Nicht nur vom Brot allein
Helmut Gragger und Josef Weghaupt: die coolsten Bäcker der Stadt. Jung, frech und sie haben die besten Brote im Ofen. Bei Social Media gehen sie verschiedene Wege. Wir wollten wissen, warum.
BIORAMA: Warum boomt Brot im Moment so? Ich meine nicht irgendein Brot, sondern hochwertige Brotspezialitäten, die auch einen gewissen Preis haben.
Josef Weghaupt: Ich bin überzeugt, dass der Konsument von der Qualität, die er im Handel jetzt über Jahre hinweg bekommen hat, einfach gesättigt ist. Ich glaube auch nicht, dass es reicht, »bio« draufzuschreiben. Darüber sind wir hinweg. Der Konsument will einen spürbaren Unterschied haben, und dieser Unterschied muss sich im Geschmack manifestieren.
Helmut Gragger: Ich glaube, weil es einfach …
Weghaupt: Entschuldige, darf ich kurz ein Foto für Facebook machen?
Gragger: »… also ich glaube einfach, weil es mittlerweile so wenig handwerklich gut gemachtes Brot gibt.
Weghaupt: … und ist schon online.
Gragger: Echt? So schnell geht das? … also ich glaube einfach, weil es mittlerweile so wenig handwerklich gut gemachtes Brot gibt. Und weil viele es von früher her noch kennen, wie gutes Brot schmecken soll. Naja, und weil jetzt eine neue Generation von Bäckern heranwächst – wir sind beide ja noch recht jung –, die einen anderen Weg gehen mit der Bäckerei.
Weghaupt: Ich merke bei unseren Kunden, die suchen nicht einfach nur – die haben ein echtes Verlangen. Nach guter Qualität und ehrlichen Produkten.
BIORAMA: OK, darin seid ihr beide euch recht ähnlich. Qualitätsorientierung, Handwerk, guter Geschmack. Wie bringt man digital rüber, dass es schmeckt?
Weghaupt: Keine Ahnung.
BIORAMA: Offensichtlich gelingt es euch aber irgendwie.
Weghaupt: Also wenn wir über Facebook reden, dann posten wir einfach unsere Produkte. Den Kanal nutzen wir, seit wir gestartet sind – und zwar ziemlich massiv. Wir haben damit begonnen, weil wir gemerkt haben, dass unser Brot kein Gesicht hat. In der Gastronomie waren wir ganz gut vertreten, aber im Shop? Da haben wir uns überlegt, wie wir das lösen können. Homepage! Klar, brauchen wir – aber wie halten wir die Website aktuell? Wie kann ich schnell kommunizieren, ohne jemanden damit zu beschäftigen, der andauernd die Homepage auf Stand hält? Also, was ist der schnellste Kommunikationsweg? Hey, Facebook. Cool, machen wir.
BIORAMA: Woran habt Ihr erkannt, dass das Facebook-Engagement erfolgreich ist?
Weghaupt: Likes!
BIORAMA: Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Likes und Umsatzzahlen?
Weghaupt: Nein. Oder doch. Keine Ahnung. Eigentlich erheben wir diese Zahlen nicht. Wo es schon spürbar wird, sind Aktionen. Wir haben 120 Like-Brote für 10.000 Likes verschenkt. Aber das ist nicht wirklich repräsentativ. Mir geht es bei Facebook nicht um Zahlen. Ich will den direkten Kontakt mit meinen Kunden. Bei den Erdbeergolatschen wollten die Leute zum Beispiel wissen, wo wir unsere Erdbeeren her haben. Dann schnell und unkompliziert zu reagieren ist schon cool. Schau, das ist mein heutiger Tag. Brioche – Foto, Bio-Polentabrot mit Paradeisern von Erich Stekovics – Foto. Und im Laufe des Tages posten wir das.
BIORAMA: Nehmen die Kunden im Shop Bezug auf euren Facebook-Auftritt?
Weghaupt: Nein, eher selten. Was dagegen oft vorkommt ist, dass uns Leute auf Facebook direkte Rückmeldung geben. Positiv wie negativ. Darauf versuchen wir rasch zu reagieren. Das ist ein Kanal, der uns mittlerweile recht wichtig ist.
BIORAMA: Helmut, bei euch schaut das ja ganz anders aus. Wie kam es zur Entscheidung – wenn es eine Entscheidung war –, nicht auf Social Media zu setzen?
Gragger: Das war keine bewusste Entscheidung. Ich bin gelernter Bäcker und habe nie was anderes gemacht als Brot zu backen. Wir haben dann in Wien ein Geschäft eröffnet und sind über Mundpropaganda bekannt geworden. Und das hat eh ein paar Jahre gedauert. Der »Hype« ist übrigens erst in Wien entstanden. Wir waren aber davor auch schon ziemlich gut. Aber eine Holzofenbäckerei im 1. Bezirk zu eröffnen, war halt schon – wie soll ich sagen – recht ungewöhnlich. Jedenfalls war mir das nicht bewusst, dass ich als Bäcker auch einen Hype auslösen kann. Von Köchen kannte ich das. Auch von Winzern. Aber Bäcker? Das war neu. Wahrscheinlich nicht nur für mich. Jedenfalls war deswegen Werbung im klassischen Sinn gar nicht notwendig. Was ich schon angehen möchte ist, ein Blog über Brot zu starten. Allerdings weniger als werbetechnische Maßnahme, sondern weil da so viel Potenzial und so viele Themen drinstecken.
BIORAMA: … zum Beispiel?
Gragger: Ich habe gerade ein Interview für eine österreichische Tageszeitung zum Produkt »Eat the Ball« (Anm.: ein in Ballform vermarktetes Gebäck, das mittels Enzymen länger haltbar ist) gegeben, weil für mich Produktionsweise, Inhaltsstoffe und Haltbarkeit nicht zusammenstimmen. Da geht es hauptsächlich um nicht deklarationspflichtige Enzyme. Das ist ein klassisches Thema für ein Brot-Blog, das sind Themen, die öffentlich diskutiert werden müssen. Das interessiert mich schon.
BIORAMA: Wie geht es weiter, was sind eure nächsten Projekte?
Gragger: Josef kauft sich einen Holzofen und ich mache eine Facebook-Seite auf (beide lachen). Nein, im Ernst. Ich will, dass bei mir alles weiterläuft und sich gut entwickelt. Keine großen Änderungen, keine Expansionspläne.
Weghaupt: Wir eröffnen bald eine neue Location. Wo, ist noch top secret. Aber bald. Schau, wie viele Likes wir schon haben!
[UPDATE der Red.: So geheim ist das inzwischen gar nicht mehr. Joseph Genuss hat in der Landstraßer Haupstraße 4, 1030 Wien eröffnet. Aktuelles dazu gibt’s auf www.facebook.com/josephgenuss]
www.gragger.at
www.joseph.co.at
Bioranking – Bio-Hitlist in Social Media
BIORAMA und Super-Fi präsentieren mit dem Bioranking eine Performance-Messung von Bio-Marken in sozialen Netzwerken.
Bio wächst – die Nachfrage nach biologisch produzierten Lebensmitteln, Eco-Fashion und Bio-Kosmetik steigt weiter. Offline sprechen die Zahlen für sich. Doch wie handelt die Bio-Branche in Social Media, um sich im immer größer werdenden Markt zu positionieren und mit Kunden in Kontakt zu treten? Das Bioranking zeigt, wie die Bio-Branche, in der abseits von großen Vermarktungsstrukturen viele kleine Produzenten und Händler agieren, das vorhandene Potenzial von sozialen Netzwerken nutzt. Fast 300 Bio-Marken aus Österreich, Deutschland und der Schweiz werden zurzeit im Bioranking beobachtet. Und es werden täglich mehr. Das von Super-Fi entwickelte System errechnet basierend auf den Algorithmen des Social Media Ranking eine Maßzahl für die Performance in den sozialen Netzwerken. Reichweite und insbesondere die Fähigkeit zur Interaktion sind ausschlaggebend für die Relevanz in Social Media. Innerhalb des Biorankings kann nach den Kategorien Lebensmittel, Getränke, Kosmetik und Fashion & Design sowie nach Ländern (Österreich, Deutschland und Schweiz) gefiltert werden. Ganz an der Spitze gibt es keine großen Überraschungen. Beachtlich ist allerdings, dass sich neben den großen Bio-Marken wie Alnatura, Ja! Natürlich, Zurück zum Ursprung oder Zotter mittlerweile mit Joseph Brot, Coffee Circle oder Mymuesli auch trendige Bio-Lifestylemarken einen Namen machen. Natürlich soll das Bioranking laufend ergänzt werden und wachsen. Fehlende Bio-Marken und -Akteure können über Eingabefelder auf der Website vorgeschlagen werden. Entspricht ein Account den Anforderungen, wird er in das Ranking aufgenommen.