Nina Proll erzählt vom alten Bauernleben auf dem Land
Bild: Peter Rigaud
Eine Welt, ein ganzes soziales Universum ist verschwunden: In Kurt Bauers Buch „Bauernleben – Vom alten Leben auf dem Land“ erzählen Frauen und Männer ihre Lebensgeschichten und Erinnerungen, an ihr Leben, ihre Kindheit und Jugend auf dem Land, im Dorf und auf dem Bauernhof. Schauspielerin und Sängerin Nina Proll, die selbst auf einem Bauernhof in Tirol lebt, hat den ersten Teil nun als Hörbuch eingelesen.
BIORAMA: „Früher war alles besser“ ist wohl eine beliebte Phrase. Kannst du dich an einen Moment des Lesens und Sprechens von „Bauernleben“ an dem du gedacht hast: „Ja, das könnte wirklich besser gewesen sein als heute?“
Früher gab es festere Strukturen, was auch Sicherheit gegeben hat: Ein Bauer war ein Bauer, ein Handwerker Handwerker und ein Adeliger adelig. Und der Sohn desjenigen ist mit 99%iger Wahrscheinlichkeit auch Bauer, Handwerker oder Graf geworden. Heute kann jeder theoretisch alles erreichen, hat aber, wenn er es nicht schafft umso mehr das Gefühl, dass er persönlich gescheitert ist. Ob das wirklich besser oder schlechter ist, kann ich nicht beurteilen. Es sind komplett andere Schwierigkeiten, vor denen wir heutzutage stehen.
Was ich eigenartig finde, ist, dass heutzutage Bauern, die 20 Milchkühe haben, ohne Förderungen nicht überleben können. Das scheint mir so unverständlich, wenn man bedenkt, dass vor dem 2. Weltkrieg die Lage wesentlich schlechter war, die Bauern aber immerhin sich selbst mit 20 Kühen gut versorgen konnten. Ich verstehe die Landwirtschaftspolitik von heute nicht, wo ein Liter Milch nicht einmal 1 Euro kostet. Ich wäre bereit, dafür mehr zu bezahlen.
Bei Bauernleben lernt man ein sehr retardierende Vorstellung vom Leben kennen: Jeder hat seinen fixen Platz und seine fixen Aufgaben. Veränderungen passieren zufällig oder mit Glück, wie einen Mann oder eine Frau mit Besitz zu ehelichen. Passt so ein statisches Leben noch in unsere heutige Welt?
Natürlich nicht, aber es ist interessant zu wissen, woher wir kommen. Dass wir heute „nur“ noch aus Liebe heiraten dürfen, ist die Errungenschaft unserer Vorfahren. Wenn man sich der Vergangenheit bewusst ist, weiß man die gegenwärtigen Möglichkeiten viel mehr zu schätzen. Auch das Wahlrecht für Frauen ist ja keine Selbstverständlichkeit. Es gibt Menschen, die dafür gestorben sind.
Bild: Mono Verlag
Die Eierspeis’ war früher etwas Besonderes, berichtet ein Autor, obwohl es genug Eier gab. Wieso denkst du, ist es den Menschen früher leichter gefallen auf etwas zu verzichten, was sie in Massen umgeben hat?
Ich glaube nicht, dass es ihnen leichter gefallen ist. Es war die Not, die sie dazu gezwungen hat. Man hatte zwar, aber man musste sie verkaufen, um leben zu können.
Welche Erfahrungen hast du mit dem Leben am Land abseits des Hörbuches gemacht?
Ich bin am Land aufgewachsen, im nördlichen Waldviertel und wegen der Liebe, wieder auf dem Land, in Tirol, gelandet. Es war eigentlich nicht meine Absicht, aber jetzt, wo ich da bin, genieße ich es sehr. Auch wir haben Hühner, die Eier legen, und wir essen alle selber (lacht)…
Wieso werden gerade so viele Künstler von der Stille der Natur angezogen und ziehen sich auf das “einsame” Leben am Land zurück?
Ich denke, alle Menschen, die „die Natur“ suchen, suchen sich selbst. Die Natur behandelt jeden gleich und ist ziemlich gleichgültig gegenüber unseren Taten und Werken. Man wird also extrem auf sich selbst zurückgeworfen, wenn man die „Stille der Natur“ sucht.
Aus dem Buch könnte man wohl ein ganzes Lexikon an Begriffen ziehen, die heute keiner mehr kennt. Welche hast du dir gemerkt?
Ich weiß nur, dass ich beim Lesen oft bei der „Legende“ nachschlagen musste, da ich sehr viele Ausdrücke nicht kannte.
Ohne nachzusehen – weißt du noch, was “Krummet” ist oder was jemand tut, der “Ohren abnimmt”?
„Krummet“ ist, glaub ich, das erste abgeschnittene Gras im Sommer, oder? „Ohren abnehmen“ weiß ich schon nicht mehr. Vielleicht ein Begriff vom „Sauschlachten“?
Hast du für dich persönlich etwas von der Lektüre gelernt?
Demut vor der Arbeit des Bauern – damals wie heute.
Kurt Bauers Buch „Bauernleben – Vom alten Leben auf dem Land“ erscheint als Hörbuch im Mono Verlag. Es liest Nina Proll.
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