Nachhaltige Energieversorgung – eine geladene Debatte

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Zum 300. Geburtstag des Prinzips Nachhaltigkeit ließ das Ökosoziale Forum über Vergangenheit und Perspektiven des Prinzips Nachhaltigkeit im Energiesektor diskutieren. Ein Konfliktthema mit viel Lobbyismus. BIORAMA hat aufmerksam zugehört.  

1713 hat ein sächsischer Agrarökonom und Beamter den Begriff der Nachhaltigkeit mit dem Inhalt aufgeladen, für den er noch heute steht. Jenem Hans-Carl von Carlowitz verhilft das 300 Jahre später mit einiger Verspätung zu ideengeschichtlicher Prominenz. Carlowitz ging es um schonenden Umgang mit Holz. Noch heute geht es bei Nachhaltigkeit ganz besonders um Energieträger, und da lässt sich einiges diskutieren. Das Ökosoziale Forum Wien lud in die Kuppelhalle der Technischen Universität am Karlsplatz, um genau das zu tun. Der Titel der Diskussion war dabei nicht unbedingt optimistisch gewählt: „300 Jahre Nachhaltigkeit. 1713 bis 2013 – Ende einer Ära?“.

Die Diskussionsteilnehmer ließen fachlich versierte und ökonomische Gedanken zum Thema erwarten. Zum niederösterreichischen ÖVP-Landesrat Stephan Pernkopf, der nebenbei Präsident des Ökosozialen Forums ist, gesellten sich Walter Boltz,
 jahrelang in der Consulting Branche tätig und heute Vorstand der E-Control Austria, und Claudia Kemfert, prominente Professorin und Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Claudia Kemfert nutzte ihre Keynote, um an die Sinnhaftigkeit einer Wende hin zu erneuerbaren Energieträgern zu erinnern. Gleichzeitig stellte sie fest, dass bei der deutschen Energiewende einiges falsch laufe. Dabei gehe es garnicht um eine falsche technologische Ausrichtung oder mangelnde Koordinierung, vielmehr werde die Energiewende von bestimmten Akteuren gezielt diskreditiert. Die prominentesten unter denen, die im Sinne der Betreiber konventioneller Kraftwerke gegen die Erneuerbaren Energien Stimmung machen, seien konservative Politiker wie der deutsche Umweltminister Peter Altmeier selbst.

Für die Konzerne, die vor allem dank Atomkraft und fossiler Brennstoffe Milliardengewinne machen, sei es einfach, zu behaupten, die Energiewende führe zu Stromausfällen, und verursache Billionenkosten. Kemfert machte die Gegenrechnung auf und konnte dabei in hoher Geschwindigkeit mit beeindruckenden Zahlen um sich werfen. Am Ende stand fest: die Energiewende senkt dauerhaft die Energiekosten, und bisher war Energie keineswegs so billig, wie Kraftwerksbetreiber und bestimmte Politiker Glauben machen wollen. Interessant auch der belegte Hinweis darauf, dass die Energielobby schon seit Jahrzehnten vor Stromausfällen warnt, Erneuerbare Energie hin oder her.

Es folgte der Impulsvortrag Walter Boltz’. Der schickte seinen Ausführungen den süffisanten Hinweis vorweg, er finde es interessant, mit welch „selektivem Weltbild“ man in Deutschland Energiewirtschaft betrachte. Es wurde klar: was nun folgte, erhob den Anspruch auf eine ganzheitliche Sicht der Dinge. Es folgten schließlich eine Reihe von Hinweisen darauf, dass die mittelfristige Zukunft der Energieversorgung vor allem in der Förderung von Öl- und Schiefergas liege und dass die USA der wahre Vorreiter im Bereich erneuerbarer Energien seien.  Thesen, die man in dieser Form lange nicht gehört hatte. Boltz plädierte für ein größeres Vertrauen in den Freien Energiemarkt und erklärte, dass eine Energie-Autarkie, wie sie viele Befürworter erneuerbarer Energien und dezentraler Energieproduktion wünschen, utopisch sei. Energie sei ein Weltmarktprodukt wie jedes andere auch, und solange sich die Erneuerbaren nicht selbst gegen Kohle, Gas, Atomstrom etc. durchsetzen, gebe es eben keine Energiewende. Von Fördermitteln für alternative Energien hält Boltz nichts. Die in Kauf genommenen Folgekosten herkömmlicher Energiegewinnung – etwa durch Umweltschäden – scheinen für ihn keine verdeckte Subvention darzustellen. Was den Klimaschutz betrifft, machte Boltz keinerlei Hoffnungen: Man könne zwar im Sinne des Klimas die Stromgewinnung aus Kohle verbieten, aber das würde sich die Politik doch eh nicht trauen.

Das scheint jedoch auch in Boltz‘ Sinne. Er bezweifelt die Leistungsfähigkeit erneuerbarer Energien und warnt vor erheblichen technischen Problemen. Eine sichere Energieversorgung sei nur dann möglich, wenn weiterhin auf einen Energiemix gesetzt werde, bei dem auch fossile Brennstoffe eine Rolle spielen.

In der anschließenden Diskussion war es vor allem ÖVP-Landesrat Pernkopf, der vehement gegen Walter Boltz Positionen argumentierte, und dem Wettbewerbskontrolleur eine Nähe zu bestimmten Partikular-Interessen unterstellte. Besonders kritisierte er die Rolle der E-Control Austria, deren Vorstand  Boltz ist: „Die E-Control macht Energiepolitik, obwohl sie lediglich den Wettbewerb hüten soll. Ich würde mir das als verantwortlicher Politiker nicht gefallen lassen.“

Es wurde eine lebendige Diskussion geboten, die deutlich machte, wie umkämpft das Thema Energieversorgung noch immer ist. Klar wurde, dass die erneuerbaren Energien sich auf dem Energiemarkt durchsetzen werden, denn das, was sie so umkämpft macht, sind letztlich nur die Rückzugsgefechte etablierter Energiekonzerne. Dafür, dass der Energiemarkt überhaupt noch geöffnet ist, etwa für massiven CO2-Ausstoß und Umweltverschmutzung durch Fracking, setzen sich Lobbyisten wie Walter Boltz ein. Auf dem freien Energiemarkt spielen sie die letzten Karten aus, die sie noch haben.

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