die Menge blieb aus. Wie kommt ihr gegen das Ausbleiben von Mitstreitern und dem schleichenden Abklingen des Interesses an?

Wir arbeiten nach wie vor an unserer Unterstützungserklärung und besonders die Barrieren zu den Nachbarn wurden im Laufe der Woche gebrochen. Viele von den Leuten haben Nummern dagelassen und stehen auf Abruf bereit. Sie würden bei Räumungsmeldungen auf jeden Fall mitanpacken. Ansonsten organisieren wir uns über unseren Blog und wollen eine größere Einbindung mit Vorträgen und Workshops fördern. Unsere nächsten Infoveranstaltungstermine kann man auf unserem Blog finden. Wir fangen auch gerade mit Youtube-Videos und Facebook an.

Ihr habt euch auch in anderen Artikel sehr kritisch gegenüber der BOKU geäußert. Was hätte den die BOKU anders machen sollen. Was wollt ihr überhaupt von der BOKU?

Man glaubt immer, dass man eine Menge Geld braucht, aber was wir brauchen, ist einfach nur eine Menge Raum. Finanziell benötigen wir gar nichts von der BOKU, wir wollen auf unseren eigenen Füßen stehen. Obwohl es schade ist, dass die Universität anscheindend Geld für Versuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen hat – auf dem Gelände befindet sich ein abgeriegeltes Glashaus mit Gen-Marillen – aber nicht für alternative Vorträge .

Update der Redaktion : Am Donnerstag den 26. April.2012 wurde eine Räumung des Feldes von der BOKU veranlasst.  Sicherheitspersonal begannen um 08:00 ca. 60, teils extra angereiste, Aktivisten und Aktivistinnen auszuquartieren. Um 11:45 verließen auch die letzten Besetzer den Platz.

 

Eindrücke vom besetzten Feld:

 

http://epizentrum.noblogs.org
http://ggardening.blogsport.eu
http://unibrennt.at
http://17april.blogsport.eu
http://www.reclaimthefields.org
http://krisu.noblogs.org

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