Ja, ich will

Es war ein wunderbares Fest. Die Hochzeitsgäste waren aus dem In- und Ausland angereist, der Blumenschmuck in der Kirche war festlich, das strahlendweiße Kleid der Braut bezaubernd, und die Küche spielte alle Stückerl: weißer Spargel, Viktoriabarsch, Mango-Panna-Cotta.
Am Tag darauf bestiegen die Gäste wieder Autos und Flugzeuge für die Heimreise, der Blumenschmuck lag längst verrottend im Müll, und die Braut hängte ihr Kleid zurück in den Schrank, aus dem sie es die nächsten Jahrzehnte nicht herausholen wird. Die Chancen stehen gut, dass sie ohnehin nie wieder hineinpasst.

Heiraten ist eine super Sache. Doch die Organisation einer durchschnittlichen Hochzeit fordert alle Ressourcen: Zeit, Geld, Material. Kaum etwas davon überlebt den Hochzeitstag. Das beginnt mit den Einladungen, die – das gehört sich so – aufwendig gedruckt werden. Nicht immer mit umweltverträglichen Druckfarben. In den USA und in Großbritannien werden die Karten sogar in zwei Kuverts verschickt, das äußere für den schnöden Poststempel, das innere für die Schönheit. Landet alles im Müll. Brautkleid und Schleier sind oft aus mehreren Metern stark gebleichter Kunstfaser hergestellt. Und in vielen Hochzeitsmenüs mussten die Zutaten eine weitere Anreise auf sich nehmen als die Hochzeitsgäste. Wenngleich die Gäste rasant aufholen. Schließlich lernen immer mehr Paare einander – hunderte Kilometer voneinander entfernt – übers Internet kennen. Da kommt schon einiges in Bewegung, wenn man alle dabei haben will. Im Vergleich zu durchschnittlichen amerikanischen Großinszenierungen sind hiesige Hochzeiten zwar immer noch Amateurtheateraufführungen auf Provinz-Kellerbühnen. Doch das heißt nicht, dass es nicht auch bei uns ein bisschen grüner geht. Der angenehme Nebeneffekt: Meistens wird es dadurch auch individueller, kreativer, origineller. Ein herkömmliches Brautkleid mit viel Tüll und Trara verbringt den Rest seines Daseins meistens zu Recht versteckt im Schrank. Eine abgerüstete Variante darf sich hingegen noch ein paar Jahre auf Partys amortisieren. Sie muss ja nicht gleich aus Jute sein.

Die Produktion großer Gefühle

Die Spitzengastronomie ist längst auf dem Locavore-Trip. Da wird auf den Speisekarten nicht mehr mit dem exotischen Fisch vom anderen Ende der Welt angegeben, sondern mit dem kleinen feinen Fleischhauer, dem Gemüsebauern und dem Hühnerzüchter von nebenan, von denen man seine Produkte bezieht. Das bleibt in Erinnerung, nicht der Viktoriabarsch oder der Spargel, dessen Saison schon längst vorbei war. Querulanten werden jetzt natürlich sagen: Die grünste Hochzeit ist immer noch gar keine Hochzeit. Oder etwas wie: »Wir brauchen kein Stück Papier, das unsere Liebe beweist.« Dieser Spruch ist mittlerweile so langweilig wie ein weißes Brautkleid. Feiern diese Menschen auch nie ihren Geburtstag, weil die Augenfalten ohnehin Beweis genug dafür sind, dass sie älter werden?

Seien wir ehrlich: Wir leben nicht gerade im romantischsten aller Zeitalter. Irgendwer hat vor ein paar Jahren beschlossen, dass es altmodisch ist, sich gegenseitig allzu ausufernde Liebeserklärungen zu machen. Seither ist die Produktion großer Gefühle Aufgabe von Adelshochzeiten und Rosamunde Pilcher. Das mag jetzt kitschig klingen, aber es gibt kaum ergreifendere Momente, als wenn zwei Menschen einander öffentlich versprechen, dass sie bis ans Ende ihres Lebens zusammenbleiben wollen. Selbst so coole Typen wie Kate Moss und Jamie Hince haben geheiratet, und das sicher nicht, weil sie den Rest des Jahres zu wenig zum Feiern kommen.

Nicht zuletzt gibt es kaum eine nachhaltigere Lebensweise: Lebensraum, Kühlschrank und Waschmaschine zu teilen, reduziert den ökologischen Fußabdruck gewaltig. Wer auch noch gemeinsam badet und sich im Schlafzimmer anders warm hält als mit der Heizung, entspannt nicht nur sein ökologisches Gewissen. Zugegeben, dafür müsste man nicht unbedingt heiraten. Es fühlt sich aber besser an. Glauben Sie mir.

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