Musik und Muskelkraft

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Die Fahrradbühne von Morgenwelt Rocks war schon auf einigen europäischen Festivals zu sehen und selbst auszuprobieren. BIORAMA Sound Sustain sprach mit Björn Hansen, einem der Betreiber dieser innovativen Stromerzeugungs-Idee am Musikfestival-Sektor.

BIORAMA: Wie und wann wurde die Idee geboren bei Veranstaltungen Energie selbst mit Muskelkraft zu erzeugen? Gab es Inspiriationen von anderen Projekten, z.B. von Magnificent Revolution aus London?

Björn Hansen: Die Idee ist 2010 entstanden. Wir hatten gerade Morgenwelt gegründet und wollten auf unserer ersten eigenen Veranstaltung, der Morgenwelt Nachhaltica, einem Volksfest unter den Schlagworten Umwelt, Genuss und Innovation, das Bühnenprogramm auf besondere Art und Weise mit Energie versorgen. Leider hatten wir über 40 Grad im Schatten, so dass die Teilnehmer immer nur maximal einen Song eines Künstlers schafften und danach völlig entkräftet vom Fahrrad fielen. Aber damit war der Beweis erbracht, dass das klappen kann und dass da eine Dynamik entsteht, die Spaß macht. Eine explizite Inspiration dazu hatten wir nicht. Da ist vieles bei uns in der Gruppe als fixe Idee entstanden und wir hatten die Freiheiten Dinge auszuprobieren.

Wann und wo fand das erste Morgenwelt Rocks statt? Wie hast du es erlebt?

Die erste Durchführung hat wie gesagt auf der Nachhaltica stattgefunden. Unsere Bühne stand aber in der ungeschützten Sommerhitze (im Juli 2010 war es sehr, sehr heiß…). Es war einfach nur anstrengend. Aber wir haben uns dann unmittelbar nach der Veranstaltung auf die Suche nach Anlässen gemacht, bei denen wir das Projekt weiter verfeinern und professionalisieren konnten. Kurz zuvor hatte es einen Artikel im Rolling Stone über die Arbeit der Green Music Initiative gegeben. Die haben wir dann angesprochen und mit denen, Reset und der Bar 25 in Berlin eine sehr ekstatische Fahrraddisko gefeiert. Seit dem steigert sich das Projekt Jahr für Jahr.

Ihr bietet euren Erfahrungsschatz auch anderen Veranstaltern an, was spricht für eure interaktive Stromerzeugung?

Mit Morgenwelt Rocks hat man die Möglichkeit, Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz auf spielerische Art und Weise in den Mittelpunkt zu rücken ohne einen erhobenen Zeigefinger einsetzen zu müssen. Es steht ganz klar der Unterhaltungsanspruch und die Interaktion im Vordergrund. Und trotzdem denke ich, dass die Teilnehmer ins Nachdenken kommen, wenn sie einmal im wahrsten Wortsinne „erfahren“ haben, wie anstrengend es ist, eine Kilowattstunde Strom zu erzeugen. Die machen danach im Flur das Licht aus, wenn sie im Wohnzimmer sitzen. Dies ist die Mission und ich denke, das setzen wir gut in Szene.

Jenseits vom Musikkontext machen wir auch Veranstaltungen, bei denen alltägliche Verbrauchsgeräte der Reihe nach an die Fahrräder angeschlossen werden. Dann erzeugen die Teilnehmer den Strom und merken über den Trittwiderstand beispielswiese, dass in einer Tasse Tee mehr Energie steckt, als man für eine Stunde laut Musik hören benötigt. Da werden Verhältnismäßigkeiten klar, über die man sich zuvor keinerlei Gedanken gemacht hat!

Wie hat die technische Umsetzung der Fahrrad-Generatoren funktioniert?

Wir haben mittlerweile die dritte Generation Technik und Fahrräder in Betrieb. Das Grundprinzip ist zwar einfach, aber in der Umsetzung mit den Anforderungen, die beispielsweise ein hektisches und euphorisches Festivalwochenende an die Technik stellt, muss man schon besonders widerstandsfähiges und erprobtes Equipment haben. Wir haben Umspanntechnik aus Deutschland, Steuerungstechnik aus den USA und Generatoren aus China im Setting. Das ganze wird in Deutschland von uns selbst zusammen gebaut und ständig optimiert.

Darf jede Zuseherin und jeder Zuseher tatkräftig mitmachen? Wie funktioniert die Dynamik, ist das Publikum sofort gebannt und versteht das System?

Je mehr Energie auf der Bühne benötigt wird, desto höher ist der Trittwiderstand auf den Fahrrädern. Setzt beispielsweise der Bass ein, spürt dies der Teilnehmer unmittelbar in den Waden. Wird dann der Energiehunger der Bühne zu groß, stoppt die Stromzufuhr und die Performance ist unterbrochen.

Es gibt also drei Ebenen: erstens kommunizieren wir Elektrizität/Ressourceneffizienz und damit Nachhaltigkeit, zweitens bieten wir die Interaktion zwischen Publikum und Künstlern und drittens bieten wir quasi Basisdemokratie in der Kulturszene, denn wenn die Künstler nicht überzeugen, bekommen sie keinen Strom…

Ich kann sagen, dass die Teilnehmer meistens Schlange stehen um auf die Fahrräder zu dürfen! Und grundsätzlich kommt es mehrfach am Tag vor, dass eine Gruppe Fahrradfahrer das Projekt in Frage stellt und uns nicht glaubt, dass sie tatsächlich gerade das Bühnenprogramm durch ihr strampeln erst ermöglichen. Dann verabreden sich alle gemeinsam zum Aufhören. Es gibt dann einen kleinen Moment, in dem die Energie aus einem kleinen Zwischenspeicher die Bühne noch versorgt. Zwischen Stillstand und Stille, liegen also immer (je nach Energiebedarf) ein paar Sekunden. Das sorgt im ersten Moment für die Reaktion „Wusste ich´s doch, alles nur vorgegaukelt“ aber wenn dann tatsächlich Ruhe im Saal ist und die Musik auch erst nach dem ebenfalls nötigen kurzen Aufladen des Zwischenspeichers wieder einsetzt, ist der Beweis erbracht und die Motivation des Publikums um so höher!

Besonders ist ausserdem, dass in dem Moment, in dem die Performance auf der Bühne unterbrochen ist, der Fokus des gesamten Publikums von den Künstlern auf der Bühne zu den Teilnehmern auf den Fahrrädern wechselt. Das ist für diese natürlich ein total erhebendes Gefühl, im Mittelpunkt zu stehen und von einem Publikum angefeuert zu werden. Der Adrenalinschub lässt dann nicht lange auf sich warten. Also wird wieder mehr gestrampelt und auf der Bühne ist wieder Energie vorhanden.

Wo gibt es euch als nächstes zu sehen und wie kann man euch buchen?

Terminlich gibt es sehr, sehr viele Optionen für den Festivalsommer in diesem Jahr, aber bis dato noch keine Dates, die wir schon veröffentlichen dürfen. Um auf dem Laufenden zu bleiben empfehle ich unsere Internetpräsenzen.

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Und buchen kann man die Fahrradbühne unter rocks@morgenwelt.de

www.morgenweltrocks.de

 

 

 

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