Bio wird breiter
Ab 2020 müssen die EU-Staaten eine neue Bioverordnung umsetzen. Sie weitet die bisherigen Regelungen aus und den Anteil der Bioproduktion erhöhen. Was ändert sich?
Saatgut
Die neue Verordnung unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Arten von Biosaatgut, nämlich zwischen »biologisch heterogenem Material« und »für biologische Produktion geeigneten biologischen Sorten«. Heterogenes Material darf zukünftig ohne Zulassung getauscht, vermarktet und angebaut werden. Damit kann in Zukunft Saatgut mit großer genetischer Diversität in den Anbau und schließlich auf die Felder und Teller gelangen.
Die für biologische Produktion geeigneten Sorten betreffen vor allem konventionelle Züchtungen, die für den Einsatz als Biosaatgut geeignet sind. Zukünftig sollen Landwirte diese Sorten in mehrjährigen »temporären Versuchen« einsetzen dürfen. Bisher war der Einsatz von Saatgut mit viel bürokratischem Aufwand verbunden. Zukünftig soll der Zugang zu Saatgut durch die Neuregelungen erleichtert werden. Die Öko-Verbände konnten sich hier mit der Forderung durchsetzen, den Zugang zu Biosaatgut zu erleichtern.
Gültigkeitsbereich
Für eine ganze Reihe von Produkten, kommt eine EU-Biozertifizierung bisher gar nicht infrage. Wildfleisch zum Beispiel. Oder auch traditionelle Kräuterzubereitungen, Bienenwachs, Kork, Wolle oder Salz. Das wird sich mit der neuen Bio-Verordnung ändern, mit der eine Reihe neuer Detailregelungen für Produktgruppen eingeführt werden, die den Gültigkeitsbereich von bio nach EU-Definition erweitern.
Bodengebundenheit
Biologischer Anbau soll laut EU auch weiterhin auf Boden stattfinden, und nicht etwa auf Substraten oder in Hydrokulturen. Die skandinavischen Länder allerdings haben sich Ausnahmeregelungen erstritten. Denn hier wurde viel in neue Anbauformen investiert, die regionale Lebensmittelversorgung auch unter schwierigen Klimabedingungen ermöglichen sollen – unabhängig vom Boden. Damit bleibt Vertical Farming vom EU-Biosiegel ausgeschlossen.
Weniger Bürokratie
Ein Ziel der neuen Bioverordnung ist auch der Abbau von bürokratischen Hürden für Bioproduzenten. Gruppenzertifizierungen sollen zukünftig ermöglichen, dass Zusammenschlüsse von Produzenten gemeinsam eine Biozertifizierung erwirken und nicht allen einzeln zertifiziert werden müssen. Außerdem sollen auch unverpackte Lebensmittel – relevant vor allem in der Direktvermarktung – ein EU-Biosiegel erhalten können.
Pestizid-Kontamination
Auf einheitliche Regeln für den Umgang mit Pestizid-Kontaminierungen bei Bio-Erzeugnissen konnte sich in Brüssel nicht geeinigt werden. Sie werden weiterhin »flexibel gehandhabt«. Staaten können somit selbst entscheiden, ob sie Grenz- und Schwellenwerte für Pestizidrückstände einführen.
EU-Standards auch für Importe
Ungefähr jedes zweite Bioprodukt, das in der EU verkauft wird, stammt aus einem Land außerhalb der Union. Neue einheitliche Regelungen sollen zukünftig dafür sorgen, dass für Importware die gleichen Standards gelten, wie für Produkte aus EU-Produktion. Damit soll die EU-Biolandwirtschaft vor Wettbewerbsnachteilen geschützt werden.