Nachhaltig reisen: Ich packe meinen Koffer

Nachhaltig Reisen

Illustration: Katharina Hüttler/agentazur.com

Sich an Gütesiegeln zu orientieren ist auch bei der sorgfältigen Planung von Reisen ratsam. Doch welche der vielen Labels bieten wirklich sinnvolle Entscheidungshilfen?

Die Begriffe »Green Key«, »Travelife« oder »CSR Tourism« fallen eher selten, wenn es in einem Gespräch um die Glanzpunkte der letzten Urlaubsreise geht. Das mag daran liegen, dass Reise-Siegel öffentlich kaum wahrnehmbar sind und nicht zuletzt deshalb bei der Buchung keine entscheidende Rolle spielen. Dabei lohnt es sich zu erforschen, was sich hinter den meist in grün oder blau gehaltenen Siegeln verbirgt, denn sie können eine wertvolle Orientierung bei der Urlaubsplanung sein.

Einfach ist es nicht, denn weltweit existieren über hundert Siegel, die mehr oder weniger fundiert die Qualität von nachhaltigen Reisen bezeichnen. Sie prangen an Hotelportalen, schmücken die Wände von Reisebüros und Campingplätzen oder blitzen aus Veranstalterkatalogen hervor. Will man sie vergleichen, gerät man unwillkürlich in einen Strudel von Kriterien und Standards.

Unvergleichbare Vielfalt

Die meisten Gütesiegel beziehen sich immer noch auf die Umwelt betreffende Kriterien. Im Fahrwasser von nachhaltigen Nahrungsmittel- und Textil-Labels tauchen seit einigen Jahren aber auch immer mehr Zertifikate auf, die zusätzlich soziale, kulturelle und ökonomische Aspekte berücksichtigen. Das Gros der Siegel bewertet Unterkünfte, manche beurteilen das gesamte Spektrum der Nachhaltigkeit. Einige von ihnen gelten weltweit, viele beziehen sich vorwiegend auf Europa und manche wiederum existieren bloß in einem Land oder gar nur im Reiseunternehmen ihrer marketingorientierten Erfinder. Die Anzahl der zertifizierten Betriebe variiert je nach Label von zwei- bis vierstellig. Vergeben werden die Zertifikate von staatlichen oder zwischenstaatlichen Stellen, Tourismusverbänden, gemeinnützigen Organisationen, Reiseveranstaltern oder Verlagen, und das jährlich – oder auch nur alle drei oder fünf Jahre. Die Überprüfung erfolgt online, vom Schreibtisch aus, firmenintern oder durch unabhängige Prüfer vor Ort. Da sich sowohl die Rahmenbedingungen als auch die Herausforderungen von Destination zu Destination unterscheiden, sind die Bewertungssysteme kaum zu vergleichen.

Licht im Plaketten-Dschungel

Zum Glück bemühen sich einige Gremien und Initiativen mit großem Eifer darum, Licht ins Dickicht des Siegel-Wildwuchses zu bringen, Vereinheitlichung und Transparenz zu fördern und Irreführungen der Konsumenten im Sinne von »Greenwashing« zu verhindern. Broschüren wie der »Wegweiser durch den Labeldschungel« holen glaubwürdige Nachhaltigkeitslabels vor den Vorhang und bieten ein praktisches Werkzeug, wenn es darum geht, eine Urlaubsreise zu buchen, bei der Umwelt und Klima möglichst geschont werden und die Gastgeber in der bereisten Region fair am Tourismus teilhaben.

Vielversprechend ist das Engagement des Global Sustainable Tourism Council (GSTC), einem Rat aus internationalen Tourismusexperten, die unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen seit 2007 entsprechende Standards für ökologischen, ökonomischen und sozial gestalteten Tourismus entwickelt haben. Er verifiziert vorhandene Gütesiegel, die diese Mindestanforderungen erfüllen und begleitet Hotels und Destinationen, aber auch Reiseveranstalter und Reisebüros auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit.

Nachhaltig Reisen

Illustration: Katharina Hüttler/agentazur.com

Als brauchbare Indikatoren für die sorgfältige Planung einer Urlaubsreise dienen unter Umständen auch Preise wie der Tourism for Tomorrow Award, der Responsible Tourism Award oder entsprechende Auszeichnungen von Condé Nast, National Geographic oder Trip Advisor, die nachhaltige Tourismusunternehmen und Destinationen für ihre Bemühungen mit diversen »grünen« Trophäen bedenken.

Versiegelte Reisen

War beim letzten Urlaub das Hotel zu groß und das Zimmer zu klein? Machte das Personal einen erschöpften Eindruck? Fehlte der Kontakt zur lokalen Bevölkerung ebenso wie das Angebot an naturnahen Aktivitäten? Solchen Erfahrungen weicht man aus, indem man sich möglichst ausführlich über das Urlaubsziel informiert. Wer Zeit sparen will, wendet sich am besten an ein mit dem CSR-Siegel von Tour Cert ausgezeichnetes Reisebüro. Das wären zum Beispiel die Mitglieder des Forum Anders Reisen, zu denen auch das einzige mit dem CSR-Siegel gekürte österreichische Reisebüro – Odyssee Reisen – zählt. Sucht man in Österreich nach guter und umweltfreundlicher Qualität, wird man beim Österreichischen Umweltzeichen für Tourismus – übrigens dem weltweit ersten staatlichen Ökolabel im Tourismus – fündig. Unter den mehr als 250 Mitgliedern finden sich vorwiegend Unterkünfte und Restaurants, aber auch einige Reiseangebote. Hierbei tut sich der österreichische Veranstalter Mondial mit dem virtuellen Katalog »Fair Reisen in Österreich« hervor. Was das Umweltzeichen für Österreich ist, sind Viabono für Deutschland und das Label Ibex Fairstay für die Schweiz.

Soll die Reise in die Ferne gehen, kann man bei den internationalen Gütesiegeln Green Globe (mehr als 1.000 Mitglieder), Green Key (2.250 Mitglieder) oder Travelife (rund 900 Mitglieder) nachschlagen. Das luxuriöse Sani Resort im griechischen Chalkidiki zum Beispiel offeriert seinen Gästen als stolzer Träger des Green-Key- und Travelife-Labels nicht nur Strände, deren Sauberkeit seit Jahren mit der Blauen Flagge bestätigt werden, sondern auch naturschonende Aktivitäten wie Vogelexkursionen in ein 110 Hektar großes Feuchtbiotop sowie geführte Touren zur nahegelegenen Bio-Farm, wo man auch selbst Hand anlegen darf. Selbstverständlich ist das Umweltmanagement des Familienunternehmens hieb- und stichfest: von alternativen Energiequellen bis zum Recycling von Abwasser und Abfall. Bei Reisen nach Südafrika lenken die Schwester-Siegel Fair Trade Tourism und Fair Trade Holiday die Aufmerksamkeit auf Angebote, bei denen faire Löhne und Arbeitsbedingungen, gerechte Verteilung der Einkünfte und Respekt für die Menschenrechte, Kultur und Umwelt im Mittelpunkt stehen. Darunter finden sich Safari Lodges, Privatunterkünfte, Township-Besuche und andere interessante Aktivitäten zu Lande und zu Wasser. Beispielhaft sind die Touren von Andulela Experience in Kapstadt, die einen Blick hinter so manche Türen erlauben, die ansonsten verschlossen blieben. Neben Ausflügen in die verschiedenen Viertel kann man mit Andulela auch Kochkurse und Musiktouren buchen.

Information

»Wegweiser durch den Labeldschungel« (Herausgeber: Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung, Ecotrans e.V., Brot für die Welt/Tourism-Watch und Naturfreunde Internationale). Kostenloser Download unter www.nfi.at

Kinderschutz und Menschenrechte: Vor Buchung einer Urlaubsreise ist auch die Frage gerechtfertigt, was der Anbieter zum Schutz von Kindern oder zur Gewährleistung der Menschenrechte tut. Entsprechende Informationen finden sich auf www.thecode.org (Tourismuskinderschutz-Kodex) bzw. www.menschenrechte-im-tourismus.net

 

 

 

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